Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)
Gesicht zu ihrem Sohn hinunter, um ihn zu küssen, ihn zu riechen, ihn willkommen zu heißen.
„Daria!“
Sie legte Nilik an ihre linke Schulter und wandte sich dem zweiten Wagen zu. Adrek hielt ein drei Jahre altes Mädchen hoch über seinen Kopf und zog es dann fest in seine Arme. Die Mutter des Kindes, eine junge kalindonische Spinnenfrau namens Nelma, strahlte zu ihm hoch. In ihren Armen trug sie einen Säugling. Die Größe des Bündels ließ Rhia befürchten, dass Nelma in Ilios schwanger geworden war.
Adrek rieb die Nase an der des Mädchens in seinen Armen. Daria verzog das Gesicht und fasste dann so fest in seine Haare, dass er aufheulte.
Lächelnd löste Rhia den Blick von der glücklichen Wiedervereinigung vor sich, um nach Marek zu suchen. Er hatte so viel geopfert, um seinen Sohn halten zu können, wann er wollte.
Hinter dem Wagen tauchte Bolan auf. „Geht es allen gut?“
„Wo ist Marek?“, fragte sie ihn.
„Er ist einer Frau hinterher, die ein Kind getragen hat.“ Er deutete in die Wälder. „Sie ist gerannt, sobald wir angeritten kamen. Wahrscheinlich dachte sie, wir sind Banditen.“ Der Pferdemann kletterte in den Wagen, setzte sich zwischen zwei weinende Kinder und nahm eines von ihnen auf sein Knie. „Ratet mal, wohin wir gehen?“, fragte er die beiden. „Nach Hause.“ Er öffnete eine kleine Tasche, die er sich an den Gürtel gebunden hatte. „Wer will Kuchen?“
Das Schluchzen der Kinder verwandelte sich in begeistertes Quietschen. Koli hielt sich im Vorbeigehen die Ohren zu. Sie führte das Pferd einer toten Wache am Zügel hinter sich her. Eine der Ammen, eine Otterfrau, die Rhia aus Asermos kannte, lachte und fing dann an zu weinen.
Rhia versuchte zu sehen, wer sonst noch fehlte. Alanka undFilip. Sie sah hinauf zum dunkler werdenden Himmel und hoffte, sie würden schnell zurückkehren. Sie brauchten einen Vorsprung, um die Armee von Ilios abzuhängen, die zweifellos einen Suchtrupp entsenden würde, wenn die Kinder nicht am nächsten Tag im Lager ankamen.
Sie hielt Nilik in ihrer Armbeuge. Er war noch nicht außer Gefahr, noch lange nicht.
Marek preschte der Frau und dem Kind durch den Wald hinterher. „Wartet!“, rief er. „Wir sind aus Asermos!“ Sie wurde langsamer, blieb aber nicht stehen. „Und Kalindos!“
Jetzt drehte sie sich zu ihm um. Als er näher kam, erkannte er ihr blasses Gesicht und ihr hellbraunes Haar im trüben Abendlicht. Eine junge Pumafrau, die er seit seiner Kindheit kannte. Die Partnerin von Skaris.
„Lidia?“
Langsam kam sie auf ihn zu, das Kind fest an die Brust gedrückt. „Marek? Bist du das?“
„Ja, ich bin es.“ Er drehte sich halb zu den anderen um. „Und Alanka und Adrek und …“
Sie schlug ihm fest ins Gesicht. „Das ist dafür, dass du meinen Partner umgebracht hast.“ Sie spuckte ihm auf die Füße. „Ich würde dir Schlimmeres antun, wenn das Kind nicht wäre.“ Wütend starrte sie Marek an.
Er rieb sich die Wange. „Ich hoffe, du kannst mir eines Tages vergeben. Bis dahin, lass dich von uns retten.“
Misstrauisch schüttelte sie den Kopf, als wagte sie es nicht, zu glauben, dass ihre Gefangenschaft vorbei war. Er kannte das Gefühl.
„Wir sind hier, um dich nach Hause nach Kalindos zu bringen“, sagte er. Er bedeutete ihr, vor ihm her den Pfad entlang zurück zu den anderen zu gehen. Als sie an ihm vorbeiging, sah er das Kind an. Es war schwer zu sagen, wie groß es war, weil sie es in so viele Decken gewickelt hatte. „Das ist aber nicht Skaris’ Kind, oder?“
„Nein. Wäre er bei eurem Kampf in der zweiten Phase gewesen,würdest du jetzt am Boden des Abgrunds liegen.“ Sie trat über einen abgebrochenen Zweig. „Ich weiß nicht, wer der Vater ist. Ich war Sklavin in Leukos. Einige Männer dort … haben mich benutzt.“
Er fand die Kraft in sich, es laut auszusprechen. „Ich auch.“
Sie blieb stehen und starrte ihn an. „Du auch … was ?“
„Ich war bis heute Morgen Sklave in Leukos. Meine Besitzerin hat mich auch … Sie hat gedroht, meinem Sohn etwas anzutun, wenn ich es nicht tue.“
Lidia stieß einen langen Atemzug aus. „Warum haben sie uns das angetan?“
„Sie wollen unser Volk ganz und gar erobern. Sie wollten diese Kinder benutzen, um eine magische Armee aufzubauen, die Ilios treu ergeben ist. Sie hätten dich umgebracht oder fortgeschickt, sobald die Kinder alt genug sind, um zu verstehen, woher sie wirklich kommen.“
Misstrauisch kniff sie die Augen zusammen. „Das
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