Im Zeichen der Angst Roman
Immer wissen solche Leute alles besser. Wie soll man da seinen Job machen? Wie soll man da immer ruhig bleiben?«
»Ihre Kollegen haben versagt«, sagte ich. »Verstehen Sie endlich? Ihr Kollege Renner und seine ganze Mannschaft haben damals versagt und meine Familie zerstört. Und Sie erwarten, dass ich Ihnen vertraue? Meine Güte, Sie tappen doch im Dunkeln.«
Ich stand vor ihm in diesem hellblauen Krankenhausnachthemd, wahrscheinlich mit zerzausten Haaren und ganz bestimmt mit einem grimmigen Zug im Gesicht.
Mankiewisc machte den Mund auf, um zu protestieren.
»Nein«, schnitt ich ihm das Wort ab. »Hören Sie auf, mir ständig wegen Justizbehinderung zu kommen. Ich will meine Tochter wieder.«
»Hätten Sie mit uns kooperiert, statt sich im Alleingang zu verrennen, hätten wir Ihre Tochter schützen können.«
»Das hätten Sie nicht«, blaffte ich. »Sie ist hier, quasi unter Ihren Augen, im Beisein von David, im Beisein von Hazel und im Beisein von etwa einem Dutzend Trauergästen entführt worden. Das heißt, diese Leute sind absolut skrupellos und fühlen sich absolut sicher. Sie würden sie überall entführen.« Die Sätze stürzten aus mir heraus, und dann heulte ich doch wieder los, während Angst und ohnmächtige Hilflosigkeit mich überschwemmten.
»Es hätte nichts genutzt, wer auch immer die sind. Das sind Profis«, schickte ich hinterher und sah vor meinem inneren Auge Josey, wie sie die Steine auf Kais Grab legte.
»Da war noch eine alte Dame«, brach es zusammenhangslos aus mir heraus, aber selbst mir war klar, dass sie keine Rolle spielte.
»Das sind die Entführer nicht zwingend«, sagte Mankiewisc, ohne auf den letzten Satz einzugehen. »Sie sind nur abgebrüht. Sie setzen alles auf eine Karte. Sie gehen jedes Risiko ein. Das aber tun Profis nicht. Profis hätten Ihre Tochter heute nicht entführt, und Profis hätten sie niemals so observiert, dass Sie es mitbekommen.«
»Sie irren sich«, sagte ich. »Die haben noch nie einen Fehler gemacht. Wenn wir sie entdeckt haben, dann nur, weil sie es wollten.«
»Jeder macht irgendwann seinen ersten Fehler.«
»Die nicht«, sagte ich. »Vielleicht hat der Geländewagen gar nichts mit der Entführung zu tun. Vielleicht …« Ich wusste selbst, wie schwachsinnig klang, was ich redete.
»Sie müssen kooperieren«, unterbrach mich Mankiewisc in einem Tonfall, der so einstudiert klang, als hätte er diese Sätze schon während seiner Ausbildung bis zur Bewusstlosigkeit geprobt.
»Meine Güte, was tue ich denn hier gerade anderes?«
»Hey«, sagte David. »Wir sollten das alles in Ruhe, Schritt für Schritt besprechen.«
»Haben sie gedroht, Ihre Tochter zu töten?«
Ich wurde bleich, dann ging ich mit geballten Fäusten auf Mankiewisc los. David sprang auf und hielt meinen rechten Arm fest.
»Clara, meine Güte. Beruhige dich.«
»Dann bring diesen Kommissar hier raus. Ich will ihn nicht dabeihaben. Sie werden eh nur wieder alles vermasseln.«
Mankiewisc fuhr sich durchs Haar. Zum ersten Mal, seitdem ich ihn kannte, sah er ratlos aus.
Sein Handy klingelte. Fahrig zerrte er ein Taschentuch aus der Jackentasche, stopfte es wieder hinein, kramte weiter und warf mir einen scharfen Blick unter den buschigen Brauen zu, der so viel besagte wie »Sagen Sie jetzt besser nichts«. Schließlich fand er das Handy. Er klappte es auf und lauschte, drehte sich um und ging ans Fenster.
»Es tut mir leid«, flüsterte ich David zu.
»Ich weiß. Aber wer war diese Frau mit Tochter auf dem Friedhof?«
Ich schüttelte den Kopf.
Mankiewisc kam zu uns zurück.
»Das war einer meiner Leute.« Er drehte sich zu David. »Ich hab eine interessante Neuigkeit für Sie«, sagte er.
»Ja?«, sagte David.
»Christine Metternich hat ihren Stief bruder Thomas Hart angerufen, bevor sie sich umbrachte.«
Davids Augen glitten von Mankiewisc zu mir.
»Und?«, fragte ich, als niemand etwas sagte.
»Ihr Bruder arbeitet für uns«, sagte David emotionslos.
»Wie bitte?«, fragte ich.
»Clara, er hat mit dem Ganzen nichts zu tun. Er arbeitet seit über 20 Jahren für uns«, sagte David.
»Er ist Butler und quasi die rechte Hand Ihres Vaters«, sagte
Mankiewisc. »Der hat außerdem zwei Leute damit betraut, Frau Steinfeld zu beobachten, wie ich gerade erfahren habe. Denn wir vernehmen gerade diesen Hart in Hamburg zu dem Selbstmord von Christine Metternich.«
»Dein Vater hat mich beobachten lassen?«, entfuhr es mir, und meine Haare auf den Armen stellten sich
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