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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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Entführung involviert. Hatte sie selbst damit zu tun, wüsste sie, wie nahe wir ihr gekommen waren. War sie unschuldig, würde es sie über Gebühr erschrecken. Aus diesen Gründen erklärte ich ihr, dass ich unmöglich untätig in meiner Wohnung sitzen konnte, da mich dort alles an meine Tochter erinnerte und ich befürchtete, vor Schmerz verrückt zu werden. Außerdem trüge ich mich schon lange mit dem Gedanken, ein Buch über norddeutsche Gutshöfe zu schreiben, und würde hier nun mit meinen Recherchen beginnen. Ich hoffte sehr, sie würde mir diese Version abnehmen, und scheinbar tat sie es auch.

    »Wenn du hier mit den Leuten redest«, sagte sie, »solltest du dich besser nicht als Johannas Mutter zu erkennen geben.«
    »Kann man das verschweigen? Vielleicht erkennen mich einige trotzdem.«
    »Die Leute im Dorf werden genug darüber zu tratschen haben, dass Claire eine Tochter hatte. Was man nicht vermutet, erkennt man auch nicht. Zumal die ganze Geschichte Jahre her ist und ich nicht glaube, dass sich noch jemand an die alten Zeitungsbilder erinnert. Vielleicht entdeckt jemand mal eine Ähnlichkeit. Doch was soll’s. Niemand hier weiß, wer Claire wirklich war. Dass du ihre Tochter bist, ist für die Leute viel spannender als alte Sachen. Offiziell untersucht die Polizei hier nur Christines Selbstmord und den Mord an Mami.«
    »Woher weißt du das?«
    »Sie mussten mir von der Entführung zwangsläufig erzählen. Schließlich haben sie mich nach meinem Alibi befragt. Aber ich habe unterschrieben, nichts über die Entführung deiner Tochter zu sagen.«
    Ich wollte sie gerade fragen, ob ich ihr einen Kaffee aus meinen neuen Vorräten anbieten kann, doch so plötzlich, wie sie gekommen war, brach sie wieder auf. Ihre Tochter sollte nicht allein sein, wenn sie wach würde. Ich wunderte mich, denn die immerhin zweiundvierzigjährige Rebecca hatte auf dem Friedhof trotz der Krankheit und ihrer Behinderung alles andere als hilflos gewirkt.
    Als sie gegangen war und ich die Lebensmittel in den Kühlschrank geräumt hatte, erinnerte ich mich daran, dass der junge Mann in dem Hotel mir erzählt hatte, im Garten gebe es einen Fischteich. Vom Auto aus hatte ich ihn nicht gesehen, und so musste er weiter abgelegen hinter dem Haus liegen. Ich weiß nicht, was mich dort hinaustrieb. Vielleicht war es die Kälte im Haus, denn obgleich die Rohre knackten und stöhnten, wurde es nur allmählich warm in den Räumen.
    Ich erfuhr erst sehr viel später, dass ich an diesem Tag exakt
jenen Ort zu meinem Lieblingsplatz im Garten auserkor, den auch meine Mutter gewählt hatte. Es war ein rauer Findling, der unweit einer Trauerweide lag, deren graue Äste über dem winzigen Fischteich hingen, als wollten sie ihn beschirmen. Saß man bei klarem Wetter auf diesem Stein, sah man in der Ferne das rote Dach des Wasserturms gegen den Himmel wie eine Signallampe aufleuchten.

38
    Es war später Nachmittag, als ich einen Anruf von Mankiewisc erhielt. Eine feuchtschwere Dunkelheit hatte sich bereits über das Dorf gelegt, und ich hatte im ganzen Haus das Licht eingeschaltet.
    Als ich die dunkle Stimme des Kommissars hörte, erwartete ich einen seiner cholerischen Anfälle, weil ich mich ohne seine Genehmigung im Haus meiner Mutter einquartiert hatte. Denn das, so vermutete ich, hatte ihm Stefan Lichtenberg umgehend berichtet. Wider Erwarten jedoch kommentierte er meine Hausbesetzung nicht. Vielmehr wollte er mich dringend sprechen.
    Drei Minuten später standen er und Groß vor der Haustür. Im Licht der Eingangsbeleuchtung starrten mir ihre Gesichter müde und blass aus den hochgeschlagenen Kragen ihrer schwarzen Daunenjacken entgegen. Groß trug wie immer Jeans, Mankiewisc eine feine, graue Wollhose, unter der die Spitzen schwarzer Schnürschuhe schlammbespritzt hervorschauten. Als er meinen Blick auf seine Schuhe sah, trat er sie sich seltsam eifrig ab.
    Das Scheinwerferlicht eines vorbeifahrenden Autos erfasste die Auffahrt, vor der ihr silberner Audi A6 auf der Straße parkte. Groß sah dem Auto hinterher.
    »Morgen weiß das ganze Dorf, dass wir bei Ihnen waren.« Groß grinste mich an.

    Wir gingen ins Haus, und ich kochte uns einen Kaffee, während sie die Jacken an der Garderobe ablegten und einer nach dem anderen auf der Gästetoilette verschwanden.
    »Kalt hier.« Groß rieb sich die Hände, als er in die offene Küche trat, die sich übergangslos an das Wohnzimmer anschloss. Sein Blick durchstreifte die Räume, als hätte er sie

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