Im Zauberbann der Liebe: Roman (German Edition)
Torwächter erschien, fluchte Jack und stieg aus, um selbst das Tor zu öffnen. Aber dann kam ein alter Mann aus dem Torhäuschen geschlurft. »Ned!« Jack streckte ihm durch die Eisenstreben des Tors die Hand hin. »Wie schön, dich wiederzusehen!«
Der alte Mann ignorierte die ausgestreckte Hand. »Ihr habt Euch Zeit gelassen heimzukehren, Mylord.« Der Titel wurde ohne jede Herzlichkeit hinzugefügt.
»Ich war damit beschäftigt, Englands Kämpfe auszufechten, Ned«, sagte Jack, als er seine Hand wieder sinken ließ.
Der Torhüter schnaubte nur, wie um ihm zu verstehen zu geben, dass Englands Kämpfe ihn nicht interessierten. Als er die Tore öffnete, bemerkte er: »Hier hat sich viel verändert.«
»Inwiefern?«
»Das werdet Ihr schon sehen.« Ned schloss die Tore hinter der Kutsche und stapfte grußlos in sein Wachhäuschen zurück.
Sowie die Kutsche sich auf Langdon'schem Besitz befand, nahm Abby eine ganz erstaunliche Veränderung der Energie wahr. Auf der Reise hatte sie sich an die belebende Yorkshirer Luft und den Eindruck von robustem Hochlandleben gewöhnt. Doch nun, da sie sich auf Langdale'schem Land befanden, war die ganze Atmosphäre von einer leblosen, erdrückenden Schwere durchdrungen.
»Spürst du einen Unterschied?«, fragte Jack.
»Und wie!«, sagte Abby, als die Kutsche die Einfahrt hinauffuhr, die so weit ins Tal hineinführte, dass sie das Haus am Ende noch nicht sehen konnten. »Hast du dir diesen Torwächter extra ausgesucht, um Besucher abzuschrecken?«
»Ned war früher viel freundlicher.« Jack runzelte die Stirn. »Du hast mehr Erfahrung darin, die Aura eines Menschen zu beurteilen als ich. Was hast du in seiner wahrgenommen?«
»Er wirkte wie ein Mann, der um das Überleben kämpft; seine Energie war äußerst angespannt.«
»Das ist genau das, was ich auch empfand. Er fühlte sich nicht richtig an.« Jack klopfte an die Trennscheibe, um dem Fahrer zu signalisieren, die Kutsche anzuhalten. »Alles hier fühlt sich falsch an.«
Als die Kutsche hielt, stieg Jack aus. »Ich brauche nur eine Minute.«
Abby wartete, während die eine Minute sich zu vielen ausdehnte. Ihre Nerven waren zum Zerreißen angespannt, als sie schließlich die Tür öffnete und ausstieg. Jack stand etwa hundert Meter entfernt neben einem kleinen Wäldchen aus kahlen Bäumen. Als sie zu ihm ging, begannen die ersten kalten Regentropfen zu fallen. Abby wünschte, sie hätte ihre Haube aufgesetzt. »Was suchst du?«, fragte sie.
»Eine Unmenge von Narzissenzwiebeln waren hier gepflanzt worden, deren Zahl sich jedes Jahr vergrößerte. Die Blumen bedeckten den Boden wie eine schimmernde goldene Decke. Und jetzt sehe ich keinen einzigen Schössling aus der Erde kommen.«
Er hatte recht. Seit sie sich auf Langdale'schem Besitz befanden, waren alle Anzeichen des nahen Frühlings verschwunden. Keine Schösslinge durchbrachen die Erde, und die Knospen an den Bäumen waren so fest und hart, als wäre es noch Winter. Da Abby wusste, dass Narzissen für ihre Widerstandsfähigkeit bekannt waren, fragte sie: »Könnte jemand die Zwiebeln ausgegraben haben?«
»Ich wüsste nicht, warum.« Jack hockte sich hin und begann, mit einem Stock in der Erde herumzustochern. Fast sofort stieß er auf eine Zwiebel und zog sie aus der Erde.
Abby sah sich die geschrumpfte Zwiebel an. »Sie ist nicht tot, aber sie sieht aus wie eine Zwiebel im Dezember statt im März. Sie müsste wenigstens schon sprießen ... vielleicht sogar blühen.«
Jack richtete sich auf. »Das ist der Beweis, dass hier etwas nicht stimmt. Ich habe es mir nicht nur eingebildet.«
Abby ließ ihren Blick über die öde Landschaft gleiten. Der Wind heulte in den Bäumen, der Regen wurde immer stärker. »Dieses Land liegt in einem so tiefen Schlaf, dass es schon fast nicht mehr lebendig ist.«
»Glaubst du, es ist verflucht?«
»Ich glaube nicht, doch ich kann es auch nicht mit Sicherheit sagen«, erwiderte sie langsam. »Es würde einen Magier von unvorstellbarer Macht erfordern, ein solch großes Gebiet zu verfluchen, und Flüche wecken normalerweise bei mir ein unverkennbares und unangenehmes Gefühl wach. Dieses Land dagegen fühlt sich an, als wäre es ausgeblutet worden, bis fast kein Leben mehr darin ist.«
»Verflucht, ausgeblutet oder was auch immer. Mein Land verkümmert, und ich weiß nicht, wie ich es retten kann.« Er steckte die Zwiebel wieder in den Boden und deckte sie mit lockerer Erde zu. »Auch Ned schien nur noch eben so zu leben.
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