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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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riss er seine Pistole aus dem Holster und eine bisher nur verworrene Situation nahm plötzlich tödlichen Charakter an.
    »Nein!«, schrie Kardinal DiMilo und eilte auf den Polizisten zu. Als dieser sich nach der Quelle des Lärms umblickte, sah er einen älteren Ausländer in eigenartiger Kleidung auf sich zustürzen. Die erste Reaktion des Polizisten war, dem Ausländer mit der flachen linken Hand ins Gesicht zu schlagen.
    Renato Kardinal DiMilo war seit seiner Kindheit nicht mehr geschlagen worden und sein geistlicher und diplomatischer Status machte diesen Affront gegen seine Person nur umso gravierender. Und dann auch noch von so einem Jüngelchen geschlagen zu werden! Er wich von der Wucht des Schlages kurz zurück, doch dann stieß er den Polizisten beiseite, um Yu zu helfen, diesen mörderischen Doktor von dem Baby fernzuhalten, das gerade geboren wurde. Der Arzt drohte das Gleichgewicht zu verlieren, und als er dabei die Spritze in die Luft hielt, entriss sie ihm der Kardinal und schleuderte sie an die Wand, wo sie allerdings nicht zerbrach, da sie aus Plastik war. Doch zumindest verbog sich die Injektionsnadel.
    Hätten die Polizisten besser verstanden, worum es ging, oder wären sie auch nur besser ausgebildet gewesen, wäre an diesem Punkt Schluss gewesen. Aber dem war nicht so. Inzwischen hatte der ältere Polizist seine Pistole vom Typ 77 gezogen und schlug damit nun dem Kardinal auf den Hinterkopf. Der Schlag war jedoch schlecht platziert und alles, was er bewirkte, war, DiMilo kurz ins Wanken geraten zu lassen und ihm eine Platzwunde beizubringen.
    Jetzt sah sich Monsignore Schepke gefordert. Sein Kardinal war angegriffen worden – der Mann, für dessen Sicherheit er verantwortlich war. Er war Priester und durfte als solcher keine tödliche Gewalt anwenden. Er durfte nicht angreifen. Aber er durfte verteidigen. Das tat er jetzt. Er packte die Pistole des älteren Polizisten und riss sie nach oben, fort von den anderen Anwesenden, damit sie keinen Schaden anrichten konnte. Aber dabei löste sich ein Schuss, und obwohl die Kugel nur in der Betondecke des Zimmers platt gedrückt wurde, war der Knall in dem winzigen Raum ohrenbetäubend.
    Nun dachte der jüngere Polizist, sein Partner würde angegriffen. Er wirbelte herum und feuerte, verfehlte aber Schepke und traf Kardinal DiMilo in den Rücken. Das Geschoss vom Kaliber 30 durchschlug den Körper des Kirchenmannes und zerfetzte seine Milz. Die Schmerzen überraschten DiMilo, aber sein Blick war auf das herauskommende Baby geheftet.
    Das Krachen des Schusses hatte Lien-Hua so heftig erschreckt, dass sie reflexartig zu pressen begann. Das Baby kam heraus und wäre um ein Haar – Kopf voran – auf den Boden gefallen, hätte es Reverend Yu nicht im letzten Augenblick mit ausgestreckten Hände aufgefangen und ihm so wahrscheinlich das Leben gerettet. Er lag seitlich auf dem Boden und sah, dass der zweite Schuss seinen katholischen Freund schwer verletzt hatte. Darauf richtete er sich mit dem Baby im Arm auf und starrte den jungen Polizisten finster an.
    »Huai dan! «, schrie er: Schuft ! Er schien völlig vergessen zu haben, dass er das Neugeborene in den Armen hielt, denn er stapfte wutentbrannt auf den verwirrten und verängstigten Polizisten zu.
    Automatisch wie ein Roboter streckte dieser nur den Arm aus und schoss den Baptistenprediger in die Stirn.
    Yu wurde herumgerissen und fiel zu Boden, landete aber zum Glück mit dem Rücken auf dem Kardinal, dessen Brustkorb den Fall des Neugeborenen bremste.
    »Nicht!«, schrie der andere Polizist seinen jungen Partner an. Aber es war bereits zu spät. Reverend Yu war tot. Aus seinem Hinterkopf ergoss sich ein Schwall Blut auf den schmutzigen Fliesenboden.
    Der Arzt war der Erste, der vernünftig reagierte. Nachdem das Baby jetzt geboren war, konnte er es nicht mehr töten. Deshalb nahm er es aus Yus toten Armen und hob es an den Füßen hoch, um ihm einen Klaps auf das Hinterteil zu geben. Aber es begann von selbst zu schreien. Dann hat dieser Irrsinn wenigstens ein Gutes gehabt, dachte der Arzt so automatisch, wie der Polizist den tödlichen Schuss abgegeben hatte. Dass er das Neugeborene noch 60 Sekunden zuvor hatte töten wollen, war eine ganz andere Sache. Zu diesem Zeitpunkt war es noch lediglich nicht genehmigtes Gewebe gewesen. Jetzt war es ein atmender Bürger der Volksrepublik China, den zu schützen seine Pflicht als Arzt war. Diese Dichotomie sollte ihn allerdings nicht weiter beschäftigen,

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