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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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zur Hälfte heraus. »Wie meint Ihr das?«
    Sofort warf sich Hokiji in Kampfstellung, das Schwert drohend über den Kopf gehoben.
    Susanoos Blick zuckte über die beiden Männer hinweg. »Aufhören! Ich dulde keinen Streit!«
    Hokiji senkte das Schwert und trat mit steinerner Miene beiseite. Eisai holte tief Luft und stieß seine Waffe in die Scheide zurück.
    Susanoo ließ ihn nicht aus den Augen. »Kümmert Euch um das Mädchen!«, sagte er scharf.
    Eisai verneigte sich. Er wandte sich ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Masumi vernahm ihre Stimmen im Halbschlaf. Der Schmerz pochte in ihrer Wunde, doch sie empfand weder Unruhe noch Angst. Als Eisai ihr ein wenig später die Hand auf die glühende Stirn legte, schlug sie die Augen auf und lächelte ihn an. Trotz ihres brennenden Durstes bat sie ihn nicht um Wasser. Ihr Entschluss war gefasst. Aber sie musste noch warten …
    Die Wachen hatten ihre Posten bezogen und starrten in die Finsternis. Die Wölfe umschlichen das Lager, wagten sich jedoch nicht mehr an das Feuer heran. Ihr lang gezogenes Heulen schwebte gespenstisch im Nebel.
    Nicht weit von Masumi hatte sich Eisai zum Schlafen ausgestreckt. Sie hörte das Auf und Ab seiner Atemzüge. Ihr Blick war auf Susanoo gerichtet, der, in seinen schwarzen Mantel gehüllt, am Feuer saß. Hin und wieder schürte er die Glut. Kubichi hatte ihren Kopf und die Schultern an seine Knie gebettet und schlief. Lange wartete Masumi. Doch der König hing seinen Gedanken nach und legte sich nicht zur Ruhe. Sie spürte, wie fiebriger Schlaf sie umfing, und kämpfte gegen ihre Schwäche an. Geräuschlos richtete sie sich auf, stützte sich auf ihr gesundes Bein. Ihre Hand tastete nach dem Dolch an Eisais Gürtel. Vorsichtig umfasste sie den Griff, zog die Klinge aus der Scheide. Dann packte sie den Dolch mit beiden Händen und stieß mit voller Kraft zu. Der Schmerz entriss ihr einen Aufschrei.
    Susanoo fuhr herum. Mit einem Satz war er bei ihr.
    Doch zu spät! Zwischen Masumis Fäusten sah er das kalte, schimmernde Leuchten. Er sah den zerrissenen Stoff, die blutige Wunde. Trotz seiner Anstrengung gelang es ihm nicht, ihre Finger, die um den Griff des todbringenden Dolches lagen, zu lockern. Da hob er sie in seine Arme.
    Â»Warum?«, stieß er hervor. »Warum nur …?«
    Die Augenlider des Mädchens flatterten. Das Gesicht, das sich über ihr abzeichnete, war streng, schön und golden wie das Feuer. Sie lächelte ihm zu. »Verzeiht... Majestät … ich hätte Euch nur aufgehalten.«
    Â»Das hättest du nicht tun sollen«, sagte er leise. »Dein Leben gehörte mir.«
    Sie fühlte, wie sie in einer warmen roten Strömung in die Tiefe glitt, und wagte, ihm zu widersprechen.
    Â»Mein Leben … gehörte … dem Berg.«
    Da schwieg er und drückte sie enger an sich. Die Strömung rauschte und pochte. Von weit her rief eine Stimme ihren Namen. Eisai, dachte sie, sich seiner Gegenwart kaum noch bewusst. Sie schmiegte sich in den Mantel des Königs; ihr Kopf ruhte an seiner Brust. Das Rauschen schwoll an, ging in ein leichtes Schaukeln über. Die rote, warme Flut streichelte sie; oder waren es die Hände des Königs? Sie wusste es nicht. Ihre Finger, die den Dolch hielten, erschlafften. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Der Strom schlug über ihr zusammen.
    Â»Was ist denn geschehen?« Kubichi war aus dem Schlaf geschreckt. Sie starrte entsetzt auf das Mädchen, das Susanoo langsam zu Boden gleiten ließ. Ihr Gesicht war friedlich wie das eines schlafenden Kindes. Susanoo fühlte ihren Puls; er schlug kaum noch wahrnehmbar und stand dann still.
    Â»Sie ist tot«, sagte er gepresst. »Sie nahm sich das Leben, um uns nicht zur Last zu fallen.«
    Er richtete sich auf, und Kubichi sah den Schmerz, der seine Augen verdunkelte.
    Â»Der Berg verlangte ein Opfer«, sagte er. »Erinnerst du dich an deinen Traum?«
    Kubichi begriff alles und erschauerte. Die Männer standen schweigend im Feuerschein. Hokijis Lippen waren nur noch ein Strich. Eisai kniete mit gesenktem Kopf neben Masumi. Als Susanoo seinen Namen rief, fuhr er zusammen und stand schwankend auf. Sein Gesicht war eingefallen, die Augen feucht und gerötet.
    Â»Wir können sie nicht einäschern.« Susanoos Stimme klang hart. »Sie muss begraben werden. Sorgt für eine geeignete Stelle,

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