Im Zeichen der Sechs
gemäß nach Skull Canyon zu reiten, aber als sie dort angekommen waren und ihn wieder nicht vorgefunden hatten, verwandelte sich der Ruf nach Vergeltung in einen ganzen Chor.
Im Laufe des nächsten Tages wurden die Reden immer giftiger und die Vernehmungen des Hotelpersonals immer ruppiger, bis schließlich einer der Angestellten zugab, daß Frank nicht nach Prescott geritten war, wie sie es den Jägern ursprünglich gesagt hatten – und zwar nur auf Franks Befehl und unter ernster Todesdrohung, wie er hastig hinzufügte –, sondern dabei gesehen worden war, wie er nach Westen ritt, wo diese religiöse Siedlung lag. Und wo vorher ja auch die Schauspieler und Chop-Chop, der Chinamann, hingefahren waren.
Jetzt war erst recht die Hölle los.
Wir reiten heute abend noch hin, war die vorherrschende Auffassung, reiten schießend da rein und holen sie beide raus, und Gott erbarme sich dessen, der sich uns in den Weg stellt. Jetzt mußte man sich bloß noch darüber klarwerden, wie das Kaff zu finden war.
Und in diesem Augenblick ergriff der Gentleman, der mit seinen vier Reisegefährten still in einer Ecke gesessen hatte, zum ersten Mal das Wort.
Wir kennen die Straße, erbot sich der Gentleman. Ja, wir müssen sogar selbst dorthin, und wir würden Ihnen mit dem größten Vergnügen den Weg zeigen.
Sofort?
Ja, wir haben vor, heute abend noch zu reiten, erklärte der Mann. Und wir kennen einen guten Lagerplatz unterwegs – falls Sie beschließen sollten, den Ritt zu unterbrechen.
Was haben Sie denn in dieser religiösen Siedlung zu suchen, fragte jemand.
Wir sind Bibelvertreter, sagte der Mann – und richtig: Einer seiner Kollegen zeigte ihnen einen Koffer, der bis obenhin voll mit Heiligen Schriften war.
Unter den Ältesten der Bürgerwehr erfolgte eine Abstimmung; diese Burschen sahen zweifelsfrei ehrbar aus, schick gekleidet und gepflegt, offensichtlich gottesfürchtige Männer, und die Gegend schienen sie auch zu kennen. Die Entscheidung fiel schnell und einstimmig: Der Trupp würde auf der Stelle mitreiten.
Als die achtunddreißig Amateurpolizisten sich schließlich draußen versammelt hatten, saßen die fünf Bibelvertreter bereits reisefertig im Sattel. Keiner der Vigilanten hörte, wie ihr Anführer, der Mann, der drinnen als erster gesprochen hatte, der gutaussehende mit dem leichten deutschen Akzent, leise zu seinen Kollegen sagte:
Wartet auf mein Zeichen.
14
Frank wartete bis fünf Minuten nach Sonnenaufgang, ehe er zum Tor ritt. Ein Mann und eine Frau in identischen weißen Hemden, beide mit einer Winchester bewaffnet, traten aus der Wachbaracke und kamen ihm entgegen.
»Willkommen in The New City«, sagte die Frau.
»Schön, hier zu sein«, sagte Frank.
»Ist es nicht ein herrlicher Tag?«
»Habe schon schlechtere gesehen.«
»Und was wollen Sie heute bei uns, Sir?« Beide lächelten.
»Dachte mir, ich trete bei euch ein.« Frank grinste zurück.
»Sie treten … ein?« wiederholte die Frau.
»Ja.«
Ihr Lächeln zeigte Verschleißerscheinungen an den Rändern, und sie warfen einander unbehagliche Blicke zu. »Eintreten«, sagte der Mann. »Ja.« »Entschuldigen Sie uns für einen Augenblick, Sir«, sagte die Frau.
Die beiden zogen sich in die Wachhütte zurück und tuschelten miteinander. Frank konnte den Mann durch das Fenster sehen; er bearbeitete eine Morsetaste. Er hob den Kopf, und sein Blick folgte dem gespannten Draht die Straße entlang zu der Stadt in der Ferne. Er holte sein Fernglas hervor und richtete es nach Osten, wo er während der Nacht die militärischen Manöver beobachtet hatte; sah aus wie ein Schießstand, was man dort eingerichtet hatte -Sandsäcke und Zielscheiben.
Frank hörte den Telegrafen klicken: Eine Antwort kam zurück. Er steckte sein Glas ein, als die Wächter wieder herauskamen; ihr Lächeln war zurückgekehrt.
»Sie dürfen weiterreiten, Sir«, sagte die Frau. »Bitte bleiben Sie unter allen Umständen auf der Straße. Wenn Sie in The New City ankommen, wird Sie jemand mit weiteren Anweisungen erwarten.«
»Einen herrlichen Tag noch«, sagte der Mann.
Frank legte einen Finger an den Hut und trieb sein Pferd voran. Das Tor schloß sich hinter ihm. Die Straße war einfach, aber gut gepflegt, mit flachen Steinen in ordentlichen Reihen gepflastert. Breit genug für einen Wagen, schnitt sie sich schnurgerade zwischen den Wanderdünen hindurch. Aus fernen Kaminen stieg Rauch empor. Ein schwarzer Fleck, der in der Ferne in Sicht kam, entpuppte
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