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Im Zeichen der gruenen Sonne

Im Zeichen der gruenen Sonne

Titel: Im Zeichen der gruenen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Rothe
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Viertelstunde zu! Er müsste längst oben sein und die letzten Besucher rauswerfen!
    »Ich, äh, gehe dann jetzt und schließe das Museum!«
    »In dreißig Jahren bin ich nur eine Woche krank gewesen, und Sie schlafen im Dienst. Noch dazu mit Museumseigentum im Mund! Sie brauchen morgen gar nicht erst zur Arbeit zu erscheinen!«
    Scheiße, fluchte Abdallah in Gedanken, der vierte Job in diesem Jahr. Irgendwie bin ich der geborene Pechvogel. Zuerst hatte er versucht, den Wüstenvölkern in den Oasen transportable Heizstrahler zu verkaufen. Das hatte nicht funktioniert, und so war er Tauchlehrer am Roten Meer geworden. Bei der Fahrt im Motorboot hatte er die uralten, vollgefüllten Pressluftflaschen erstens in die pralle Sonne und zweitens neben den heiß gelaufenen Motor gelegt. Da die Explosion nicht weit von der Küste entfernt stattfand, hatten er und seine Schüler sich schwimmend an Land retten können. Danach war er Gräber und Lastwagenfahrer bei einer archäologischen Ausgrabungsstätte geworden. Ausgerechnet an dem Tag, als der Oberarchäologe eine guterhaltene Mumie entdeckte, hatte Abdallahs Lkw seinen Geist aufgegeben. Da die Mumie aber unbedingt ins Institut nach Kairo sollte, hatte Abdallah sich den VW Käfer eines Kollegen geliehen, den toten König auf dem Dachgepäckträger verknotet und ihn nach Kairo gebracht. Doch der Fahrtwind hatte der Mumie geschadet – in Kairo angekommen, stellte Abdallah fest, dass er nur noch einen halben Pharao auf dem Autodach hatte. Die untere Hälfte musste er irgendwo auf der Fahrt verloren haben. Verzweifelt hatte er die Strecke abgesucht, aber nirgends zwei viertausend Jahre alte Beine gefunden.
    Anschließend hatte er den Job im Museum bekommen … aber damit war jetzt auch Sense. Mit einem tiefen Seufzer ging er durch die Ausstellungshallen und sah sich die Abbilder der Pharaonen an. Ihr hattet es gut, dachte er, ihr hattet ’ne unkündbare Stellung. Ich dagegen hab 38,5 Grad Fieber.
    In einem der Ausstellungsräume im Erdgeschoss traf er auf die Typen, mit denen der ganze Mist heute Mittag angefangen hatte. Komisch, dachte Abdallah, ich dachte, das wären vier gewesen …
    »Bitte verlassen Sie das Museum, wir schließen!«, sagte Abdallah ernst.
    »Och, nur noch ’n bisschen. Es ist gerade so interessant!«, antwortete ihm der Junge mit dem Hut.
    »Oh nein, du hast mich vorhin weich gekriegt mit deiner Großmuttergeschichte – jetzt raus und keine Widerrede!«, platzte es aus Abdallah heraus.
    Das Mädchen mit den roten Haaren blickte ihm lange in die Augen und lächelte ihn an. »Aber lieber, lieber Herr Wächter, wir möchten nur noch mal ganz kurz ins Obergeschoss, es dauert keine fünf Minuten!«
    Beinahe wäre Abdallah weich geworden. Wer konnte so einer attraktiven jungen Dame schon etwas abschlagen? Aber dann fiel sein Blick wieder auf den Jungen mit dem Hut, und Wut stieg in ihm hoch. Nein, jetzt war’s genug, jetzt würde er sie rausschmeißen und einmal, ein einziges Mal seinen Willen durchsetzen.
    »Hilfe! Entführung! Loslassen!«, schrien die drei, als er versuchte, sie mit Gewalt aus den Ausstellungsräumen zu werfen. Fast wäre er der Länge nach auf dem gebohnerten Boden hingefallen. Sie wehrten sich mit Händen und Füßen, das rothaarige Mädchen kratzte und biss um sich, und der Junge versuchte, ihm vor das Schienbein zu treten. Nur das kurzhaarige, dicke Mädchen verhielt sich einigermaßen vernünftig. Erst als sie schon draußen vor dem Gebäude auf den Stufen standen, hätte sie ihn fast ausgetrickst. Plötzlich schoss sie los, wieder hinein ins Museum, und krachend schloss sich vor der Nase des verdutzten Abdallah die Museumstür. Abdallah trommelte gegen die Tür. Das Miststück hatte ihn ausgesperrt! Hinter ihm kicherte dieser unverschämte Junge. Dafür verpasste Abdallah ihm, was er schon längst verdient hatte: eine schallende Ohrfeige. Sofort schrien der Junge und das Mädchen los und stürzten sich auf Abdallah. Neugierige blieben stehen, unschlüssig, ob sie eingreifen sollten, weil sie nicht sicher waren, ob da Kinder misshandelt wurden oder Kinder einen Erwachsenen misshandelten. In einem der oberen Fenster erschien das Gesicht von Abdallahs Chefin. Verzweifelt damit beschäftigt, die Bisse des Mädchens und die Tritte des Jungen abzuwehren, signalisierte er ihr, dass er die Situation unter Kontrolle hatte. Kopfschüttelnd drehte sich die Chefin um. In diesem Augenblick öffnete sich die Museumstür, und Rassanow trat

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