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Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition)

Titel: Im Zeichen der Krähe 2: Die Totenhüterin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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von Krähes Dienern gelocktworden war. Der Vogel warf einen harten Schatten an den dumpfen grauen Himmel, als er tief über der Lichtung dahinflog.
    Auch wenn der Vogel jetzt allein war, bald würde er nach Hause fliegen und sich seinem Partner anschließen, vielleicht auch eine Meute hungriger Schnäbel füttern. In dieser Nacht teilte er sich ein warmes, sicheres Nest mit seiner Familie. In Rhia keimte Neid auf.
    Sie beendeten den Gesang, als die Krähe davonflog. Es war Zeit, den Scheiterhaufen anzuzünden.
    Damen und Rhia nahmen jeder eine Fackel und legten sie an die Unterseite des Haufens. Das ölgetränkte Holz entzündete sich mit einer plötzlichen schwarzen Rauchfahne. Die Flammen leckten an den trockenen Scheiten, und als sie den Scheiterhaufen erklommen, schien es, als bildeten sie eine lebendige Gestalt aus reiner Hitze. Funken stoben und knackten, und jedes Mal musste Rhia dabei blinzeln.
    Als die Flammen sich Corannas Körper näherten, wich die Menge zurück. Jetzt brannten auch die Wacholderzweige und verbreiteten einen intensiven Geruch, der den Gestank nach verbranntem Fleisch überdecken sollte.
    Rhia wollte sich nach vorn stürzen und Wasser auf die Flammen gießen, doch es war bereits zu spät. Durch die Flammen konnte sie sehen, wie die Stoffstreifen sich zusammenrollten und schwarz wurden.
    Hinter ihren geschlossenen Augenlidern stiegen Tränen auf. Als sie die Hand hob, um sie fortzuwischen, hörte sie, wie eine Stimme flüsterte: nicht.
    Sie schloss die Augen. Bist du es? Sie streckte sich ihrem Geist entgegen, fürchtete aber, die Stimme könnte wieder zu Skaris gehören, der jetzt, wo sie keine Verteidigung gegen ihn errichtet hatte, zurückgekehrt war, um sie heimzusuchen.
    Ich bin es , sagte Krähe. Seine Gegenwart war wie ein warmer dunkler Mantel, der sie in sich einhüllte. Du musst nicht wie die sein, die vor dir waren. Tränen machen einen Menschen nicht schwach.
    Ihre Brust tat weh. Aber Krähen sollten den Schmerz abstellen können.
    Früher vielleicht. Aber auch die Geister verändern sich.
    Hat das mit Rabe zu tun? , fragte sie. Wird Nilik ihre Gabe erhalten?
    Er schwieg einen Augenblick. Ich weiß es nicht. Von allen Geistern kann nur sie die Zukunft deutlich sehen. Sie hat jedem von uns gesagt: „Macht Euer Volk bereit.“
    Ein Schaudern, das zu gleichen Teilen von Angst und Hoffnung verursacht wurde, erfasste Rhia. Bereit für was?
    Krähe lachte leise. Habe ich nicht gerade gesagt, ich kann die Zukunft nicht deutlich sehen?
    Tut mir leid.
    Bleib, wer du bist, Rhia. Nur noch mehr.
    Als sie spürte, wie Krähes Anwesenheit verflog, begannen die Tränen zu kullern. Sie versuchte nicht, sie zu unterdrücken oder auch nur fortzuwischen.
    Als sie die Augen öffnete, starrte Damen sie von der anderen Seite des Scheiterhaufens her an. Seine Augen glänzten. Vielleicht tränten sie nur wegen der Hitze und des Gestanks.
    Endlich begann das Feuer zu schwelen, und die Flammen wurden kleiner, um freizulegen, was von Corannas Körper noch übrig war – viele kleine Knochenstücke in einem Haufen grauer Asche. Damen drehte sich um und dankte der Menge. Die meisten Leute gingen zurück ins Dorf. Einige stützten ihre Gefährten, denen schlecht geworden war.
    Alanka trat vor, um Rhia zu umarmen. „Ich bin stolz auf euch beide. Das kann nicht einfach gewesen sein.“
    „Es musste getan werden.“ Damen nahm eine kleine Urne und eine kleine Bürste. „Das ist alles.“
    Alanka verzog im Angesicht von Damens Gleichmut das Gesicht. Er kniete sich hin und tat ein wenig von der Asche in die Urne. Die Asche würde nach Kalindos zurückgebracht werden, um sie dort von dem Baum zu hängen, in dem Coranna gelebt hatte.
    Rhia wandte sich zu Alanka um. „Ich wünschte, ich könntebehaupten, ich hätte an nichts als Coranna gedacht.“
    „Ich mache mir auch Sorgen um sie.“ Sie rieb sich die Ellenbogen und sah nach Südwesten, zum Fluss hin. „Das Warten ist schwer.“
    Rhia sah zu, wie die letzten Rauchwolken sich aus dem Scheiterhaufen erhoben, und fragte sich, worauf sie wartete – auf Nachricht von Mareks und Niliks Rettung oder auf das Signal, selbst zu ihrer Rettung aufzubrechen.
    Bei Einbruch der Dunkelheit würde sie es endlich wissen.

21. KAPITEL
    A lanka blickte in den blassgrauen Abendhimmel über Tereus’ Haus und suchte nach einem Hinweis auf die weißen Vögel. Rhia beschleunigte die Schritte, als sie den Hügel zur Farm ihres Vaters hinaufstapften.
    Hinter ihnen räusperte sich

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