Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
dranzubleiben war leichter als gedacht. Ein Auto im Schlepp fiel auf, so auch zwei, die sich alle paar Minuten abwechselten. Aber mit dreien war auch ein KGBler überfordert. Sein wirksamster Schutz lag in der verdeckten Identität. Doch die war jetzt dank gründlicher Ermittlung – und einem Quäntchen Glück – enthüllt. Bullen kannten sich mit Letzterem aus, im Gegensatz zum KGB, der in seiner Manie, alles im Griff zu halten, von Glück nichts hatte wissen wollen. Prowalow vermutete, dass Koniew/Suworow nicht viel im Einsatz gewesen war. Auf offener Straße lernte man nämlich ziemlich schnell, auch auf Zufälle zu achten.
Man hielt zu dem verfolgten Wagen die ganze Zeit über einen relativ großen Abstand. Der Lieferwagen war für solche Zwecke speziell frisiert. Per Knopfdruck ließen sich die Nummernschilder auswechseln, und auch das Fahrlicht konnte nach Belieben verändert werden, denn darauf achtete ein gewiefter Ganove bei Dunkelheit. Schwerer hatte es da der vorausfahrende Wagen, dessen Fahrer schließlich nicht ahnen konnte, ob die Zielperson an der nächsten Kreuzung abbiegen würde oder nicht. Falls ja, musste er sich von den Kollegen in den anderen Fahrzeugen in die Vorausposition zurücklotsen lassen. Aber immerhin waren alle an dieser Fahndung Beteiligten erfahrene Ermittler in Mordsachen, die gelernt hatten, dem gefährlichsten Wild überhaupt nachzustellen, nämlich Leuten, die bereit waren, anderen das Leben zu nehmen. Und selbst die dümmsten Mörder besaßen einen Rest an Schläue, gewonnen aus Fernsehsendungen, in denen Polizeiarbeit demonstriert wurde. Das machte Ermittlungen unnötig schwierig. Doch in Fällen wie diesem zwang die zusätzliche Schwierigkeit zu einer noch gründlicheren Vorgehensweise.
»Er fährt rechts ab«, sagte Prowalows Fahrer über Funk. »Lieferwagen übernimmt Führung.« Der vorausfahrende Wagen würde bis zur nächsten Kreuzung durchfahren, dort rechts abbiegen und auf Umwegen und mit hohem Tempo in seine Vorausposition zurückkehren, während sich das erste der beiden Verfolgerautos hinter den Lieferwagen zurückfallen ließe und für eine Weile aus dem Blickfeld verschwände. Der verfolgte Wagen war doch einer der unzähligen Fiat-Klone aus Togliattistad und umso unauffälliger, weil cremefarben lackiert.
»Wenn er gedacht hat, er könnte uns damit abhängen, muss er sich sehr sicher fühlen.«
»Ja«, stimmte Prowalow zu. »Mal sehen, was er sonst noch drauf hat.«
Dieses ›sonst noch‹ zeigte sich vier Minuten später. Der Fiat bog urplötzlich rechts ab, aber nicht in eine Querstraße, sondern in die Unterführung eines lang gezogenen Wohnblocks. Der Vorauswagen raste bis ans Ende der Häuserreihe weiter und hatte das Glück, den Fiat in rund 30 Meter Entfernung aus dem Tunnel auftauchen zu sehen.
»Wir haben ihn«, krächzte es im Lautsprecher. »Halten uns aber jetzt lieber ein bisschen zurück.«
»Gas!«, forderte Prowalow seinen Fahrer auf. Der beschleunigte den Lieferwagen bis zur Ecke, während Prowalow den Schalter kippte, um die Nummernschilder zu wechseln und das Fahrlicht zu ändern.
»Ja, er fühlt sich sehr sicher«, bemerkte Prowalow fünf Minuten später. Der Lieferwagen war jetzt in erster Position dicht hinter dem Fiat, die beiden anderen Fahrzeuge hingen ein Stück zurück. Wo immer Koniew/Suworow hin wollte, sie würden ihn nicht aus dem Auge verlieren. Vorsichtig wie er war, hatte er sein Ausweichmanöver vollzogen, in den Rückspiegel geschaut, nichts Auffälliges mehr gesehen und offenbar daraus den Schluss gezogen, dass ihm niemand folgte. Sehr gut, dachte der Leutnant der Miliz. Schade, dass sein amerikanischer Freund nicht dabei war. Das FBI hätte die Sache nicht besser machen können, trotz der sehr viel besseren Mittel, die ihm zur Verfügung standen. Dafür kannten sich seine Männer in Moskaus Straßen ebensogut aus wie langjährige Taxifahrer.
»Er will bestimmt zu Abend essen und was trinken«, behauptete Prowalows Fahrer. »Ich wette, er hält gleich irgendwo an.«
»Wir werden sehen«, sagte Prowalow, der ähnlich dachte. In dieser Gegend gab es zehn oder elf gute Restaurants. Für welches würde sich der Kerl entscheiden?
Es war der ›Prinz Michael von Kiew‹, ein ukrainisches Restaurant, spezialisiert auf Hühnchen und Fisch, aber auch bekannt für seine Bar. Koniew/Suworow stieg vor dem Eingang aus und ließ den Fiat von einem Türsteher auf den Parkplatz fahren.
»Wer von uns trägt die besten
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