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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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hierher verschlagen hatte. Trotz seines Ekels spürte er, dass dem Alten eine Macht innewohnte, eine unheimliche, widernatürliche zwar, aber auf jeden Fall eine Macht, der man Beachtung schenken musste.
    So bezwang er seine Ungeduld und sprach: »Ich sehe, dass du einer Gottheit dienst, der der Reisende seine Verehrung bezeigen muss, bevor er weiterzieht. Wenn ihr ein Opfer gebührt, dann sage es mir.«
    Der Alte gluckste in sich hinein. »Du bist ein Mann, der seine Gedanken schnell in Taten umzusetzen versteht. Doch wisse, das, was du begehrst, wirst du nicht umsonst erhalten.«
    Susanoo unterdrückte den Wunsch, die widerliche Erscheinung mit einem Peitschenhieb niederzustrecken.
    Â»Es ist mir zu Ohren gekommen«, entgegnete er eisig, »dass du vorgibst, die Erzgrube zu bewachen. Ich aber bin dein Lehnsfürst und du hast dich meinen Gesetzen zu unterwerfen. Ich hole mir das rote Erz, wann immer ich gewillt bin.«
    Wieder ein Glucksen. »Und wofür gedenkst du das Erz zu gebrauchen?«
    Susanoo erbleichte. Jene eigenartige Kraft, die von dem Alten ausging, traf ihn wie eine Herausforderung. Abermals zwang er sich zur Ruhe. »Ich benötige es, um mir ein Schwert zu schmieden.«
    Â»Und wofür gedenkst du, dich dieser Waffe zu bedienen?« Susanoos Faust krampfte sich um den Peitschenstiel.
    Â»Um meine Ehre zu rächen und der Sonnengöttin Genugtuung zu verschaffen, denn die Waffe, die ich ihr weihte, ließ der Tungusenkönig im Meer versenken.«
    Die bleichen Wimpern des Alten zogen sich wie Spinnengewebe über die wässerig schimmernden Augen. Seine Stimme bekam einen monoton vibrierenden Klang.
    Â»Die Große Erlauchte Göttin ist müde. Sie wird jetzt ruhen, zweitausend Jahre lang. Ströme von Blut werden fließen, zweitausend Jahre lang. Du aber wirst durch das Feuer schreiten und die blauen Flammen werden deine Kindeskinder im Namen eines anderen Gottes vernichten …«
    Seine verkrusteten Lippen bebten, in seinen Augen brannte der Wahn. Susanoo spürte, wie sein Mund trocken wurde. Schweiß rann ihm trotz der Kälte über den Rücken. Jetzt endlich verstand er: Das Böse war erweckt und lebendig geworden. Die feindseligen Bergspitzen, die heimtückischen Schluchten, die bedrückende Einsamkeit: all das war in dem Alten. Er war die Verkörperung des Grauens, das unter der Erde lauerte, die Luft verseuchte und jedes Lebewesen aus Fleisch und Blut ins Verderben stürzte.
    Susanoo stieß seinem Hengst die Fersen in die Flanken. Doch der Mann fiel ihm brutal in die Zügel und brachte das Pferd wieder zum Stehen.
    Â»Du bist zu voreilig, Fürst von Izumo. Geduld war noch nie eine deiner Tugenden. Stellst du dir nicht die Frage, was für ein Opfer die Erdmutter wohl begehrt?«
    Eisig, als handle es sich um sein eigenes Leben, verspürte Susanoo die verhaltene Drohung. Zähneknirschend stieß er hervor: »Sage mir, was ich als Opfer darzubringen habe.«
    Der Atem des Alten ging pfeifend. Das röchelnde Lachen, das aus seiner Kehle drang, schüttelte seinen ganzen Körper. Seine verschwommenen Augen richteten sich auf Kubichi, die ihn stumm und voller Abscheu anstarrte. Er streckte den Arm aus. Seine Lumpen folgten der Bewegung, flatterten im Wind wie der Schatten eines schwarzen Vogels.
    Â»Nur wenn du gewillt bist, der Erdmutter deine sterbliche Geliebte zu opfern, wird sie dir erlauben, in ihren Schoß zu dringen und das rote Erz einzusammeln!«
    Die Peitschenschnur zischte durch die Luft und traf den Alten mitten ins Gesicht. Die Haut platzte auf, Blut quoll hervor. Die Heftigkeit des Schlages warf den Alten zu Boden. Sein Schädel schlug gegen einen Stein. Er wimmerte leise und tastete nach seinem Stab. Susanoo zischte einen Befehl. Kijama, einer der Offiziere, sprang vom Pferd und schleuderte den Stab mit einem Fußtritt beiseite.
    Kubichi saß mit steinernem Gesicht im Sattel. Endlich löste sie ihren Blick von dem Alten und sah Susanoo an. »Warum hast du ihn nicht getötet?«
    Susanoo zeigte grimmig seine Zähne. »Ist das Schwert bereit, werde ich es in seinem Blut härten!« Er gab Kijama ein Zeichen. »Ergreift ihn und sorgt dafür, dass er nicht entkommt. Ihr bürgt mir mit Eurem Kopf für ihn!«
    Kijamas Augen blitzten. »Zu Befehl, Majestät!«
    Er nahm einen Strick, drückte den Alten mit einem Knie zu Boden und fesselte ihm die Hände

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