Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
wollte sich keiner anlegen. Denn auch Kriminelle strengten mitunter den Kopf an, und so kamen sie darauf, dass einer Großmutter die Rente abzujagen weniger riskant war als ein Anschlag auf bewaffnete Bullen.
»Unsere russischen Freunde werden doch hoffentlich Stillschweigen bewahren, oder?«
»Ich glaube, darauf können wir uns verlassen, Jack«, antwortete Ed Foley.
»Spricht was dagegen?«
Ryan glaubte hören zu können, wie der DCI in seinem Sessel nervös hin und her rutschte. »Eigentlich nicht. Ich glaube, wir können zusagen.«
»Dann tun Sie das«, sagte der Präsident.
»Okay, die Antwort geht heute noch raus.«
Eine Kopie ging natürlich an Hereford. Sie kam kurz vor Toresschluss auf Johns Schreibtisch zu liegen. Er rief Al Stanley zu sich.
Der las das Fax und bemerkte: »Es scheint, wir werden berühmt, John.«
»Das gefällt Ihnen, was?«, sagte Clark und zeigte sich weniger erfreut dabei. Beide hatten früher als verdeckte Ermittler gearbeitet, und wenn es eine Möglichkeit gab, sich für andere unsichtbar zu machen und selbst der eigenen Aufsicht ihre Namen und Aktivitäten zu verschweigen, dann kannten sie diese längst.
»Ich nehme an, Sie werden die Sache selbst in die Hand nehmen. Wer soll Sie nach Moskau begleiten?«
»Ding und Team-2. Ding und ich waren schon mal vor Ort und haben Sergei Nikolaiewitsch kennen gelernt. So muss er sich nicht erst an neue Gesichter gewöhnen.«
»Ja, und wenn ich mich recht erinnere, sprechen Sie fließend Russisch.«
»Ich hatte gute Lehrer in Monterey.«
»Wie lange werden Sie weg sein? Was glauben Sie?«
Clark warf noch einmal einen Blick auf das Fax und dachte nach. »Ich schätze, ungefähr drei Wochen, länger nicht. Die Spetsnaz-Leute sind nicht schlecht. Vielleicht können wir sie irgendwann einmal zu einem Gegenbesuch einladen.«
Das britische Verteidigungsministerium im Allgemeinen und der SAS im Besonderen würden, wenn sie diesen Vorschlag hörten, einen hysterischen Anfall bekommen, ihm aber am Ende wahrscheinlich stattgeben. So etwas wurde Diplomatie genannt, und deren Prinzipien waren für die meisten Länder verbindlich, ob es ihnen gefiel oder nicht.
»Das halte ich für durchaus wahrscheinlich, John«, sagte Stanley, der im Geiste schon das Zetermordio-Geschrei von den Kollegen und aus Whitehall hörte.
Clark nahm den Telefonhörer zur Hand und klingelte bei seiner Sekretärin Helen Montgomery durch. »Helen, würden Sie bitte bei Ding anrufen und ihn zu mir ins Büro kommen lassen? Danke.«
»Sein Russisch ist auch nicht schlecht, nicht wahr?«
»Er hat die gleiche Schule besucht wie ich. Allerdings klingt er wie jemand aus dem Süden.«
»Und Ihr Akzent?«
»Leningrad … ich meine natürlich St. Petersburg. Ich kann’s noch immer kaum glauben.«
Stanley nahm Platz. »Mir geht’s ähnlich, obwohl es mittlerweile schon über zehn Jahre her ist, dass sie die rote Fahne über dem Erlöserturm eingeholt haben.«
Clark nickte. »Ich erinnere mich, wie ich diese Szene im Fernseher gesehen habe und darüber fast ausgeflippt wäre.«
»Hi, John«, meldete sich eine vertraute Stimme von der Tür aus.
»Komm rein und setz dich, mein Junge.«
Die Anrede machte Chavez stutzig, denn immer wenn John ihn ›mein Junge‹ nannte, lag was in der Luft. Aber es hätte auch schlimmer kommen können. Wenn der Schwiegervater ›Kid‹ sagte, drohte Unheil, und darauf legte es Domingo jetzt, da er Vater und Ehemann war, nicht mehr an. Er trat vor Clarks Schreibtisch und ließ sich die gefaxten Seiten reichen.
»Moskau?«, fragte er.
»Unser Chef hat schon seinen Segen dazu gegeben.«
»Na prima«, sagte Chavez. »Wir haben Mr. Golowko schon seit einer Weile nicht gesehen. Ich nehme an, der Wodka hat die Wende gut überstanden.«
»Darauf ist Verlass«, sagte John.
»Und jetzt wollen sie von uns lernen?«
»Sieht so aus.«
»Nehmen wir unsere Frauen mit?«
»Nein.« Clark schüttelte den Kopf. »Die Tour ist rein geschäftlich.«
»Wann soll’s losgehen?«
»Weiß noch nicht genau. Vielleicht in einer Woche.«
»Von mir aus.«
»Was macht der Kleine?«
Ein Grinsen. »Krabbelt tapfer. Fängt schon an, sich hochzuziehen. Es dauert bestimmt nicht mehr lange, und er kann laufen.«
»Domingo, das erste Jahr hoffst du darauf, dass sie laufen, und in den 20 folgenden Jahren wär’s dir lieber, sie würden sich mal hinsetzen und die Klappe halten«, warnte Clark.
»Was soll ich dir sagen, der Kleine schläft die ganze Nacht
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