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Im Zeichen der Sechs

Im Zeichen der Sechs

Titel: Im Zeichen der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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Umständen irgendwie lächerlich vor. Noch mehr als sonst. Ein Stück aufzuführen.«
    »Es könnte auch passieren, daß man heute nacht im Bett stirbt oder daß ein Pferd auf einen fällt. Oder – der Himmel möge es verhüten –, daß einen aus heiterem blauen Himmel der Blitz trifft«, sagte er sanft. »Aber das bedeutet ja nicht, daß wir nicht weitermachen sollen.«
    Sie sah ihn an, warf ihre Zigarette fort und schlang die Arme um ihn, und sie ließ den Kopf auf seine Schulter sinken. Zart berührte er ihr Haar. Es gefiel ihr, wie er sich anfühlte, und am liebsten hätte sie geweint, aber sie kämpfte die Tränen nieder; es widerstrebte ihr, schwach zu erscheinen.
    »Sterben Sie mir jetzt noch nicht, okay?« sagte sie. »Wir haben uns gerade erst kennengelernt, aber ich mag Sie allmählich ziemlich gern, Sie altes Knochengestell.«
    »Ich will mich bemühen. Aber nur, weil Sie darauf bestehen.« Er lachte.
    Die Wagen vor ihnen wurden langsamer und blieben dann stehen. Rymer stand auf und schwenkte seinen Hut; er wechselte ein paar Worte mit den Wächtern, bevor die Schranke aufgehoben wurde und man die Wagen durchwinkte.
    »Sie sollen doch krank sein«, erinnerte sie ihn.
    Jacob übergab ihr die Zügel und nahm seinen Platz hinten im Wagen ein, bevor sie das Tor erreichten. Eileen erwiderte das begeisterte Winken der lächelnden Torwache, als sie unter einem Schild hindurchfuhren, auf dem stand: WILLKOMMEN IN THE NEW CITY.
    »Hallo, hallo«, rief sie ihnen zu und murmelte mit einem strahlenden Lächeln: »Nett euch zu sehen, ihr Mistkerle. Grinst nur weiter; so ist es recht, ihr geistesgestörte Meute von Präriewieseln.«
    Die Truppe fuhr durch das Niemandsland und die Main Street hinunter. Die Fassaden aller Häuser zur Rechten und zur Linken strahlten in einem neuen weißen Anstrich; bunte Blumenkästen prangten unter jedem Fenster, und Chintzvorhänge verwehrten einen Blick ins Innere. Schlichte, gut gearbeitete Schilder gaben bekannt, wozu jedes Gebäude diente: Kurzwaren und Stoffe, Zahnarzt, Juwelier, Schmied, Hotel, Gemischtwarenhandlung. Lächelnde Bürger standen vor jedem Etablissement auf den geschrubbten Planken der Gehsteige und winkten den vorüberziehenden Wagen zu. Ihre Hemden schimmerten makellos weiß; alle sahen gesund und sauber aus.
    Vor ihnen, unter einer Markise vor dem Opernhaus, war eine Menschenmenge zusammengekommen; auf einem Transparent stand: ULTIMATIVES TOURNEETHEATER, HERZLICH WILLKOMMEN! Fröhlicher Jubel erhob sich, als die Wagen vor dem Theatereingang anhielten, und die Ovationen gingen weiter, während immer mehr Menschen die Straße heruntergelaufen kamen, um sich der Menge anzuschließen. Alle trugen das gleiche breite Grinsen auf dem Gesicht und die gleichen weißen Hemden am Körper.
    Bendigo Rymer stand wieder oben auf seinem Wagen, schwenkte seinen Hut hin und her und verbeugte sich in alle Himmelsrichtungen.
    Der Trottel ist überzeugt, daß sie alle hier sind, um ihn willkommen zu heißen, dachte Eileen. Als ob er gestorben und gen Himmel aufgefahren wäre.
    »Danke! Ich danke Ihnen sehr!« rief Bendigo, ohne daß man ihn in dem Jubel hören konnte; seine Augen schwammen in Tränen. »Ich kann Ihnen nicht sagen, wieviel es mir bedeutet, daß Sie hier sind: so ein wundervoller, großzügiger Empfang.«
    »Ich glaube, ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der derart verzweifelt nach Zuneigung lechzt«, sagte Jacob in stiller Verwunderung.
    »Betrachten Sie das als einen Segen.«
    Die übrigen Schauspieler steckten in ähnlicher Verwirrung die Köpfe aus ihren Wagen: Bis jetzt hatten sie nichts weiter vollbracht, als in die Stadt zu fahren; wie würde sich dieses Publikum aufführen, wenn sie tatsächlich eine Vorstellung gaben?
    Der Jubel erstarb auf der Stelle, als ein großer Mann in einem langen grauen Staubmantel, der einzige, den sie in der Stadt bisher ohne weißes Hemd gesehen hatten, sich aus der Meute löste und auf Bendigos Wagen zukam, begleitet von einer struppigen Frau mit einem aufgeklappten Notizbuch.
    »Willkommen in The New City, meine Freunde«, sagte der große Mann.
    »Danke sehr, ich –«, setzte Bendigo an.
    »Ist es nicht ein herrlicher Tag?«
    »In der Tat, in der Tat, Sir – so, wie ich noch keinen je –«
    »Sind Sie Mr. Bendigo Rymer, Freund?« fragte der große Mann.
    »Eben derselbe, Sir, zu Ihren Diensten –«
    »Würden Sie bitte absteigen und Ihre Leute bitten, aus den Wagen zu kommen und sich hier bei mir zu versammeln,

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