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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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Mensch sie wirklich war - und wann die Entführer wieder anrufen würden.
    Ich trug noch immer meinen Parka und packte gerade meine wenigen Sachen oben im Schlafzimmer aus, als ich hörte, wie unten die Tür geöffnet wurde.
    »Clara?« Ich erkannte Madeleines Stimme und antwortete ihr, ich sei oben.
    Es schepperte, als sie unten etwas auf den Fliesen des Flurs abstellte.
    »Ich musste meinen Werkzeugkoffer holen«, sagte sie, kaum dass sie zu mir nach oben gekommen war. »Mama hatte ja nie etwas im Haus.«
    Ich zuckte zusammen. Aus ihrem Mund dieses »Mama« zu hören, das ich selbst seit Jahrzehnten nicht mehr in den Mund genommen hatte, verstörte mich. Für mich war meine Mutter meine »Mutter« gewesen, und das vertraute, kindliche »Mami« oder »Mama« hatte ich seit meiner Schulzeit nicht über die Lippen gebracht, ja, nicht ein einziges Mal zu denken gewagt.
    Madeleine sah mir mit ihren grauen Augen einen Moment lang aufmerksam ins Gesicht, als könnte sie meine Gedanken lesen. Dann drehte sie sich mit einem Schulterzucken um und ging wieder die Treppe hinunter. Sie besaß in dem Augenblick nichts mehr von der Herzlichkeit, mit der sie mir auf dem Friedhof begegnet war.
    Ich folgte ihr, als ich hörte, dass sie den Werkzeugkasten nahm und hinunter in den Keller ging. Im Flur stand einsam eine prall gefüllte Einkaufstüte.

    Madeleine hielt eine Zange in der Hand und stand gebückt über einem Ventil, als ich den Keller betrat.
    »Der Wasserdruck.« Sie versuchte, das Ventil zu drehen. »Man muss Wasser auffüllen, wenn die Heizung so lange nicht benutzt worden ist, sonst reicht der Druck nicht, um das Wasser nach oben in die Heizkörper zu transportieren. Und das Ventil hier setzt sich immer fest. Mama hat mich immer angerufen, wenn sie die Heizung im Herbst in Betrieb nehmen wollte.«
    Sie schaute kurz auf, als wollte sie überprüfen, wie es auf mich wirkte, wenn sie unsere Mutter »Mama« nannte, doch diesmal war ich gewappnet. Ich hatte mein freundliches Profigesicht aufgesetzt und lächelte sie an.
    Das Ventil reagierte nicht und schließlich rutschte die Zange ab. Sie probierte es erneut vergeblich und zuckte mit den Achseln. Sie nahm einen Hammer aus dem Werkzeugkasten und schlug damit hart auf das Ventil ein. Es war eine knappe, kalkulierte Bewegung, die man sich nur erwarb, wenn man den Umgang mit Werkzeug gewöhnt war. Als der Hammer auf das Ventil krachte, lächelte sie mich von unten herauf an.
    »Geht doch.«
    Sie füllte das Wasser im Heizungskessel auf, überprüfte den Druck, knurrte etwas vor sich hin, das wie ein »Na, sag ich doch« klang, und ging schließlich an mir vorbei aus dem Keller.
    Ich folgte ihr die Treppe nach oben, wo sie mir die Tüte in den Arm drückte.
    »Alles, was man so braucht. Milch, Kaffee, Butter, Käse, Brot, selbst gemachte Konfitüre und ein paar Eier. Der nächste Supermarkt ist nämlich sieben Kilometer entfernt.«
    »Danke.« Sie hatte mich überrumpelt, und so vergaß ich, sie zu fragen, was ich ihr schuldete.
    »Wenn du das nächste Mal auf Erwin triffst, solltest du bis 50 und wieder zurück zählen«, sagte sie abrupt. »Spätestens wenn ich rückwärts zähle, vergesse ich meistens, warum ich eigentlich angefangen habe.«

    Ich sagte ihr nicht, dass mir simples Rückwärtszählen kaum helfen würde und ich schon zu komplizierteren Aktionen schreiten müsste, um mich abzulenken. Vielleicht mehrstellige Zahlen dividieren, Primzahlen von 1000 an rückwärts zählen, so etwas in der Art.
    »Du kennst dich mit Panikattacken aus?«, fragte ich nur, um etwas zu sagen.
    »Nein. Aber ich kenne Angstzustände.«
    »Wovor hattest du Angst?«
    Sie überlegte einen Moment. »Als ich erfuhr, dass meine Tochter Multiple Sklerose hat, mein Exmann mich daraufhin verließ und ich nicht wusste, wie ich das alles schaffen sollte. Wovor hast du Angst, außer vor Schäferhunden?«
    »Dass ich meine Tochter nicht lebend zurückbekomme.« Meine Stimme war zu schrill, und der Satz knallte durch die Stille des Hauses.
    »Ich habe es nicht gewusst, bis die Polizei mich heute befragte. Bist du deshalb hier?«
    Ich verneinte, während ich versuchte, die Situation zu erfassen. Ich fragte mich, weshalb sie kein Bedauern über Joseys Leid zeigte, wie es jeder normale Mensch tun würde, und ich wog zugleich ab, was ich ihr sagen konnte. Schließlich lieferte ich ihr eine Kurzversion der Ereignisse. Ich verschwieg ihr, dass ich wie die Polizei annahm, meine Mutter wäre in Johannas

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