Im Zeichen der Angst Roman
es.«
»Wenn so etwas bei Ihren so genannten Recherchen über Gutshäuser herauskommt …«, begann sie.
»Das klären Sie am besten mit Ihrem Sohn«, erwiderte ich kalt.
Ich beugte mich zu Rebecca, den Mund an ihrem Ohr. »Er ist dein Vater, oder?«, flüsterte ich. Sie nickte.
Ich schaute zu Tassilo von Weiden, und er machte eine Bewegung mit dem Kopf.
Ich ließ den Rollstuhl los, gab Rebecca Erwins Leine und trat mit ihm beiseite.
»Das hatten Sie sich beide ja fein ausgedacht. Zeugungsunfähig. Seit wann erzählen Sie das?«
»Es war Madeleines Idee. Sie wollte das Kind, und sie hatte keine Lust, sich mit meiner Mutter auseinanderzusetzen. Wenn man so etwas erst einmal in die Welt gesetzt hat, kann man es später nicht einfach so zurücknehmen. Dann sitzt es schon zu tief in den Köpfen.«
Ich nickte. »Sagen Sie mir nur eines: Hat Christine Ihr Kind abgetrieben?«
Er musterte mich überrascht. »Christine war Thomas’ Freundin, nicht meine.«
»Weshalb hat sie dann versucht sich umzubringen, als Madeleine das Kind bekam?«
Er zuckte mit den Achseln. »Sie war ihre beste Freundin, und sie konnte keine Kinder mehr bekommen. Das hat Ihnen Madeleine
doch erzählt, und Christine hatte einfach zu viele Probleme.«
»Hören Sie«, sagte ich ruhiger, als mir zumute war. »Ich habe jetzt nicht viel Zeit. Ich muss etwas erledigen. Ich komme danach und hole Rebecca ab, okay?«
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.
»Kümmern Sie sich um Ihre Tochter«, erwiderte ich. »Lassen Sie sie nicht aus den Augen.«
»Sie nehmen den Hund?«
Ich warf einen Blick zu Rebecca.
»Weshalb kann er nicht bei ihr bleiben?«
»Sie mag ihn nicht, und er mag sie nicht. Ich glaube, da gibt es so etwas wie gegenseitige Eifersucht. Madeleine hat ihn vor zwei Jahren aus dem Tierheim geholt, und er war völlig auf sie fixiert. Außerdem muss ich mich unten um die Pferde kümmern, und die mag er erst recht nicht. Er hat letztes Jahr mit einem Pferdehuf Bekanntschaft gemacht. Seitdem gibt es zwischen ihm und den Pferden eine unüberwindbare Abneigung.«
Ich atmete tief durch. Dann ging ich zurück zum Rollstuhl und informierte Rebecca, was Tassilo und ich verabredet hatten.
Sie reichte mir die Leine. Ich packte sie fest mit meiner Hand und ging mit dem Hund davon, ohne mich noch einmal umzudrehen.
Auf der Hügelkuppe blieb Erwin stehen, spitzte die Ohren und drehte sich um. Jemand hatte den Motor des Leichenwagens angelassen, den Blinker gesetzt und fuhr nun mit meiner Halbschwester davon.
»Komm mit, Erwin«, sagte ich und ruckte an der Leine.
Der Hund sah zu mir auf, und ich zuckte die Achseln.
»Besser, du gewöhnst dich an mich.«
45
Ich lief den Hügel zum Haus meiner Mutter hinunter, den Hund im Schlepptau, der mir nun so willig folgte, als kenne er mich seit Urzeiten. Vor dem Haus befahl ich »Platz.« Er sah mich erst an und legte sich dann brav vor die Eingangstür.
Ich holte meine Handtasche aus dem Wohnzimmer und vergewisserte mich, dass die Glock darin lag. Ich verschloss die Tür, schnappte mir den Hund und ging zum Rover. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, sprang er hinten auf den Sitz. Die Leine zog er hinter sich her, als existierte sie nicht.
Ich startete das Auto und fuhr mit quietschenden Reifen vom Grundstück. Als ich an Madeleines Haus vorbeifuhr, standen ein paar Dorfbewohner immer noch zusammen und tuschelten. Mankiewisc sprach draußen vor der Gartentür mit ein paar Leuten. Im Rückspiegel sah ich, wie er meinem Wagen überrascht hinterherblickte. Vielleicht hätte es mich stutzig machen müssen, doch das tat es nicht. Ich war viel zu aufgewühlt. Meine Mutter war tot, Christine Metternich hatte sich nach meinem Besuch umgebracht, meine Halbschwester war erschossen worden, und Josey war nicht bei mir.
Und das war etwas, das ich ändern würde. Ich wollte meine Tochter zurück. Heute und lebend. Wenn sie überhaupt noch lebte. Wenn wir nicht inzwischen alles vermasselt hatten, denn Mankiewisc hatte recht. Madeleines Tod war keiner, der lange geplant gewesen war, und das bedeutete, Thomas Hart nahm aus irgendwelchen Gründen an, dass wir ihm auf der Spur waren. Was das für Josey bedeutete, durfte ich nicht zu Ende denken.
Die Fahrt nach Hamburg zog sich endlos hin. Während ich meinen Range Rover über die Autobahn nach Hamburgjagte, versuchte ich, David zu Hause zu erreichen. Es ging niemand ans Telefon. Ich rief ihn in der Firma an. Die Sekretärin sagte
mir, er habe für den Rest der Woche
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