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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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zusammengebissenen Lippen geradeaus, und ich fragte mich, ob sie eifersüchtig war und ob das Gerücht stimmte, dass Tassilo Rebeccas Vater war, und wie es dann zusammenpasste, dass Madeleine ein Verhältnis mit Bruchsahl gehabt haben sollte.
    Ich sah verstohlen auf meine Armbanduhr. Es war kurz nach halb zwölf, und ich überlegte, wie ich die beiden hinauskomplimentieren konnte.
    Tassilo von Weiden hatte meinen Blick bemerkt, denn er sagte: »Ich muss morgen um fünf raus. Die Tiere fragen einfach nicht danach, ob man genügend geschlafen hat.« Er stand auf und lächelte mich an. »Wir können unsere Bekanntschaft aber jederzeit fortsetzen.«
    Er zog eine Brieftasche aus seiner hinteren Hosentasche, entnahm ihr eine Karte und überreichte sie mir. Ich warf einen flüchtigen Blick drauf und schaute fassungslos zu ihm.
    »Sie sind Therapeut?«, fragte ich. »Ich denke, Sie sind Landwirt.«
    »Ich war mal Therapeut.«
    »Bis sie dir die Zulassung entzogen haben«, sagte Madeleine. »Er hat sich in die falsche Frau verliebt. Sie war seine Patientin. Verstößt gegen den Ehrenkodex.«
    »Sie haben mit John Hart zusammen studiert?« Ich fragte es schneller, als ich denken konnte.
    »Ja«, sagte er. »Aber John ging nach Hamburg, und ich praktizierte hier in der nächsten Kleinstadt ein paar Jahre. Doch das sind alte Geschichten. Woher kannten Sie John?«
    Ich hatte mich verraten. »Er war während der Trennung von
meinem Mann mein Therapeut.« Es war die Wahrheit, wenn auch eine unvollständige.
    »Weshalb wirfst du überhaupt noch mit diesen Karten um dich? Das ist ja peinlich«, sagte Madeleine und war nun ebenfalls aufgestanden.
    »Es beeindruckt die Frauen«, sagte Tassilo von Weiden, lachte auf und reichte mir die Hand.
    »Rufen Sie mich an, wenn Sie irgendetwas brauchen.«
    Als sie gegangen waren, blieb ich einfach in dem Sessel sitzen und starrte aus den Fenstern nach draußen in das gleißende Mondlicht und das Funkeln der Sterne.

42
    Ich hatte Madeleine nicht gehört, als sie das Haus betrat. Doch am frühen Abend des nächsten Tages stand sie schon wieder unangemeldet in der Küche meiner Mutter, und ich erinnerte mich an die Warnung Lydia von Weidens, dass sie dazu neigte zu klammern und man sich irgendwann wünschte, man hätte sie nie kennen gelernt.
    Es war gegen sechs Uhr, und ich hatte die Haustür verschlossen, als ich mittags von einem Spaziergang nach Hause gekommen war. Ich hatte mir am späten Vormittag noch einmal den Turm angesehen und war unten am Gutsteich jenen Pfad entlanggewandert, von dem Mankiewisc und Groß gesprochen hatten. Er führte vom Wald neben dem Grundstück meiner Mutter durch jedes an den Teich angrenzende Grundstück bis zum Herrenhaus.
    Jeder, der unbemerkt von einem Haus zum anderen wollte, konnte hier unten entlanggehen, denn alle Grundstücke fielen zum Wasser hin ab und besaßen nahe am Pfad dichte Hecken, hinter denen man perfekt verborgen blieb.
    Der schmale Weg endete vor dem kleinen Haus, das ich bei
meinem Besuch im Herrenhaus durch die Salonfenster gesehen hatte. Ich hielt kurz an an und schaute durch die blinden Fenster neugierig in zwei Räume. Der größere war eine ehemalige Küche mit zwei alten Kohleherden, zwei Abwaschbecken aus gelblichem Steinzeug und mit einem Abfluss im Boden. Der zweite, deutlich kleinere Raum war bis unter die Decke mit Regalen, Kisten und Kartons vollgestellt und diente auch heute noch als Vorratskammer. Von der Decke hingen getrocknete Zwiebelbündel sowie Thymian - und Rosmarinsträuße, in den Regalen reihten sich Einmachgläser mit Obst und Gemüse aneinander, und auf einer der Kisten stand in ausgeblichenen Lettern »Kartoffeln«. Ich war um das Haus herumgegangen, hatte einen breiten Kiesweg zum Haupthaus gefunden und einen schmaleren, der mich zu jener Straße zum Turm führte, die Hazel, David und ich in jener Nacht von der anderen Seite aus gekommen waren. Man konnte auch auf dieser Straße unbemerkt zum Turm gelangen, denn wie alle Straßen zwischen diesen kleinen Dörfern wurde sie nur selten befahren.
    Nach meiner Heimkehr hatte ich den Nachmittag mit dem Laptop meiner Mutter verbracht, immer auf der Suche nach neuen Zusammenhängen oder Indizien, die ich vielleicht beim ersten Mal übersehen hatte. Irgendwann war ich eingeschlafen, und später war ich in die Küche gegangen, hatte mir eine Flasche Rotwein aufgemacht und darüber nachgedacht, inwieweit ich den Aufzeichnungen meiner Mutter vertrauen konnte. Bevor ich zu

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