ein Reptil. Seine Augen - wenn man sie überhaupt so nennen konnte - waren feuerrote Schlitze. Die schwarze Zunge zuckte hin und her, wenn er sprach.
Doch noch viel schlimmer als sein groteskes Aussehen war die Kälte und das durch und durch Böse, das er ausstrahlte und das Jessi sogar auf die Entfernung das Gefühl gegeben hatte zu ersticken. Und sie hatte jedes Wort, das aus seinem Mund gekommen war, gehört.
Sie hatte versucht, im Schloss zu bleiben, wie es Cian angeordnet hatte. Doch als sie sich so dicht gegenüberstanden, als sie beobachtete, wie ihr Mann sich diesem abartigen ... Ding da draußen auf dem Rasen stellte, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und stürmte hinaus.
All ihre Instinkte forderten, dass sie etwas unternehmen sollte - irgendetwas -, um Cian zu helfen, obschon ihr bewusst war, dass es nichts gab, was sie tun könnte. Gegen ein Ungeheuer wie Trevayne konnte sie nichts ausrichten. In diesem Augenblick verstand sie Cians Entschlossenheit. Nicht nur erschreckend Böses ging von dem alten Zauberer aus, sondern auch erschreckende Macht. Nicht so große wie von Cian, aber jetzt, da Jessi ihn mit eigenen Augen gesehen hatte, musste sie auch davon ausgehen, dass Trevayne nicht mehr aufzuhalten wäre, wenn er das Dunkle Buch in die Hände bekam.
Ich glaube, ich würde mich mit allem einverstanden erklären, wenn ich dem Spiegel das Gold um Mitternacht an Samhain übergeben könnte, hatte der Hexenmeister gesagt.
Jessi war nicht dumm.
Sie wusste, dass er ihr damit einen Köder zugeworfen hatte.
Das Problem war, dass er das Richtige am Haken hatte: Cians Leben.
Sie vergrub das Gesicht in den Händen und massierte ihre Schläfen. In dem Moment, in dem er das ausgesprochen hatte, fing sie sofort an zu überlegen, wie sie Verbindung mit ihm aufnehmen könnte, wenn sie wollte.
Die Antwort lag auf der Hand: E-Mail. Natürlich.
[email protected] . Sie hatte die ganze Zeit die Möglichkeit gehabt, mit ihm in Kontakt zu treten.
Nach einer Weile hob sie den Kopf und schaute erneut auf den Monitor.
Der Akku ihres Laptops war leer, und sie hatte keinen Adapter dabei, deshalb hatte sie gewartet, bis sie sicher sein konnte, dass alle im Schloss schliefen, bevor sie ihr Lager auf dem Treppenabsatz verlassen hatte. Sie hatte sich in die Bibliothek geschlichen und einen der drei Computer eingeschaltet.
Mittlerweile hatte sie mehr als hundert E-Mails erhalten.
Zweiundvierzig von Lucan Trevayne. Er hatte seit der Nacht im Hotel in regelmäßigen Abständen versucht, sie zu erreichen. Die ersten Mails hatten keinen Bezug. Die neueren waren mit höhnischen Bemerkungen überschrieben. Liebst du ihn, Jessica? Bist du bereit zuzusehen, wie dein Highlander stirbt? Du kannst ihn rette n. Würde er dich sterben lassen? Würde er dein Leben hergeben ? Gewinne Zeit, Jessica, lebe, um einen weiteren Tag zu kämpfen.
Eine kindische Masche. Und verdammt effektiv.
Sie brauchte nur eine E-Mail zu öffnen, um mit ihm zu kommunizieren. Sie war überzeugt, dass Lucan in seinem Haus in London - oder vielleicht nur ein paar Meilen vom Schloss entfernt - hockte und einen Computer immer im Auge behielt und auf diesen Moment wartete.
Auf ein schlichtes »Ja« von ihr - »ja, ich will Cians Leben retten«.
Doch um welchen Preis?
Ihr wurde übel.
Du kannst ihn sehen, wie er wirkli ch ist, habe ich Recht, Mädchen ?, hatte Cian gefragt, als er sie ins Schloss gedrängt hatte.
Sie nickte, den Tränen nahe, denn sie wusste, worauf Cian hinaus wollte.
Ich bin der Einzige, der ihn aufhalten kann, Jessica.
Ja, genau das hatte sie erwartet.
Ich bin das einzige Hindernis zwischen diesem Ungeheuer und der unbegrenzten Macht.
Ich brauche keinen Crash-Kurs in Ethik, Cian, hatte sie giftig zurückgegeben und augenblicklich den Tonfall und die Worte bedauert.
Ihnen blieb nur noch so wenig Zeit. Und sie hatte sich geschworen, nicht einen einzigen Augenblick davon zu verderben, indem sie ihn ihren Zorn, ihre Hilflosigkeit und die Trauer spüren ließ. All das Hässliche wollte sie sich für später aufheben, wenn sie alles verloren hatte, was ihr etwas bedeutete.
Bis dahin wollte sie ihrem starken, entschlossenen, edlen Highlander das einzige Geschenk machen, das sie zu vergeben hatte: wunderschöne Tage und wunderschöne Nächte.
Ein kleines, vollkommenes Leben in ein paar Tagen.
Tut mir leid, hatte sie traurig geflüstert.
Nein, Mädchen. Mir tut es leid, hatte er entgegnet und sie in seine Arme gezogen. Ich hätte dir