Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)
um war. Sie hat sich geweigert. Sie hat gesagt, dass es einen Beweis für ihre Entjungferung geben muss, sonst würde sie geschlagen. Ich habe angeboten, mir in den Finger zu schneiden, damit Blut auf dem Laken ist, aber sie hat abgelehnt. Der nächste Mann würde es merken, und wenn er bei seinen Freunden damit prahlte, ohne Aufpreis eine Jungfrau bekommen zu haben, und die Bordellbesitzerin das herausfand, würde man Palia auch schlagen. Und außerdem hat sie gesagt, dass der nächste Mann vielleicht nicht so nett zu ihr wäre.“ Er rieb mit den Knöcheln über die kurzen Stoppeln an seinem Kinn.
„Also hast du es getan.“
„Sie hat ihre Kleider ausgezogen, und ich habe sie genommen. Ich habe versucht, vorsichtig zu sein, aber ich habe trotzdem gemerkt, dass sie Schmerzen hatte. Ich konnte spüren, wie sie sich gewünscht hat, dass ich aufhöre.“ Bedauernd schüttelte er den Kopf. „Ich habe es genossen, mögen die Götter und Geister mir verzeihen. Danach habe ich mich so geschämt, dass ich gegangen bin, ohne sie auch nur anzusehen.
In den vier Jahren, die seitdem vergangen sind, hätte ich in den Ländern, die wir erobert haben, zahllose Frauen haben können. Aber ich habe immer wieder Palia in ihren Gesichtern gesehen – verängstigt und hilflos.“ Er grub seine Ferse in den Sand. „Solange ich im Krieg war, hatte ich keine Gelegenheit,etwas zu finden, das dein Volk als Partner bezeichnen würde, und nach meiner Verletzung habe ich alle Hoffnung aufgegeben, so jemanden überhaupt jemals zu finden.“
Sie wollte ihm versichern, dass sie genau diese Person war, aber etwas, das er gesagt hatte, brachte ihren Magen in Aufruhr. „Wenn deine Armee in Asermos gewonnen hätte, hätten die Männer unter deinem Befehl mich vergewaltigt?“
Er sah sie an. „Wahrscheinlich.“
„Und du hättest es zugelassen?“
„Die Söldner werden nicht gut bezahlt. Die Kriegsbeute ist die einzige Möglichkeit, sie für den Kampf zu motivieren. Wie gesagt, ich habe selbst nie dabei mitgemacht.“
„Aber du hast sie gelassen“, warf sie ein.
„Wenn nicht, hätten sie mich umgebracht.“
„Du warst ihr Anführer.“
„Ich war ein Leutnant. Sie haben mir so viel Respekt gezollt wie einem dressierten Hund. Vielleicht weniger.“
Ihr wurde schlecht. „Was ist mit den Frauen, die dein Volk aus Kalindos geraubt hat? Meine Nachbarn, meine Freunde. Ihre Töchter. Was ist mit ihnen geschehen?“
„Ich weiß nicht. Es kommt darauf an.“
„Auf was?“
„Auf ihr Alter, darauf, wie sie … in verschiedene Rollen passen.“ Er rieb seine Knöchel aneinander. „Als ich darüber im Krankenhaus mit deinem Freund Adrek geredet habe, hat er versucht, mich umzubringen.“
Sie stieß einen verächtlichen Laut aus. „Vielleicht hätte ich ihn lassen sollen.“
„Ja, vielleicht hättest du.“
„Filip, ich mache nur …“
„Das war genau das, was ich wollte.“
„… Witze.“ Sie starrte ihn an. „Was hast du gesagt?“
„Ich habe es mit Absicht getan. Ich habe Dinge gesagt, die ihn wütend machen sollten, grausame Dinge darüber, was mit seinem kleinen Mädchen geschehen wird. Ich hatte gehofft, er macht meinem Leben ein Ende.“
„Er hat mir nie erzählt, was du gesagt hast, um ihn aufzubringen.“
„Das spricht für ihn.“ Filip drehte sich zu ihr. „Ich hasse, was mein Volk während eines Krieges tut. Aber ohne die Macht der Angst würde unser Land überrannt werden, und wir wären es, die versklavt würden.“
„ Wir? Dann ist es immer noch dein Volk? Nach allem, was gewesen ist?“ Sie deutete auf den leeren Raum zwischen sich und ihm.
Er schüttelte den Kopf und wandte sich von ihr ab. „Ich habe einundzwanzig Jahre als Ilioner verbracht und noch nicht einmal eines als einer von euch. Und in diesem Jahr hat mich nur eine Handvoll von euch als Freund behandelt. Ich glaube nicht, dass ich noch ein Volk habe.“
„Du gehörst jetzt zu uns. Du versuchst Marek und Nilik zu retten. Das bedeutet eine Menge.“
„Ich hoffe, ich kann mich nützlich machen.“ Er bewegte den linken Fuß. „Selbst damit.“
Sie berührte seinen Arm. „Was auch immer in Leukos passiert, du musst daran glauben, dass du mir etwas wert bist.“
Er drehte sich zu ihr um, und im trüben Mondlicht sah sie, wie er in ihren Augen nach einer Lüge suchte, die er nicht finden konnte. „Ich glaube dir“, sagte er. „Ich verstehe es nicht, aber ich glaube dir.“ Er umfasste ihr Gesicht und küsste sie.
Alankas
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