Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
für clever, brauchst aber mich , um deine Politik zu formulieren . Ha!
»Schön, Sie zu sehen, Genosse Minister«, grüßte Bondarenko, als er zur Tür hereinkam. Golowko winkte ihn in einen Sessel und schenkte Wodka aus, den Treibstoff einer jeden russischen Geschäftssitzung. Der Generalleutnant nahm, wie es sich gehörte, einen kleinen Schluck und bedankte sich förmlich für die Gastlichkeit. Er war durchaus häufiger bei Golowko zu Besuch – meist abends nach Dienstschluss –, doch diesmal gab es einen offiziellen Anlass, und es war erst kurz nach Mittag. Früher wäre ihm eine solche Einladung in die KGB-Zentrale auf den Magen geschlagen, doch zu Russlands gegenwärtigem Chefspion pflegte er eine durchaus herzliche Beziehung.
»Nun, Gennadi Josifowitsch, ich habe mit Präsident Gruschawoi über Sie und Ihre Pläne gesprochen, und wir, der Präsident und ich, sind der Meinung, dass Sie zu Ihren drei Sternen nun endlich einen vierten dazu bekommen sollten – und obendrein auch eine neue Aufgabe.«
»Wirklich?« Bondarenko war nicht etwa überrascht, wurde aber plötzlich ein bisschen argwöhnisch. Einem anderen die eigene Beförderung verdanken zu müssen war nicht immer günstig, auch wenn man den anderen wie in diesem Fall durchaus sympathisch fand.
»Ja. Ab nächsten Montag sind Sie Generaloberst Bondarenko. Und dann werden Sie den Oberbefehl über unsere Streitkräfte Fernost führen.«
Bondarenko machte große Augen, denn er sah einen lang gehegten Traum in Erfüllung gehen. »Oh. Darf ich fragen, warum ausgerechnet Fernost?«
»Ich teile Ihre Sorgen bezüglich unserer gelben Nachbarn. Mir liegen GRU-Berichte vor, wonach die chinesischen Bodenstreitkräfte ihre Manöver im Grenzbereich fortsetzen, und was aus Peking zu hören ist, bestätigt unsere Befürchtungen. Darum sind wir, Eduard Petrowitsch und ich, der Ansicht, dass unsere Verteidigung im Osten verstärkt werden sollte. Das wird Ihre Aufgabe sein, Gennadi. Wenn Sie Erfolg haben, dürften Sie wohl noch weiter nach oben kommen.«
Das konnte nur eines bedeuten, dachte Bondarenko und verzog dabei keine Miene. Auf die vier Sterne des Generalobersts folgte nur noch der eine große Stern des Marschalls, die höchste Rangstufe im russischen Militär. Danach wurde man Oberbefehlshaber der gesamten Streitkräfte oder Verteidigungsminister oder aber man ließ sich in den Ruhestand verabschieden und schrieb seine Memoiren.
»Es gibt da ein paar Männer, die ich gern mit nach Tschabarsowil nehmen würde, Mitglieder meines Stabes«, sagte der General nachdenklich.
»Das ist Ihr gutes Recht. Haben Sie schon Vorstellungen, wie Sie die Sache anpacken?«
»Wollen Sie das wirklich wissen?«, entgegnete der frisch gebackene Vier-Sterne-General.
Golowko grinste breit. »Verstehe. Sie wollen die russische Armee nach Ihrem Bilde umgestalten.«
»Nicht nach meinem Bilde, Genosse Minister, sondern zu einer auf Sieg abonnierten Streitmacht, wie wir sie schon 1945 hatten. Es gibt Bilder, die reizen dazu, verunstaltet zu werden, und es gibt solche, an die man sich gar nicht erst herantraut. Welches wäre Ihnen lieber?«
»Wie hoch werden die Kosten sein?
»Sergei Nikolaiewitsch, ich bin weder Ökonom noch Buchhalter, aber eins weiß ich: Der Umbau wird uns sehr viel weniger teuer kommen als der Verzicht darauf.« Bondarenko würde jetzt auch auf eine engere Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten seines Landes pochen können. Er wünschte sich, dass man hier ebenso viel Geld aufbrächte für das, was in Amerika diskreterweise ›nationale Technologie‹ genannt wurde, also für strategische Aufklärungssatelliten. Nun, er würde sich mit dem Vorhandenen begnügen müssen, und vielleicht konnte er die Luftstreitkräfte dazu überreden, ein paar Sonderflüge zu unternehmen...
»Ich werde mit Präsident Gruschawoi auch darüber sprechen.« Was aber wohl nicht viel bewirken würde. Noch war Ebbe in den Kassen, und die erwartete Flut würde noch eine Weile auf sich warten lassen.
»Werden uns die neu entdeckten Bodenschätze in Sibirien nicht über die Runden helfen können?«
Golowko nickte. »Ja, aber erst in ein paar Jahren. Gedulden Sie sich noch ein bisschen, Gennadi.«
Der General nahm einen letzten Schluck Wodka. »Die Frage ist, ob sich die Chinesen auch noch so lange gedulden werden.«
Golowko teilte die Sorge seines Gastes. »Stimmt, sie exerzieren schärfer als je zuvor.« Die andauernden Truppenübungen waren auch auf Seiten der Beobachter
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