Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)
ein Nachfahre ihm zu Hilfe gekommen? Das brächte ihnen einen Vorteil, den keiner der anderen Retter gehabt hatte.
Marek zeigte auf den aufgebäumten Hengst, der aus hellem Holz geschnitzt war. „Das hier sieht neu aus.“
„Ist es.“ Arcas deutete nach Westen. „Tatsächlich stammt das Material dafür aus dieser Region.“
Also war es wirklich Filip. Wenn er Arcas’ Zeichen richtig gedeutet hatte, hielten sie sich irgendwo im westlichen Teil der Stadt auf.
„Wie hübsch“, rief Basha aus. „Ein Zusammenschluss beider Kulturen. Hoffentlich ein Symbol für die Zukunft, will ich meinen.“ Sie fuhr mit dem Finger über das blaue Tuch, das den Tisch bedeckte. „Hmm. Keine Füchse.“
Als hätte das Wort seinen verschlagenen Teil geweckt, kam Marek eine Idee. „Darf ich vorschlagen, dass Ihr dem Künstler den Auftrag gebt, Euch einen zu schnitzen?“
Schlagartig erhellte sich ihre Miene. „Ja! Aber größer als das kleine Ding, das ich jetzt habe. Lebensgroß.“ Sie breitete die Arme aus.
Marek verkniff sich ein herablassendes Lachen. „Euer Ehren, bei allem Respekt, echte Füchse sind nicht so groß. Sie wiegen nicht mehr als eine große Hauskatze.“
Missbilligend runzelte sie die Stirn. „Aber ich will einen großen.“
„Er könnte Euch einen größeren schnitzen, vielleicht sogar so groß wie ein Mensch.“ Er sah zu Arcas. „Richtig?“
Die Spinne schien zu begreifen. „Sicher. Es gibt genug Treibholz am Strand, um daraus einen menschengroßen Fuchs zu schnitzen.“
Basha kniff die Augen zusammen. „Wann kann er fertig sein?“
Arcas tat so, als würde er gründlich überlegen. Marek hoffte, es wäre bald, aber nicht so bald, dass Basha misstrauisch wurde.
„Sieben Tage.“
Sie verzog das Gesicht. „Ich gebe in der letzten Nacht der Festtage ein Abendessen. Das ist in vier Tagen. Meinen Gegnern so etwas zeigen zu können – es würde sie daran erinnern, mit wem sie es zu tun haben.“
„Vier Tage?“ Arcas tat verzweifelt. „Vielleicht gegen einen Aufschlag.“
„So soll es sein.“ Sie machte eine Handbewegung und begann sich abzuwenden. „Petrop, verhandle einen Preis und gib ihm ein Drittel als Anzahlung.“
„Die Hälfte, Euer Ehren“, sagte Arcas. Als sie sich mit großen Augen wieder zu ihm umdrehte, fügte er hinzu: „Wenn Euch die endgültige Arbeit nicht gefällt, erstatte ich Euch alles zurück. Kein anderer Künstler gibt eine solche Garantie auf seine Arbeit.“
Sie kniff die Augen zusammen. „Dann eben die Hälfte. Aber ich will es am Morgen des vierten Tages, gleich als Erstes.“
Arcas verbeugte sich. „Ich werde Tag und Nacht arbeiten. Ab morgen früh, drei Tage lang.“
„Bis dahin.“ Als sie mit Marek davonging, sagte sie: „Danke, dass du mir davon erzählt hast.“ Ihre Stimme wurde verführerisch. „Du wirst heute Nacht einen besonderen Beweis meiner Zuneigung erhalten.“
Marek sah zu Arcas zurück, um zu sehen, ob er mitgehört hatte. Die zusammengekniffenen Augen und die gerunzelte Stirn des Spinnenmannes bestätigten es ihm. Würde er Rhia etwas verraten?
Nein. Wenn Marek sie je wiedersah, wollte er selbst beichten und sie um Vergebung bitten. Dann würde er den Rest seines Lebens damit zubringen, diese Vergebung zu verdienen.
36. KAPITEL
M arek wurde vom Weinen seines Sohnes geweckt. Er hob den Kopf von seinem Kissen.
Unmöglich. Nilik schlief in einem anderen Flügel des Gebäudes, zu weit entfernt, als dass seine Schreie an Mareks Ohren dringen konnten. Er sah zu dem dunklen Fenster des Sklavenquartiers.
Vielleicht hatte er es nur geträumt. Er konnte allerdings kaum schlafen, weil er wusste, dass Arcas und die anderen in ein paar Stunden kommen würden. Der Spinnenmann sah immer noch stark aus, und seine Ausbildung als Bär würde ihm dabei behilflich sein, die Wachen zu überwinden, wenn er es bis ins Haus schaffen sollte.
Dann war da noch Lycas. Mareks Schwager, der Bärenmarder, schien einen Mann mit nur einem Blick zu Fall bringen zu können, und er war für Waffen fast unverwundbar.
Marek lauschte, ob er Niliks Stimme noch einmal hören konnte, auch wenn er mitten in der Nacht nicht würde zu ihm gehen können. Er durfte diesen Raum nicht verlassen, wenn Basha ihn nicht zu sich rief, und das hatte sie seit der Nacht nach dem Markt nicht mehr getan.
Es hätte ihm in jener Nacht leichter fallen sollen, mit ihr zu schlafen, weil er wusste, dass Rhia gekommen war, um ihn zu befreien. Aber seine Taubheit war verschwunden,
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