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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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Stimmbänder gewöhnten sich langsam ans Sprechen, und es freute mich, dass meine Stimme arrogant und kühl klang.
    »Macht man das so bei Entführungen?« Ein schepperndes Lachen klang der Frage hinterher.
    Mir war es egal, was man machte. »Es wäre hilfreich für unsere Konversation, wenn ich wüsste, wie ich Sie ansprechen kann.«
    »Oh«, sagte er, »mein Name ist wirklich nicht wichtig.«
    »Für mich schon«, erwiderte ich und staunte über meine Unverfrorenheit.
    »Wenn es unserem kleinen Geschäft denn behilflich ist, nennen Sie mich Doktor.«
    »Wer sind Sie?«, fragte ich erneut.
    »Soll das hier ein Kaffeeklatsch werden?«, fragte die Stimme.
    »Wo ist Josey? Ich will sie hören.«
    »Haben Sie das Geld?«
    Ich antwortete nicht gleich. Komischerweise dachte ich darüber nach, weshalb ich in einem weißen T-Shirt steckte, das mir viel zu groß war.
    Halblaut und mit gepresster Stimme sagte ich »Ja« - und realisierte, wo ich war, denn David schaute vom Bett her fragend zu mir.
    »Halten Sie es bereit«, sagte die Stimme, während mir schlagartig bewusst wurde, dass hinter der computerverzerrten Stimme ein Mann steckte, der wollte, dass ich ihn Doktor nannte. Ich kriege dich, dachte ich, und fragte: »Wann?«
    »Es wird über die Bühne gehen, wann wir es wollen und zu unseren Bedingungen. Wagen Sie nicht noch einmal, die Polizei einzuschalten. Das würde der Gesundheit Ihrer Tochter schaden.«
    Zorn stieg in mir auf, und ich hieß ihn willkommen. Zorn
war in dieser Situation besser als Übelkeit. Er stärkte meinen Kampfgeist.
    Sie dürfen nicht das Tempo bestimmen, hallte es in meinem Ohr. David hatte es gesagt. Er hatte recht. Doch wie konnte ich das Tempo vorgeben?
    »Geben Sie mir meine Tochter«, sagte ich. »Ich will sie hören. Jetzt. Sonst können Sie das Ganze hier vergessen.«
    Die Stimme lachte scheppernd. »Sie sind mal wieder mutig.«
    »Geben Sie sie mir, oder Sie können Ihr Geld vergessen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja, was denken Sie denn?«, fragte ich - und dann geschah etwas, das ich nicht einkalkuliert hatte.
    »Grüßen Sie David Plotzer«, sagte die Stimme, und dann schlug er mich mit meinen eigenen Waffen: Er legte auf, und in der Leitung war nichts anderes zu hören als das Besetztzeichen.
    Ich starrte auf das Handy in meiner Hand.
    Erst als ich aufsah, bemerkte ich, dass jemand neben mir stand.
    »Ich habe es vermasselt. Endgültig«, stöhnte ich. Das Zittern begann in den Händen, lief über die Arme und schüttelte meinen ganzen Oberkörper.
    David nahm mir das Handy aus der Hand.
    »Komm her«, sagte er und nahm mich in die Arme. Ich ließ es geschehen und fühlte die Wärme seines Körpers unter seinem T-Shirt. Ich hatte Jahre damit verbracht, meine Entscheidungen allein zu treffen und allein für sie einzustehen. Doch es tat mir gut, dass jemand bei mir war und mich tröstete.
    »David?«
    »Ja?«
    »Werden sie wieder anrufen? Sie haben gesagt vier Tage, heute ist der vierte Tag.« Hysterie rauschte durch mich hindurch, meine Stimme wurde schrill, ängstlich, zu laut.
    »Sie werden anrufen.«
    »Und wenn nicht?«

    »Sie wollen das Geld.«
    »Und wenn sie doch nicht wieder anrufen?«
    Er führte mich zurück zum Bett, und ich ließ mich auf die Kante fallen, das Gesicht in den Händen versteckt.
    »Sie werden«, sagte er. »Das kennen wir doch schon.«
    Ich steckte die Hände zwischen die Knie und dachte fieberhaft nach.
    Sie wollten, dass ich alles tat, was sie sagten. Sie wollten mich kleinkriegen. Sie wollten, dass ich am Ende war. Sie spielten mit mir.
    Ich sah David an. Er hatte sich auf einen Sessel am Fenster gesetzt, das Handy in der Hand und sah mich an. Ich starrte auf das Handy und wünschte mir, es würde klingeln. Ich könnte dann alles wiedergutmachen.
    David schwieg, und das war gut so. Es war wohltuend, wenn man gemeinsam schweigen konnte und nicht jedes Loch mit dem Klang einer Stimme füllen musste. Es war ein schönes Gefühl. Doch es war der falsche Moment.
    In mir gärte etwas anderes, brodelte und kochte dann nach oben: Es ging noch um etwas anderes als um Geld. Da war eine Perversion des Denkens und Fühlens am Werk, die sich verstiegen hatte in bodenlosen Hass, der bereit war zu vernichten - und den ich kannte.
    Ruckartig richtete ich mich auf.
    »Sie sind clever«, sagte ich und sah David an. »Aber sie sind nicht clever genug. Sie lassen sich von Gefühlen treiben.«
    »Wie meinst du das?«
    »Sie wollen mich nicht nur fertigmachen, damit sie die

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