Im Zeichen der Wikinger
Apparat«, sagte Pitt zu McFerrin gewandt.
»Klingt wie Amelia May, unser Chefpurser.«
»Das Feuer stört den Funkverkehr. Ich kann sie kaum verstehen.«
»Fragen Sie sie, wie viele Menschen auf der Vorpiek sind«, befahl Burch.
»Spreche ich mit Amelia May?«, erkundigte sich Pitt.
»Ja, woher wissen Sie meinen Namen?«
»Euer Zweiter Offizier steht neben mir.«
»Charles McFerrin?«, rief sie. »Gott sei Dank. Ich dachte, Charlie wäre in den Flammen umgekommen.«
»Können Sie mir sagen, wie viele Passagiere und Besatzungsmitglieder noch an Bord sind?«
»Meiner Meinung nach dürften es etwa vierhundert Besatzungsmitglieder und rund sechzig Passagiere sein. Wann können wir das Schiff verlassen?«
Burch blickte mit bedrückter Miene am Bug empor. »Wir können sie auf keinen Fall an Bord nehmen«, sagte er und schüttelte düster den Kopf.
»Wie man’s auch dreht und wendet«, sagte Pitt, »aber etwas anderes bleibt uns gar nicht übrig. Der Wind und der Seegang werden immer stärker. Unsere Boote können sie nicht aufnehmen. Sie müssten runterspringen und zum Schiff schwimmen, und das wäre der reinste Selbstmord.«
Burch nickte bestätigend. »Wir können nur hoffen, dass das britische Containerschiff oder die Australier innerhalb der nächsten halben Stunde hier eintreffen. Danach sind wir in Gottes Hand.«
»Miss May«, rief Pitt in das Funksprechgerät. »Hören Sie mir bitte zu. Unser Schiff ist bereits heillos überladen. Außerdem haben wir uns den Rumpf beschädigt und drohen zu sinken. Ihr müsst da droben aushalten, bis sich das Wetter bessert oder ein Rettungsschiff eintrifft. Haben Sie verstanden?«
»Ja, ich habe verstanden«, meldete sie. »Der Wind weht die Flammen nach achtern, sodass die Hitze einigermaßen erträglich ist.«
»Nicht mehr lange«, warnte Pitt. »Die
Dolphin
wird sich im Wind und in der Strömung quer stellen. Dann rücken die Flammen näher, und der Qualm zieht über die Steuerbordseite.«
Amelia schwieg einen Moment lang. »Dann müssen wir eben ein Grillfest veranstalten«, erwiderte sie ungerührt.
Pitt blickte am Bug empor und kniff die Augen zusammen, als ihm der Wind die Gischt ins Gesicht trieb. »Sie sind eine tapfere Frau. Ich hoffe, wir lernen uns kennen, wenn das hier vorbei ist. Das Essen geht auf mich.«
»Vielleicht …« Sie stockte einen Moment lang. »Aber erst müssen Sie mir Ihren Namen verraten.«
»Ich heiße Dirk Pitt.«
»Kein schlechter Name. Gefällt mir. Over und aus.«
McFerrin rang sich ein mattes Grinsen ab. »Sie ist große Klasse, Pitt. Die lässt sich von keinem Mann unterkriegen.«
Pitt grinste ebenfalls. »Dagegen habe ich nicht das Geringste einzuwenden.«
Der Regen kam wie eine glitzernde Wand auf sie zu und brach dann mit einem Mal sintflutartig über sie herein. Und immer noch brannte die
Emerald Dolphin
. Dichte Dampfwolken stiegen auf, als die Regentropfen auf den rot glühenden Rumpf trafen, und hüllten in kürzester Zeit das ganze Schiff ein.
»Bringen Sie uns bis auf fünfzig Meter an sie ran, aber langsam und sachte«, befahl Burch dem Rudergänger. Das Rollen und Stampfen seines Schiffes, das von zusehends höheren Wellen gebeutelt wurde, machte ihm Sorgen. Und noch mehr Sorgen machte er sich, als sich Chefmaschinist House auf der Brücke meldete.
»Das alte Mädchen geht uns hier unten langsam in die Brüche«, berichtete er. »Die Lecks werden größer. Wir kommen trotz aller Hilfspumpen mit dem Auslenzen nicht mehr nach.«
»Wir gehen unter den Rumpf des Kreuzfahrtschiffs«, erwiderte Burch. »Ich kann nur hoffen, dass wir in seinem Windschatten vor den schlimmsten Sturmböen verschont bleiben.«
»Hauptsache, es nützt was.«
»Tun Sie Ihr Bestes.«
»Leicht gesagt«, grummelte House. »Wenn man ständig über Leute steigen muss, die hier eng wie die Ölsardinen liegen.«
Burch wandte sich an Pitt, der mit dem Fernglas in den grauen Dunst spähte. »Irgendwas von dem Containerschiff oder den Australiern zu sehen?«
»Bei dem Regen hat man so gut wie keine Sicht. Aber laut Radar ist das Containerschiff bis auf tausend Meter zu uns herangekommen.«
Burch zog ein altes Schnupftuch heraus und wischte sich die Regentropfen von Stirn und Nacken. »Hoffentlich ist der Kapitän ein guter Seemann mit viel Erfahrung, denn er wird sein ganzes Können aufbieten müssen.«
Malcolm Nevins, Kapitän des in Diensten der Collins & West Shipping Lines stehenden Containerschiffs
Earl of Wattlesfield,
saß auf
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