Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen der Wikinger

Im Zeichen der Wikinger

Titel: Im Zeichen der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
einem hohen Drehstuhl, hatte die Füße auf den Kommandostand gelegt und betrachtete den Radarschirm.
    Noch vor zehn Minuten hatten sie Sichtkontakt mit dem brennenden Schiff gehabt, doch seit dieser von heftigen Regenfällen begleitete Sturm mit erstaunlicher Geschwindigkeit aufgezogen war, war nichts mehr zu erkennen. Mit einer lässigen Handbewegung, die von viel Übung zeugte, fischte er ein Zigarettenetui aus Platin aus seiner Hosentasche, entnahm ihm eine Dunhill und steckte sie sich in den Mund. Das Feuerzeug, mit dem er sie anzündete, ein altes, zerkratztes und verbeultes Zippo, das er bei sich trug, seit er in Diensten der Royal Navy am Falkland-Krieg teilgenommen hatte, passte indessen nicht recht zu der teuren Zigarette.
    Nevins’ rötliches Gesicht, das normalerweise immer von zahllosen Lachfältchen durchzogen war, wirkte angespannt und konzentriert; die funkelnden grauen Augen waren zusammengekniffen und unstet. Er fragte sich, was für ein Inferno er vorfinden würde. Die Funksprüche des amerikanischen Forschungsschiffes, denen zufolge über zweitausend Menschen von dem brennenden Kreuzfahrtschiff zu fliehen versuchten, verhießen nichts Gutes. Seit dreißig Jahren fuhr er zur See, aber an eine derartige Katastrophe konnte er sich nicht erinnern.
    »Dort!«, rief Arthur Thorndyke, sein Erster Offizier, und deutete durch die Brückenverglasung nach Steuerbord voraus.
    Die Regenschleier rissen einen Moment lang auf und gaben den Blick auf das brennende, in Dampf- und Rauchschwaden gehüllte Kreuzfahrtschiff frei. »Maschinen auf langsame Fahrt voraus«, befahl Nevins.
    »Aye, Sir.«
    »Sind die Bootsmannschaften bereit?«, fragte Nevins, als der riesige Dampfer im Regenguss auftauchte.
    »Boote und Mannschaften sind bereit zum Ausbringen«, antwortete Thorndyke. »Ich beneide sie ehrlich gesagt nicht darum, wenn wir sie bei dreieinhalb Meter hohen Wellen zu Wasser lassen.«
    »Wir gehen so nah wie möglich ran, damit sie keine allzu große Strecke zurücklegen müssen.« Er griff zu einem Fernglas und spähte auf das Wasser rund um das Kreuzfahrtschiff. »Ich sehe nirgendwo jemanden schwimmen, und Rettungsboote sind auch nicht zu erkennen.«
    Thorndyke deutete mit dem Kopf auf die verkohlten Überreste der Boote. »Mit denen ist keiner mehr vom Schiff weggekommen.«
    Nevins erstarrte, als er sich ausmalte, dass sich in dieser brennenden Hülle Tausende von Toten befinden könnten. »Das muss entsetzlich viele Menschenleben gefordert haben«, sagte er düster.
    »Ich sehe das amerikanische Forschungsschiff nirgendwo.«
    Nevins erkannte sofort, was los war. »Gehen Sie um das Schiff herum. Die Amerikaner müssen im Windschatten liegen.«
    Die
Earl of Wattlesfield
stampfte unverwandt durch das aufgewühlte Wasser, als könnten ihr weder der starke Seegang noch das Toben der Elemente etwas anhaben. Mit 68 000 Bruttoregistertonnen war sie über eine Straßenzeile lang, und auf ihren Decks stapelten sich die Frachtcontainer mehrere Stockwerke hoch. Seit zehn Jahren war sie auf sämtlichen Weltmeeren unterwegs, ohne dass sie auch nur ein Stück Frachtgut oder einen Mann verloren hatte. Sie galt als glückliches Schiff, vor allem nach Ansicht ihrer Eigner, die dank ihrer Zuverlässigkeit Millionen von Pfund verdient hatten.
    Nach diesem Tag sollte sie genauso berühmt werden wie die
Carpathia
, das Schiff, das die Überlebenden der Titanic gerettet hatte.
    Der Wind erreichte allmählich Orkanstärke, und die Wellen wurden immer höher, doch dem Containerschiff konnten sie wenig anhaben. Nevins allerdings hatte kaum noch Hoffnung, dass sie irgendwelche Passagiere oder Besatzungsmitglieder retten konnten. All jene, die dem Feuer entronnen sind, dachte er, sind über Bord gesprungen und bei dem starken Seegang längst ertrunken. Als die
Earl of Wattlesfield
den hohen, steil aufragenden Bug umfuhr, blickte er zu den erhabenen, grün gestrichenen Lettern auf, die dort prangten –
Emerald Dolphin
.
    Beklommen dachte er daran, dass er das herrliche Schiff gesehen hatte, als es von Sydney aus in See gestochen war.
    Dann riss er die Augen auf und starrte ungläubig auf den gänzlich unverhofften Anblick, der sich ihm bot.
    Schwerfällig rollte die fast bis zum Schanzkleid eingesunkene
Deep Encounter
, deren Deck von zusammengeduckten Gestalten überquoll, in dem vom rotorangefarbenen Flammenschein erleuchteten Wasser. Keine zwanzig Meter dahinter schaukelten zwei Beiboote, die ebenfalls voller Menschen waren. Das

Weitere Kostenlose Bücher