Im Zauber des Highlanders
Sonne langsam dem Horizont entgegenneigte, um die dunklen Gipfel der Berge zu berühren. Sie in seinem Tartan zu sehen bewirkte etwas in ihm. Obwohl der Tartan weder das Karo noch die Farben der MacKeltar hatte, sondern nur ein Stück schottischen Tuchs war, das er vor Jahrhunderten aus Heimweh gestohlen hatte, betrachtete er das Plaid als seins. Und jetzt war es, als würde es zu ihr gehören. Rot und Schwarz standen ihr gut. Sie war eine lebhafte Frau und von der Schöpfung wunderbar ausgestattet: jadegrüne Augen, rabenschwarzes Haar, rosige Lippen und goldschimmernde Haut.
Sie plauderten schon eine ganze Weile. Zum ersten Mal, seit das Schicksal sie zusammengeführt hatte, genossen sie eine Zeit, in der nicht jeden Moment eine Katastrophe über sie hereinbrechen könnte. Cian konnte nicht mehr für ihre Sicherheit tun, solange er gefangen war, also nutzte er die Gelegenheit, um mehr über Jessica St. James zu erfahren.
Wo war sie aufgewachsen? Hatte sie einen Clan? Wie viele Menschen gehörten dazu, wo lebten sie, wer waren sie? Was lernte sie an der Universität? Wovon träumte sie? Was wollte sie später machen?
»Ich lerne, im Dreck zu graben«, antwortete sie mit einem schelmischen Lächeln, »und genau das möchte ich später machen.« Nachdem sie ihm erklärt hatte, was damit wirklich gemeint war, begriff er, dass auch das ein Punkt war, der sie für ihn so anziehend machte. Sie war wissbegierig wie ein Druide. Er konnte sich vorstellen, wie sie in der Erde nach Schätzen aus der Vergangenheit buddelte und sich freute, wenn sie auf eine Tonscherbe oder Teile einer Rüstung oder alter Waffen stieß. O Himmel, wie gern wäre er an ihrer Seite, wenn sie ihre Arbeit verrichtete! Um ihr Geschichten über die Dinge zu erzählen, die sie fand, und sich später zu ihr zu legen und ihr ein wahres, lebendiges Artefakt zu zeigen.
Er fragte sie, was sie sich wünschen würde, wenn sie alles haben könnte.
Sie antwortete, ohne zu zögern: »Einen besten Freund.« Und fügte hastig hinzu: »Einen richtigen, ernsthaften Freund; einen, mit dem ich gleich am Morgen nach dem Aufwachen und noch spät abends bis zum Einschlafen reden möchte.«
Er lächelte. Du meinst einen Seelengefährten, dachte er, sprach es aber nicht aus. Sie meinte einen Mann, einen Geliebten für das ganze Leben. Er erkannte es in ihren Augen.
Sie erzählte ihm, wie sie beschlossen hatte, Archäologin zu werden; dass sie als Kind ein Buch gelesen hatte, das sie dazu inspiriert hatte. Er hörte aufmerksam zu und beobachtete sie eindringlich. Seit Ewigkeiten hatte er davon geträumt, so mit ihr zusammenzusitzen. Er wollte jede Einzelheit aus ihrem Leben wissen.
»In meinem zweiten College-Jahr begriff ich, dass die Realität ganz anders war als in Anne Rices Buch Die Mumie. Dass eine Archäologin kein glanzvolles Leben mit interessanten Reisen und großen Entdeckungen führt, sondern dass viel harte Arbeit und Papierkram dazugehören. Die meisten Archäologen kommen nie dazu, in der Erde zu graben. Aber da war es bereits zu spät«, sagte sie mit einem verlegenen Lächeln. »Ich hatte mich schon aus vollkommen unterschiedlichen Gründen in diesen Beruf verliebt. Ich wurde regelrecht süchtig nach historischem Wissen. Das Geheimnis unserer Ursprünge hat mich gefesselt, und ich möchte meinen Teil dazu betragen, dass Stück für Stück zusammengesetzt werden kann, bis wir ein ganzes Bild haben.«
Sie sprach von den Mysterien der Druiden, die sie immer schon fasziniert hätten. Das Leben war voll von bruchstückhaften Wahrheiten und Wissen, und ein weiser Mann oder eine weise Frau trachtete danach, alles zu sammeln.
Ein törichter Mann sammelte andere Dinge. Zum Beispiel die Unseelie-Heiligtümer.
Und bezahlte teuer dafür. Oh, und wie teuer!
»Meine Mutter ist überhaupt nicht mit meiner Berufswahl einverstanden«, vertraute Jessi ihm an. »Sie kann nicht verstehen, warum ich nicht heirate und ein Kind nach dem anderen bekomme. Ihr ist unbegreiflich, warum ich meine Zeit lieber mit Artefakten verbringe, statt mir einen Ehemann zu suchen.«
Sein Herz krampfte sich zusammen. Einen Ehemann suchen. Er hasste diese Worte. Sie widerstrebten ihm bis in die letzte Faser seines Körpers. »Warum hast du keinen Mann?«, fragte er mit gepresster Stimme.
Sie wurde ernst und schwieg eine ganze Weile. Dann breitete sich wieder ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, ein sanftes, bittersüßes Lächeln. »Ich denke, dass ich in der falschen Zeit geboren bin,
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