Im Zeichen der Angst Roman
gab, dann wollte ich auch Anerkennung, und wenn auch das bereits als karrierebesessen galt - dann war es eben so.
Doch so, wie er es gesagt hatte, verletzte es mich. Die Frage war, warum mich dieser Mann verletzen konnte.
David ging zu einem Rauchtischchen, das an einem der Fenster stand, und nahm aus einem Humidor aus Zedernholz eine Havanna. Er wickelte die Banderole ab und warf sie in einen ledernen Papierkorb neben dem Schreibtisch. Er knipste die Spitze mit einem silbernen Zigarrenschneider ab und stieß lange Rauchwolken in die Luft, als er sie anzündete.
Ich beobachtete ihn. Die letzten Jahre hatten ihm fast nichts angehabt, und für sein Alter sah er immer noch großartig aus. Er hatte dichtes schokoladenbraunes Haar wie seine Tochter und ähnliche Gesichtszüge. Nur war seine Haut im Gegensatz zu ihrer gebräunt, wie es das häufig bei dunklen Typen ist, die ihre Freizeit gern im Freien verbringen.
Er war nicht offen zu mir und ich nicht zu ihm. Es war ein Fehler gewesen, ihn anzurufen und dann herzukommen. Ich ging ein paar Möglichkeiten durch, mich halbwegs intelligent aus der Situation zu ziehen. Mir fiel nichts Schlaues ein.
David paffte eine blaue Wolke in die Luft, als das Handy, das in der Gesäßtasche meiner Jeans steckte, klingelte. Es summte Elton Johns »Rocket Man«.
Ich war zu überrascht, um etwas anderes zu tun, als der Melodie zu lauschen.
Vier Tage, hatten sie geschrieben. Das waren 106 Stunden geborgte Sicherheit gewesen. Jetzt waren gerade mal sechs oder acht oder zehn vergangen. Es kam darauf an, wann sie das Handy und den Brief in meinen Briefkasten geworfen hatten.
David sah mich erwartungsvoll an.
Ich entschuldigte mich und ging zu einem der Fenster, die auf die Elbe gingen. Ich zog das Handy aus der Tasche und ging mit zitternden Fingern dran. Mein Blick folgte einem hell beleuchteten Containerschiff, das gerade den Hafen verlassen hatte.
Ich überlegte fieberhaft, was ich sagen und wie ich mich verhalten sollte.
»Hallo?«, sagte ich und kam mir einmal mehr vor wie eine Idiotin.
»Tolle Fotoalben und hübscher Strauß. Hoffentlich amüsieren Sie sich mit David Plotzer gut«, sagte eine Stimme, die so blechern klang, als käme sie von einer Computeransage.
»Wie bitte?«, fragte ich. »Was wollen Sie?«
Ich hörte das Besetztzeichen. Der Anrufer hatte aufgelegt.
Ich presste die Hand auf den Mund, sah wie gebannt auf das Schiff und versuchte, die Tränen zu stoppen, die in mir aufstiegen.
»Willst du einen Cognac?«, fragte David hinter mir.
Ich schüttelte den Kopf. Er stellte das Glas auf dem Rauchertischchen ab und drehte mich zu sich. Ich ließ es widerstandslos geschehen. In der einen Hand glimmte die Zigarre.
»Was ist los, Clara?«, fragte er leise und mit einer Zärtlichkeit in der Stimme, die ich nicht erwartet hatte und die mich überforderte.
Ich schüttelte den Kopf, und dann schossen mir die Tränen in die Augen, und keiner von Johns Ratschlägen kam mir in den Sinn, um sie zurückzuhalten. Ich stand einfach da und ließ zu, dass David mich in die Arme nahm und an sich zog.
»Wer war das?«, fragte sein Mund an meinem Ohr.
»Das waren sie«, sagte ich und machte mich aus seinen Armen frei. »Jetzt gerade in diesem Moment waren sie in meiner Wohnung und haben mich von dort aus angerufen. Und dann haben sie mir viel Spaß mit dir gewünscht.«
»Die wissen, dass du bei uns bist, und die wollen noch mal Geld?« David war kein Mann, der große Umwege machte. Er zog an seiner Zigarre.
»Wie beim letzten Mal. Hast du doch in dem Brief gelesen. Zwei Millionen. Nur wollen sie das Geld diesmal schneller. In vier Tagen.« Ich sprach hastig und abgehackt.
»Willst du meine Meinung hören?«
Ich nickte und ließ ihn nicht aus den Augen.
»Ich habe dir vor Jahren gesagt, es könnte sein, dass es nicht vorbei ist, weil Schweine nun mal immer an den Trog zurückkehren, der sie füttert.«
»Du hast damit gerechnet, dass sie noch einmal meine Tochter entführen?«, fragte ich fassungslos.
»Nein«, sagte David. »Natürlich nicht. Aber sie sind damals davongekommen. Weshalb sollten sie nicht ein zweites Mal ein Verbrechen begehen, um an Geld zu kommen?«
»Deshalb hast du mir die Pistole gegeben?«
»Ich wollte, dass du sie hast. Nur für den Fall der Fälle, lediglich prophylaktisch.«
»Und was sollen wir jetzt tun?«
»Wir müssen die Polizei einschalten.«
»Nein«, sagte ich. »Das wiederholt sich nicht noch einmal.«
»Bist du dir sicher?«,
Weitere Kostenlose Bücher