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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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Grinsen, das ich seit unserer Kindheit kannte. Er konnte das wie kein Zweiter. Er erinnerte mich dann immer an Sean Connery in jungen Jahren. Mit einem maskulinen, trainierten Körper, an dem kein Gramm Fett zu viel saß. Leider war Claus aber eben schwul.
    »Er hatte selbst Asthma«, sagte ich schließlich.
    »Und deshalb glaubst du, er hätte deine Tochter nicht sterben lassen?«, fragte er, und das Lächeln verschwand so schnell, wie es gekommen war.
    »Genau.«
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Ich sag doch, es hat keinen Zweck, es dir zu erklären. Er war Arzt. Jemand hat ihn und mich gelinkt. Ich war besessen davon, Johannas Mörder zu finden. Ich hätte damals alles und jedem geglaubt. Vergiss nicht, mir gehörte die Tatwaffe. Und ich war so blöd, sie dort liegen zu lassen. Weißt du, was ich mich die ganzen Jahre gefragt habe? Wie hätten sie ihn umgebracht,
wenn ich die Waffe nicht dabeigehabt hätte und der Verdacht dennoch auf mich fallen sollte? Denn sie hätten ihn umgebracht, und mich hatten sie zur Verdächtigen auserkoren.«
    »Weshalb bist du so sicher?«
    »Sie haben sich so viel Mühe gemacht, mich dorthin zu locken. Jemand muss gewusst haben, dass ich bereit war, meine Tochter zu rächen.«
    »Das war ja wohl kaum ein Geheimnis. Du hast es doch jedem erzählt, so verzweifelt wie du warst«, sagte er und nahm meine Hand. »Wir haben nur alle nicht geglaubt, dass du es wirklich tun würdest, Clara.«
    »Deshalb«, sagte ich und schaute ihm in die Augen. »Deshalb hast du mich nach der Haft wieder eingestellt. Du hast dich schuldig gefühlt, weil du es mir nicht ausgeredet hast.«
    »Nein«, sagte Claus und schüttelte den Kopf. »Als ich dich einstellte, warst du Ende dreißig und hattest ein zweites Kind. Du warst im Gefängnis und du wolltest unbedingt wieder arbeiten. Ich wusste, du würdest härter arbeiten als jeder andere und du wärst mir gegenüber immer loyal. Es war also reiner Egoismus.«
    »Du meinst, such dir eine gefallene Frau, die einen Neuanfang will, und sie stellt an Arbeitswut, Ehrgeiz und Disziplin alles in den Schatten.«
    »So ähnlich«, sagte Claus.
    »Aber du brauchtest das Okay von ganz oben. Sonst hätte es nicht funktioniert, denn so weit reichen deine Befugnisse nicht.«
    Er schwieg einen Moment und kratzte sich die Stirn, wie er es immer tat, wenn er eine Entscheidung traf. »Ich habe dich eingestellt, weil ich einen Anruf erhielt. Diana Schiller hat mich angerufen. Ohne ihr Okay hätte ich dich nie im Leben durchboxen können.«
    Diana Schiller war die erheblich jüngere Frau des Verlagseigentümers Christian Schiller, der vor ein paar Monaten an einem
Herzinfarkt gestorben war. Sie musste jetzt Anfang sechzig sein. Ich wusste, dass mich die Geschäftsführung geschützt hatte, aber ich wusste nicht warum. Und ich wusste nicht, dass diese Frau, die ich nicht einmal persönlich kannte, darauf gedrängt hatte, dass ich eine zweite Chance beim »Hamburger Blatt« erhielt.
    »Warum hat sie das getan?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann nur Vermutungen anstellen.«
    »Das ist doch dein Job. Also meine Offenheit gegen deine.«
    »Ihr erster Sohn hat sich mit 18 umgebracht. Man sagt, sie ist nie darüber hinweggekommen.«
    »Man sagt? Was ist das denn für eine Floskel? Niemand kommt darüber hinweg, wenn das eigene Kind vor einem stirbt. Egal wie alt das Kind ist. Es ist gegen jede natürliche Ordnung.«
    »Ich nehme an, das sieht sie ebenso. Allerdings war es gar nicht ihr eigenes Kind. Es war nur seins.«
    »Wie?«, fragte ich.
    Claus zuckte mit den Schultern. »Mehr weiß ich nicht. Hat mich auch nie interessiert. Das war vor unserer Zeit.«
    »Weshalb hast du mir nie erzählt, dass sie dich angerufen hat?«, stellte ich meine nächste Frage, als führte ich ein Interview.
    »Sie wollte es nicht.«
    »Und das hat dir als Grund gereicht.«
    »Sicher«, sagte Claus. »Sie ist der Boss. Ich hab übrigens etwas für dich.«
    Ich sah ihn fragend an. Seine Hand lag auf dem oberen Umschlag.
    Einen Moment erwiderte er meinem Blick, dann sah er weg. Es war kein besonders gutes Zeichen für das, was in dem Umschlag auf mich wartete.
    Er drehte den obersten um und schob ihn mir über den Tisch zu. Auf dem Umschlag stand mein Name.
    »Was ist das?«

    »Mach es auf. Es kam mit einem Boten, bevor ich ging.«
    »Weshalb hast du ihn geöffnet?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Ich zog vier DIN-A4-Seiten mit Porträtfotos in Passbildgröße heraus. Das erste war ein unscharfes, grobkörniges

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