Im Zauber des Mondes
Laune hatte sich im großen und ganzen nicht gebessert. Als seine Brüder ihn besorgt über die Verletzung auf seiner Wange und Caitlyns geschwollene Lippe befragen wollten, nützte er die Gelegenheit, ihnen eine Standpauke zu halten, weil sie nicht besser auf Caitlyn aufgepaßt hatten. Caitlyn versuchte auszugleichen, aber daraufhin ging er sofort auf sie los, und seine Brüder schienen nicht sonderlich begeistert über ihre Bemühungen. Seither war Connor ständig beschäftigt. Wann und wo auch immer sie versuchte, ihn zu sprechen, er ließ sie nie zu Wort kommen. Sie konnte nicht glauben, daß er so wütend auf sie war, nur weil sie allein ausgeritten und natürlich prompt in Schwierigkeiten geraten war. Aber was sollte er sonst für einen Grund haben, so wütend zu sein? Nun, was auch immer der Grund war, sie fühlte sich scheußlich.
»Um Himmels willen, was hast du bloß mit dem Mann gemacht?« fragte Rory sie eines Tages nach dem Essen. Connor hatte ihnen eben allen den Kopf gewaschen, um dann wutschnaubend zu den Arbeitern auf dem Feld davonzustapfen. »Das ist ja nicht zum Aushalten!«
Caitlyn hatte sich freiwillig dazu bereit erklärt, die Ställe auszumisten, um nicht beim Abwasch helfen zu müssen. Darum würde sie heute das Haus mit den Männern verlassen. Mrs. McFee, die gerade die Teller zusammenstellte, hielt inne und sah sie an, als wartete sie auf Bestätigung für das Ungemach, das sie für Caitlyns Anwesenheit auf Donoughmore prophezeit hatte.
»Still«, murmelte Caitlyn deshalb Rory zu, der ihren Seitenblick richtig verstand und gehorsam schwieg, bis sie draußen waren. Dann sah er sie mit hochgezogenen Augenbrauen an und wartete auf eine Antwort.
»Ich habe überhaupt nichts mit ihm gemacht«, verteidigte sie sich.
Cormac hinter ihr schnaubte. »Und genau das dürfte das Problem sein.«
Caitlyn verstand nichts und starrte ihn an, als er an ihre Seite kam. Liam wurde rot bis über beide Ohren. Rory, auf Caitlyns anderer Seite, warf Cormac einen strafenden Blick zu.
»Du solltest so etwas nicht vor Caitlyn sagen, das tut man nicht«, wies er seinen Bruder zurecht.
Cormac zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Wenn sie mit ihm schläft, ist sie nicht so unschuldig, daß es ihr peinlich sein könnte, und wenn nicht - nun, ich würde sagen, da liegt das Problem.«
Seine Stimme hatte einen bitteren Unterton, und Caitlyn war auf einmal bewußt, daß er immer noch an der Sache kaute. Impulsiv legte sie eine Hand auf seinen Arm. Die anderen blieben auch stehen und musterten Caitlyn erwartungsvoll, die Cormac ernst ansah.
»Können wir nicht Freunde sein, Cormac?« fragte sie sanft. »Nur weil ich - so für Connor fühle, heißt das doch nicht, daß ich dich nicht mag. Oder Rory. Und Liam.« Sie lächelte Liam zu. »Als Brüder. Wir waren doch Freunde - gute Freunde - für über ein Jahr. Nur weil wir langsam erwachsen werden, muß sich das doch nicht ändern.«
Cormac sah sie einen Moment lang beleidigt an, dann lächelte er zögernd. »Nein, du hast recht. Obwohl ich zugeben muß, daß Caitlyn, die junge Schönheit, wesentlich interessanter ist als O'Malley, der Dieb.«
Rory und Liam lachten, und Caitlyn stimmte ein. Etwas von dem Schmerz in ihrem Herzen begann zu heilen, jetzt, da sie wußte, daß sie zumindest mit den jüngeren d'Arcys wieder versöhnt war. Wenn es mit Connor nur auch so einfach wäre .. .
»Danke, Cormac«, sagte sie sanft und drückte ihm einen schwesterlichen Kuß auf die Wange. Auch Rory und Liam bekamen einen.
»Ganz schön freigebig mit deinen Küssen, was«, bemerkte eine nur zu bekannte Stimme hinter ihr bissig. Caitlyn und die drei anderen d'Arcys drehten sich schuldbewußt um. Da stand Connor, eine Mistgabel in der Hand, und sein Gesichtsausdruck war ausgesprochen mißmutig. Er trug seine ältesten Hosen und Stiefel und war wohl doch nicht zu den Arbeitern aufs Feld gegangen. So wie er aussah und roch, hatte er bereits die Ställe ausgemistet. Ärger stieg in ihr auf, als sie ihn ansah.
Der unausgesprochene Vorwurf, daß sie mit der Arbeit hätte schneller sein sollen, hing beinahe greifbar in der Luft.
»Aber Conn ...«, begann Liam kläglich, woraufhin er sogar Liam böse anfunkelte, der doch sonst nur selten seinen Unmut erregte.
Das Geräusch einer sich nähernden Kutsche unterbrach sie, und alle Augen richteten sich auf Mrs. Congreve, die soeben mit ihrem eleganten Einspänner auf den Hof gefahren kam. Caitlyn starrte den Eindringling wütend an, und
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