Im Wirbel der Gefuehle
berichtet?«, antwortete ihr Vater.
»Ja schon, aber würde es nicht mehr Sinn machen, wenn es umgekehrt gewesen wäre. Bist du dir sicher, dass du es nicht warst, der diesen Vorschlag Monsieur Lenoir unterbreitet hat? «
»Aber warum hätte ich das tun sollen?«
»Warum nicht?«, entgegnete sie ihm mit vollem Ernst. »So eine Verbindung befreit dich schließlich von deinen Spielschulden, macht es unnötig, Vorkehrungen zu treffen, Maman in einem anderen Haushalt unterzubringen und versorgt gleichzeitig eine Tochter, von der du glaubst, dass sie sich einen anderen Ehemann nehmen sollte, anstatt dem verstorbenen weiter nachzutrauern. So weit ich das sehe, hat sich für dich das alles sehr gut gefügt in dieser Konstellation.« Was sie unerwähnt ließ, aber für sich dachte, war, dass falls es wirklich von ihrem Vater ausging, Christien in der ihm zugedachten Rolle genauso gefangen war wie sie selbst.
»So ist es aber nicht gewesen«, versuchte ihr Vater, sie zu überzeugen, und schüttelte schwerfällig sein graues Haupt. »Lenoir schien es von Anfang an auf dich abgesehen zu haben und versuchte alles, meine Erlaubnis zu erlangen, sich an dich wenden zu dürfen. Er hat seine Argumente sehr wohlgeordnet und überlegt vorgetragen, dazu hatte er ja genug Zeit gehabt.«
»Wie kommst du darauf?«, fragte sie so beiläufig wie möglich, während sie versuchte, sich auf einige Stiche zu konzentrieren.
»Er kam diesbezüglich sofort zum Punkt, und schließlich ist dieses Arrangement nur ein Teil des ganzen Abkommens«, antwortete ihr Vater mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Die Sache ist die, ich wusste nicht, wie sehr du dich dagegen sträuben würdest, und wenn du gar nicht damit zurechtkommst, dann machen wir alles rückgängig.«
»Du willst alles absagen?« Sie ließ ihre Hände in den Schoß fallen, die Nadel noch immer festhaltend. »Geht das denn?«
»Nichts leichter als das. Ich muss nur Lenoir Bescheid geben, dass diese Abmachung nicht zur Spielschuld gehört. Er ist ein verständnisvoller Mensch. Ich bin sicher, er wird sich, ohne viel Aufheben zu machen, zurückziehen. Obwohl er eher abgeneigt schien, als ich ihm vor zwei Tagen anbot, die Angelegenheit auf andere Weise zu regeln.«
»Das hast du getan!«
Er blickte sie sanft tadelnd an. »Ich bin ja schließlich kein Ungeheuer, cherie .«
»Nein«, sagte sie schmunzelnd, »Du bist der beste Vater der Welt, aber was wird aus River’s Edge?«
»Ich muss gestehen, dass ich an dem Anwesen eigentlich nicht wirklich hänge, sondern es damals nur übernommen habe, weil deine Mutter sich hier zu Hause fühlte. Vielleicht wäre es auch für dich nicht schlecht, woanders ganz neu anzufangen und all die schlechten Erinnerungen hier zurückzulassen.«
»Du meinst, wir könnten irgendwohin gehen, wo uns die Leute nicht kennen.« Sie musste zugeben, dass die Idee durchaus verführerisch war.
»Vielleicht nach Natchez. Ich habe gehört, die Stadt ist gerade in Mode, außerdem habe ich Freunde dort. Oder auch nach Havanna, in eine tropische Hafenstadt mit vielen Möglichkeiten. Vielleicht wäre Paris ebenfalls eine Idee. Was meinst du, Paris?«
Reine musste bei der Begeisterung, die ihr Vater an den Tag legte, schmunzeln, er war schon immer ein Mann der großen Pläne gewesen. Doch schließlich schüttelte sie versonnen den Kopf und nahm ihr Nähzeug wieder auf, versuchte, sich mit mäßigem Erfolg auf die einzelnen Stiche zu konzentrieren. »Maman würde das nicht gefallen, du weißt, sie möchte nicht weg von hier.«
»Nein, wahrscheinlich wäre sie dagegen«, seufzte ihr Vater und versuchte, sich aufrecht zu halten.
»Sie würde nicht alles einfach hinter sich lassen wollen und in der fremden, neuen Umgebung wahnsinnig werden. Es ist auch nicht so, dass ich wirklich etwas gegen Christien ... Monsieur Lenoir hätte. Er hat sich bisher in jeder Hinsicht vorbildlich verhalten.«
»Paul scheint äußerst angetan von ihm.«
»Natürlich, jeder, der gut fechten kann, würde das«, bemerkte sie trocken. »Nichtsdestoweniger hat Christien sich auf ihn eingelassen, das hätte er nicht tun müssen.« Damit ließ Reine unausgesprochen, dass Theodore nichts an Paul gelegen war. Sein Schwager war ihm vielmehr lästig. Theodore empfand Paul immer als Rivalen und war eifersüchtig, sobald Reine ihrem Bruder gegenüber Zuneigung zeigte. Sie lagen in ununterbrochenem Wettstreit miteinander, was nicht selten auch mit Fäusten ausgetragen wurde.
»Dann hast du dich also
Weitere Kostenlose Bücher