Im Zauber dieser Nacht
Schulden hinterlassen. Um sie zurückzuzahlen, habe ich die Universität abgebrochen und zwanzig Stunden am Tag gearbeitet. Ich habe mir geschworen, niemals wieder machtlos zu sein.“
„Machtlos? Aber du bist ein Prinz!“
„Prinz von gar nichts“, erwiderte er schroff. „Ein leerer Titel, den ich von einem selbst ernannten Machthaber aus dem fünfzehnten Jahrhundert geerbt habe. Die Männer meiner Familie waren schon immer korrupt und schwach.“
„Aber du nicht.“ Ihr klarer Blick war voller Vertrauen. „Du bist der Chef von Caetani Worldwide. Du hast ein Milliardenunternehmen aus dem Nichts erschaffen. Jeder liebt dich.“
„Ich bin nichts Besonderes“, sagte er schroff. „Wenn ich etwas aufbauen kann, kannst du es auch. Fang an, deinen Geschäftsplan zu entwickeln, und vergewissere dich vor allem, dass die Zahlen stimmen.“
„Das könnte schwierig werden. Ich lese Buchstaben und Zahlen in der falschen Reihenfolge.“
„Dyslexie?“
Sie nickte.
„Wie ist das?“
„Es ist für jeden anders. Bei mir bleiben die Zahlen und Buchstaben einfach nicht an Ort und Stelle.“
Er lachte auf. „Und du arbeitest in meinem Archiv?
„Jetzt verstehst du vielleicht, warum ich so spät noch gearbeitet habe. Abgesehen von meinem Schmuck, war ich nie bei irgendetwas besonders erfolgreich. Vielleicht denkt mein Vater darum, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin und nicht für mich selbst sorgen kann. Ich soll zurück nach Minnesota kommen und einen seiner Manager heiraten. Sonst will er mich enterben.“
„Enterben!“ Alessandro stellte sich einen hart arbeitenden Farmer mit einem kleinen Stückchen Land vor. „Er will, dass du einen Manager von seiner Farm heiratest?“
Lilley runzelte die Stirn. „Mein Vater ist kein Farmer. Er ist Geschäftsmann.“
„Oh. Besitzt er ein Restaurant? Oder vielleicht einen Waschsalon?“
„Äh …“ Lilley wandte unbehaglich den Blick ab. „So ähnlich. Vor ein paar Jahren haben sich meine Eltern scheiden lassen. Meine Mutter war krank. Als sie gestoben ist, konnte ich nicht länger dort bleiben. Ich habe einen Job bei … einem entfernten Verwandten gefunden. Meinem Cousin.“
„Das tut mir leid“, murmelte Alessandro. „Meine Mutter ist auch vor einigen Jahren gestorben, und das Verhältnis zu meinem Vater war schon immer kompliziert.“
Kompliziert war stark untertrieben. Prinz Luca Caetani hatte Alessandros Mutter wegen ihres Vermögens geheiratet und es dann für seine Geliebten ausgegeben. Alessandro war neunzehn gewesen, als sein Vater gestorben war. Er hatte nur Schulden und zahllose uneheliche Kinder auf der ganzen Welt hinterlassen. Alessandro war das einzige rechtmäßige Kind und Erbe des Titels, aber immer wieder tauchten angebliche Halbgeschwister aus der Versenkung auf und beanspruchten einen Anteil an seiner eigenhändig aufgebauten Firma.
„Warte ab, bis du älter bist, mein Sohn“, hatte sein Vater auf dem Totenbett gekeucht. „Dann wirst du genau wie ich sein. Du wirst schon sehen!“
Alessandro hatte sich geschworen, nie wie sein Vater zu werden, in keiner Beziehung. Er war vielleicht selbstsüchtig, aber er war kein Ungeheuer.
Oder doch?
„Ich hatte sogar daran gedacht, wieder zurückzugehen. Aber jetzt weiß ich, dass das unmöglich ist. Durch dich fühle ich mich … mutig. Ich kann alles tun. Alles riskieren.“
Alessandro hatte plötzlich das Gefühl, als würde ihm die Luft abgeschnürt. Er ballte so fest die Hände, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Lilley war schon halb verliebt. Vielleicht wusste sie es selbst noch nicht, aber er konnte es in ihrem Gesicht lesen. Wie lange würde es dauern, bis er ihr Licht ganz ausgelöscht hatte, wenn er sie als Geliebte bei sich behielt?
Er hatte eine Grenze überschritten. Er hatte Lilleys Unschuld zerstört. Das konnte er nie wieder ungeschehen machen.
Wenn das nicht das Werk eines Ungeheuers war, was dann?
Plötzlich war ihm kalt bis auf die Knochen. In ein oder zwei Stunden würde die Sonne über den Weinbergen aufgehen. Aber für ihn würde es keinen Sonnenaufgang geben.
Er konnte nur noch eines für sie tun. Jetzt würde er ihr Herz verletzen, aber es nicht brechen. Er schloss die Augen.
Er musste sie gehen lassen.
„Es ist schon fast Morgen.“ Lilleys Stimme klang traurig. „In ein paar Stunden sitze ich wieder im Archiv. Was wirst du tun?“
Er öffnete die Augen. „Nach Mexiko City fliegen.“
Lilley holte tief Luft. „Alessandro“, flüsterte sie. „Ich
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