Im Wirbel der Gefuehle
Scheunentor und war schnell außer Sichtweite.
»Was zum Teufel wollen Sie von mir?«
Die Frage war in einem selbstsicheren Ton gestellt und ließ einen amerikanischen Akzent heraushören. Der Mann, der sich gegen ihn empörte, war dick und untersetzt, hatte dünnes, graublondes Haar und blasse Augen. Sein Benehmen war nicht im Mindesten von Respekt gekennzeichnet, vielmehr schien er sich als der unrechtmäßig Angegriffene zu fühlen. Christien musterte ihn von oben bis unten und war wenig beeindruckt von dem, was er sah.
»Sie müssen der Aufseher sein«, konstatierte er grimmig. »Kingsley, wenn ich mich recht erinnere.« Er schwang sich von seinem Pferd und machte die Zügel an einem der Pfosten fest, indem er sie mit einer schnellen, geschickten Drehung herumschlang.
»Was geht Sie das an?«
»Wenn Sie genau nachdenken, fällt es Ihnen vielleicht wieder ein.«
Der Mann lachte laut auf, jedoch ohne einen Anflug von Humor in seinem Gebaren. »Oh ja, der Herr, der das Anwesen vom alten Cassard beim Kartenspiel gewonnen hat. Derjenige, der Madame Pingre heiraten wird.«
Christiens Stimme, die eigentlich nie besonders laut war, wurde noch sanfter und leiser. Seine Freunde hätten dem Aufseher sagen können, dass dies kein gutes Zeichen war.
»Wir lassen Madame Pingre mal außen vor. Sie müssen nur verstehen, dass ich jetzt der Eigentümer von River’s Edge bin. Was auch immer bisher hier geduldet wurde, was den Umgang mit dem weiblichen Geschlecht angeht, gilt ab jetzt nicht mehr. Sie werden die Frauen in jedem Fall in Ruhe lassen. Haben Sie das verstanden?«
»Ach, beachten Sie das junge Ding gar nicht, sie wollte es, egal wie sie dabei herumgeschrien hat.«
»Das machte aber nicht den Eindruck.« Christien war hoch konzentriert und beäugte bereits seinen Gegner, um ihn einschätzen zu können, falls es zu einem Kampf käme. Er ließ seinen Blick über dessen, mit Schwielen bedeckte Hände schweifen. Das konnte sowohl von jahrelangem Üben mit dem Degen herrühren als auch von harter Arbeit mit einer Hacke oder anderen Gerätschaften. Allerdings schien beides nicht sehr wahrscheinlich.
»Ich sagen Ihnen ...«
»Nein«, schnitt Christien ihm das Wort ab. »Hören Sie gut zu, denn noch einmal werde ich das nicht wiederholen. Lassen Sie die Frauen auf River’s Edge in Ruhe.«
»Oder was? Was wollen Sie tun, häh? Mich feuern? Reden Sie erst einmal mit ihrer Braut, lassen Sie sich von ihr über den Stand der Dinge aufklären.«
Den Aufseher in Sicherheit wiegend, näherte sich Christien ihm nur langsam, doch dann fand dieser sich, eben noch höhnisch grinsend, von einem Moment auf den anderen niedergestreckt am Boden liegend. Kingsley starrte ihn entgeistert an. Den Schock noch in den Gliedern, sprühten seine Augen vor Wut, als er sich über die Nase wischte und Blut über seine Finger rinnen sah.
»So«, klärte Christien ihn auf, »ist der Stand der Dinge hier.«
Hinter ihm war ein unterdrückter Laut zu hören, der sowohl ein leiser Widerspruch als auch ein Lachen hätte sein können. Er warf einen kurzen Blick in Richtung Scheunentor und sah Paul Cassard am Eingang stehen, wie er nervös von einem Bein auf das andere trat, nicht ganz sicher, ob er nun weglaufen oder einen Freudentanz aufführen sollte.
Kingsley bedachte beide mit einem grimmigen Blick, doch entschied sich dann, Christien zu fixieren. »Das werden Sie noch bereuen«, drohte er ihm unverhohlen.
»So, werde ich also? Packen Sie Ihre Sachen und verschwinden Sie von dem Anwesen. Bis es dunkel wird, sind Sie hier weg.«
»Monsieur«, warf Paul ein und kam ein paar Schritte näher, »Christien?«
»Der Junge weiß es. Er wird es Ihnen sagen.«
»Egal was er zu sagen hat, das macht jetzt keinen Unterschied mehr. Sie sind auf River's Edge nicht mehr willkommen.« Eines der Eier aus dem Korb der Küchenhilfe war zerdrückt worden und ließ einen fauligen Geruch entstehen, der alles andere überdeckte. Aber das war nicht das Einzige, was in diesem Stall stank, dachte Christien.
»Sie wissen ja gar nicht, was Sie da tun«, beharrte der Aufseher.
»Das ist ihr Problem. Ich bin mir dessen wohl bewusst.« Einem Mann, der glaubte, das Recht zu haben, sich gegenüber Frauen aufzuführen, wie er wollte, konnte es nicht erlaubt sein, sich in der Nähe von Reine und Marguerite aufzuhalten. Das durfte einfach nicht sein, egal was dies nach sich ziehen mochte.
»Sie informieren sich besser mal bei Madame Pingre. Ich weiß nämlich ein oder
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