Im Zauber des Mondes
Schmerzes den Kopf und musterte die andere Frau. Da war kein Mitleid für sie in diesen kalten, schwarzen Augen.
Caitlyn biß sich auf die Unterlippe, bis sie Blut schmeckte. Nackt und gefesselt, voller Schmerzen und gedemütigt, war sie dennoch stärker als je zuvor. Er konnte ihr nichts mehr anhaben. Der Haß in ihr war wie ein lebender, atmender Verbündeter. Bald, sehr bald, würde sie Rache nehmen . . .
Wie Caitlyn vermutet hatte, waren Minna und Fromer weit bessere Gefängniswärter als Dienstboten. Während der nächsten zwei Tage blieb sie ans Bett gefesselt, abgesehen von gewissen notwendigen Unterbrechungen. Dann wurde sie von Minna begleitet, Fromer immer in Rufweite. Ihre ehemaligen Dienstboten fanden einiges Vergnügen darin, sie über die Aufregung auf dem laufenden zu halten, die die Ergreifung des irischen Banditen verursacht hatte. Wie sie Caitlyn freudig versicherten, war dieses Ereignis das Gesprächsthema in London. Die Verhandlung würde in Dublin stattfinden, da das günstiger für die Zeugen gelegen war. Über das Ergebnis bestand wenig Zweifel. Wetten wurden abgeschlossen, wie bald nach der Urteilsverkündung der schwarze Rebell hängen würde, und Fromer hatte zehn Pfund gesetzt, daß er schon am nächsten Tag baumeln würde.
Am dritten Tag nach Connors Verhaftung kam Sir Edward zu ihr. Es war schon spät in der Nacht, wie immer, wenn er bei ihr auftauchte. Minna hatte sie losgebunden, so daß sie noch einmal auf die Toilette konnte, ehe sie schlafen ging. Sir Edward entließ Minna, die seither in ihrem Zimmer geschlafen hatte, da sie laut Anordnung nicht einen Moment alleingelassen werden durfte. Offensichtlich befürchtete er, sie könnte irgendwie entkommen. Dabei dachte sie weniger an Flucht als an Rache.
Er betrachtete sie gierig, und seine Augen verweilten auf ihrem Körper, den das durchscheinende Nachthemd kaum verbarg.
»Ich habe dein schönes Gesicht gezeichnet, wie ich sehe. Es heilt gut. Ich habe schon oft bewundert, wie schnell deine Haut heilt. Ich hoffe, das trifft auch auf dein Herz zu, denn ich habe heute erfahren, daß dein irischer Geliebter innerhalb eines Monats hängen wird.«
Caitlyn sagte nichts, die Nachricht traf sie wie ein Schlag. Aber das würde sie ihm nicht zeigen. Haß brannte in ihren Augen; er sah es und betrachtete sie einen Moment mit gerunzelter Stirn, dann kicherte er.
»Oh, ich glaube, du hast diesen irischen Abschaum wirklich geliebt. Nun, streiche ihn besser aus deinem Gedächtnis, meine Liebe, denn er ist so gut wie tot.«
»Ich würde ihn an Eurer Stelle nicht so schnell abschreiben.«
Sir Edward kicherte, zog den Mantel aus und legte ihn sorgsam auf den Stuhl neben dem Bett. »Hast du dich mit deinem Schicksal abgefunden, oder muß ich dich weiterhin von Minna und Fromer bewachen lassen? Auch wenn d'Arcy sterben wird, so kannst du doch immer noch seine Brüder und dich retten, meine Liebe. Aber du mußt ganz vernünftig sein.«
»Ich bin vernünftig.«
Er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie erwiderte seinen Blick ruhig. »Ob Ihr es glaubt oder nicht, ich bin nicht dumm. Ich schätze mein Leben, sogar das von Connors Brüdern. Ich werde nichts tun, was sie gefährden würde.«
»Ah, ich glaube, du bist wirklich wieder vernünftig geworden«, sagte er in verwundert-belustigtem Ton. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck. »Aber trotzdem mußt du bestraft werden. Du hast mich wütend gemacht, so daß ich dich im Gesicht verletzt habe, was nie meine Absicht war. Du hast mich vor meinen Freunden blamiert, als du, schreiend wie ein Fischweib, aus dem Pantheon geschleift werden mußtest. Du mußt zugeben, daß du eine weitere Bestrafung verdient hast, meine Liebe. Würdest du dich also ausziehen?«
Caitlyns Hände verkrampften sich. Er hatte sich bereits umgedreht und ging zum Schrank, um die Peitsche zu holen. Schnell und geschmeidig wie eine Katze trat sie einen Schritt zur Seite und kniete sich neben dem Stuhl auf den Boden. Dort stand Minnas Handarbeitskörbchen, in dem sie ihre Stricksachen aufbewahrte. In dem Korb war auch eine Schere.
»Was, warum bist du noch nicht ausgezogen?« fragte er und bog die Peitsche, als er sich zu ihr umdrehte.
»Meine Arme tun noch zu weh von den letzten Schlägen, die Ihr mir erteilt habt, ich kann sie nicht heben«, entgegnete sie scheinbar demütig, die Hand mit der Schere hielt sie dabei in den Falten ihres Nachthemds versteckt. »Wenn Ihr Minna rufen würdet, damit sie mir hilft,
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