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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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Blick. »Die Frau, die Sie als Claire Silberstein kannten, war Marlene Behrmann, Clara Steinfelds Mutter«, sagte er.
    Die Frau zuckte erneut zusammen und starrte auf ihre rotbraunen Filzschuhe.
    »Plotzer«, wiederholte sie tonlos, nahm erneut einen Schluck aus dem Glas und fragte dann mehr sich selbst als uns: »Was wollte Claire hier?«
    »Das möchten wir auch gerne wissen«, sagte David.
    Das Schweigen lag in der Küche wie eine schwere Nebelwand.
    »Wir waren heute Abend in dem Wasserturm«, versuchte ich sie durch den Nebel zu erreichen.
    Christine steckte sich eine Haarsträhne hinters Ohr und schaute mich unsicher an. Sie sah dabei aus wie jemand, der sein ganzes Leben lang eine Ohrfeige nach der anderen erhalten
hatte. Auf den ersten Blick wollte man sie bemitleiden, auf den zweiten wollte man ihr selbst eine Ohrfeige geben oder sie rütteln, damit sie endlich ihre Lethargie abschüttelte.
    »Der ist abgeschlossen«, sagte sie mit einer so leisen Stimme, als spräche sie zu sich selbst.
    »Immer?«
    »Ja. Seit Ihre Tochter dort …« Sie stockte.
    »… gefunden wurde«, ergänzte ich den Satz, und sie nickte und nahm erneut einen Schluck, als würde ihr der Alkohol Halt geben. Ich fragte mich, weshalb sie einen brauchte.
    »Nachdem die Polizei ihn damals freigegeben hatte, hat die Besitzerin Lydia von Weiden ein Schloss anbringen lassen. Es war ihr zu viel, diese ganzen Befragungen damals, die Untersuchungen, die Verdächtigungen.«
    »Aber sie stand doch nie im Verdacht?«, fragte ich und meinte mich zu erinnern.
    »Nein. Zu der Zeit war sie wie jedes Jahr zu einer Kur in der Schweiz.«
    Ich erinnerte mich, dass sie einen Sohn hatte, und fragte nach ihm.
    »Den haben sie befragt wie uns alle. Aber wir hatten alle Alibis. Ich war im Urlaub mit einer Freundin, wie Sie vielleicht wissen. Nur Bruchsahl hatte kein Alibi. Aber das wissen Sie ja auch, sonst hätten Sie ihn ja nicht erschossen.«
    Ich hatte keine Lust, mit dieser Frau meine Schuld oder Unschuld an Bruchsahls Tod zu diskutieren.
    »Jemand hat dort einen Altar errichtet«, sagte ich.
    Sie schwieg.
    »Hören Sie, was ich sage?«, drängte ich.
    »Ja.«
    »Wenn immer abgeschlossen ist …«
    »Es ist abgeschlossen. Und selbst wenn nicht … niemand geht da freiwillig rein.«
    »Aber jemand war dort.«

    »Niemand geht dort rein«, wiederholte sie und nahm erneut einen Schluck.
    »Darf ich Sie etwas anderes fragen?«, fragte David.
    Christine blickte überrascht hoch und nickte, wobei ihr erneut das strähnige Haar ins Gesicht fiel.
    »Die Fotos in Ihrem Wohnzimmer?«, fragte er.
    Ich schaute überrascht zu David. Was sollte die Frage?
    »Was ist mit denen?«, entgegnete Christine ungehalten. »Das sind Familienfotos.«
    »Woher kannten Sie John und Thomas Hart? Denn das sind sie doch?«
    »Sie sind meine Stiefbrüder«, sagte die Frau und steckte das Haar wieder hinters Ohr. »John hat nie von mir erzählt, oder?« Ein flüchtiges trauriges Lächeln zuckte über die schmalen Lippen und erstarb. »Sie waren seine Patientin.«
    Es war keine Frage, es war eine Feststellung, und ich fragte mich, woher sie das wusste. Auch Therapeuten unterliegen einer ärztlichen Schweigepflicht.
    »Warum heißen Sie anders?«, fragte ich, ganz der journalistische Profi.
    »Weil ich unehelich bin und meine Mutter meinen Stiefvater erst nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete. Aber ich dachte, wir wollten über Ihre Mutter reden«, sagte die Frau und sah mich an auf eine Weise, die man trotz ihrer körperlichen Mattheit durchaus als Herausforderung verstehen konnte.
    »Seit wann kannten Sie sie?«, fragte ich.
    Sie schloss kurz die Augen, als würde es ihr helfen, sich besser zu konzentrieren. »Sie hat im Sommer 1996 das Grundstück unten gekauft. Es gehörte Jörn Bruchsahl. Er wollte dort am Wasser immer ein Haus nach seinen Vorstellungen bauen. Nun ja, dazu kam es dann nicht mehr. Nach seinem Tod hat seine Mutter es an Claire verkauft, sie baute das Haus. Es hat sechs Monate gedauert. In der Zeit habe ich ihr ein Zimmer vermietet. Seitdem haben wir immer mal einen Kaffee zusammen getrunken.
Dann ist sie nach Hamburg gegangen. Sie hat gesagt, sie muss dort etwas erledigen und die tägliche Fahrerei sei ihr zu viel. Sie hat sich dort ein Zimmer in einem Hotel genommen. Wenn sie alles erledigt hat, käme sie zurück, hat sie gesagt.«
    »Sie hat nicht gesagt, was sie dort erledigen wollte?«
    Christine schüttelte den Kopf.
    »War sie noch manchmal hier?«, fragte

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