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Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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werden und anzuschwellen. Sein Fell war schweißdurchtränkt, und er zitterte.
    Plötzlich wurde die Stille durch das Trommeln HunderterHufe durchbrochen. Filip starrte über den Abgrund hinweg und sah, wie die Pferde auf der anderen Seite wieder auftauchten. Sie preschten vorwärts, wie sie es immer getan hatten, in einer Wolke aus Gras und Staub, und ihre Schweife wehten hinter ihnen wie die Flaggen von Soldaten.
    Er sah den Abhang der Klippe hinab und dann wieder nach vorn, den Pferden nach. Vorsichtig setzte er einen Huf in die Luft über dem Schlund. Es fühlte sich wie Luft an – substanzlos und weltlich. Es würde ihn nicht halten und ihn auch nicht in ein anderes Reich führen, aus dem er nach freiem Willen wieder auftauchen konnte. Er würde fallen.
    Er sah dem, was einmal seine Herde gewesen war, dabei zu, wie es in der Ferne verschwand.
    Als Filip wieder zu sich kam, war er auf Händen und Knien. Seine Glieder gaben nach, und er brach zusammen. Die Einsamkeit, die auf ihn hinabsank, war erdrückend. Er zog die Beine an und bedeckte den Kopf mit den Armen, als würde er so das Gefühl vollkommener Verlassenheit von sich abschirmen können.
    Ein sanftes Maul kitzelte an seinem Ohr. „Möchtest du immer noch lieber allein sein?“
    „Was, wenn ich Ja sage?“, flüsterte Filip. „Gehst du dann fort und schickst einen anderen Geist? Oder noch besser, du schickst keinen Geist und lässt mich wieder so sein, wie ich war, ehe ich in dieses gottverdammte Land gekommen bin?“
    Pferd zögerte. „Ja.“
    Filip hob den Arm, um zu sehen, ob Pferd ihn verspottete. Doch in seinen dunklen Augen stand nur Traurigkeit.
    „Ich werde dich nicht nur ohne Geist zurücklassen – ich kann auch deinem Körper seine ursprüngliche Gestalt geben.“
    Filip setzte sich auf. „Du kannst mir mein Bein zurückgeben?“
    „Dein Bein ist fort, begraben mit all den anderen. Aber ich könnte dir ein falsches schaffen, sodass dein Volk keinen Unterschied merkt. Du könntest ehrenhaft nach Leukos zurückkehren.“
    „Warum würdest du das für mich tun?“
    „Um dir die Gnade der Geister zu zeigen. Selbst wenn du uns ablehnst und dorthin zurückkehrst, wo du dich zu Hause fühlst, wirst du dich erinnern, dass wir dich zu nichts gezwungen haben. Wir haben dir eine Wahl gelassen.“
    „Es hat sich nie angefühlt, als hätte ich eine Wahl“, erwiderte Filip und dachte dann noch einmal nach. „Bis jetzt.“
    „Du warst der Erste deines Volkes, der seinen Weg zurück zu uns gefunden hat, auch wenn du nicht auf der Suche warst.“ Pferds Ohr zuckte. „Vielleicht haben wir zu viele Hoffnungen in dich gesetzt.“
    „Was für Hoffnungen?“
    „Unsere Völker wieder zu vereinen, mit uns und miteinander. Als deine Vorfahren unsere Traditionen verleugnet haben, war es vielleicht voreilig von uns, ihnen die Magie zu nehmen. Sie hatten keine andere Möglichkeit, als zu bauen und zu erobern.“ Seine Flanke glänzte, als er tief einatmete. „Wir werden euch eine weitere Chance bieten, wenn es nicht zu spät ist.“
    „Ich wollte meinem Volk Magie geben?“
    „Nicht allen, jetzt noch nicht. Sie würden die Magie nur benutzen, um andere zu unterwerfen. Außerdem schwächt es die Gaben der wilderen Geister, sich in eurer Stadt aufzuhalten. Unsere Kraft kommt aus der Erde, nicht aus menschlichen Bauwerken.“
    Filip dachte darüber nach, dass die Asermonier keine Tempel für ihre Rituale hatten und, wie Bolan ihm erzählt hatte, dass die menschengeschaffenen Gebäude sie von den Geistern trennten. Es war so anders als bei seinem Volk, wo man die Gottheiten mit prächtigen Bauten verehrte.
    Sein Herz sank, und er sah zu Pferd hinauf. „Sind unsere Götter real?“
    „Es gibt sie.“ Pferd neigte den Kopf gen Süden. „Es gibt sie, weil ihr sie geschaffen habt.“
    „Das meinte ich nicht.“ Filip vergrub das Gesicht in den Händen. „Aber es muss sie auch außerhalb unserer Vorstellungen geben. Sie haben meine Gebete erhört. Ich habe umGeschwindigkeit gebeten, damit ich meinen Bruder bei den Spielen von Ilios schlagen kann, und es hat gewirkt. Während der Dürre habe ich um Regen gebetet – wir alle haben das –, und es hat gewirkt.“
    „So messt ihr die Kraft eurer Götter? Danach, wie oft sie eure Gebete erhören? Was ist mit all den Malen, die sie euch nicht erhört haben?“
    „Dann war mein Opfer nicht groß genug“, entgegnete er, „oder ich habe die Worte in der falschen Reihenfolge gesprochen. Oder vielleicht war es

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