Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
angesehen.«
»Ihre Meinung?«
»Wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich meine Waffe nicht stecken gelassen. Das war kaltblütiger Mord. Sieht ziemlich blöd aus im Fernsehen, wenn man so was Idiotisches macht, Sir.«
»Das können Sie laut sagen«, pflichtete ihr der Präsident bei. Fast hätte er sie um ihre Meinung gefragt, was er in dieser Sache unternehmen sollte. Ryan gab viel auf Mrs. O’Days (bei der Arbeit lief sie noch unter Price) Urteil, aber es wäre nicht fair gewesen, sie sich über außenpolitischen Fragen den Kopf zerbrechen zu lassen. Im Übrigen stand seine Meinung bereits mehr oder weniger fest. Doch dann rief er per Schnellwahl Adler an.
»Ja, Jack?« Nur ein Mensch konnte ihn auf diesem Anschluss anrufen.
»Was halten Sie von dem SORGE-Material?«
»Leider überrascht es mich nicht. Man muss bei denen immer damit rechnen, dass sie sich einigeln.«
»Und was sollen wir jetzt machen?«, wollte SWORDSMAN wissen.
»Wir sagen, was wir denken, aber wir sollten es nicht schlimmer machen, als es bereits ist«, antwortete der Außenminister, vorsichtig wie immer.
»Richtig«, brummte Ryan, obwohl das genau die Art von gutem Rat war, die er vom Außenminister erwartet hatte. Dann legte er auf. Er erinnerte sich, dass Arnie van Damm ihm vor langer Zeit mal gesagt hatte, ein Präsident dürfe kein Temperament haben, aber das war verdammt viel verlangt. Und von welchem Punkt an durfte er so reagieren, wie ein Mann reagieren musste? Wann durfte er endlich mal aufhören, sich wie ein bescheuerter Roboter zu verhalten?
»Soll Callie schnell was für Sie ausarbeiten?«, erkundigte sich van Damm übers Telefon.
»Nein«, antwortete Ryan kopfschüttelnd. »Ich werde improvisieren.«
»Das halte ich für keine gute Idee«, warnte der Stabschef.
»Arnie, lassen Sie mich wenigstens einmal ich selbst sein, okay?«
»Okay, Jack«, erwiderte van Damm, und es war nur gut, dass der Präsident sein Gesicht nicht sehen konnte.
Mach die Sache nicht schlimmer, als sie bereits ist, sagte sich Ryan an seinem Schreibtisch. Aber klar doch, als ob das überhaupt noch möglich wäre …
»Hi, Pap«, sagte Robby Jackson in seinem Büro in der Nordwestecke des Westflügels.
»Robert, hast du das gesehen…«, kam die Stimme seines Vaters aus dem Hörer.
»Ja, wir haben es alle gesehen«, versicherte der Vizepräsident seinem Vater.
»Und was werdet ihr in dieser Sache unternehmen?«
»Pap, darüber sind wir uns noch nicht ganz im Klaren. Vergiss nicht, wir müssen mit diesen Leute Geschäfte machen. Die Jobs vieler Amerikaner hängen vom Handel mit China ab und …«
»Robert!« Robbys richtigen Vornamen benutzte Reverend Hosiah Jackson meistens dann, wenn es ihm mit etwas besonders ernst war. »Diese Leute haben einen Gottesmann ermordet – nein, Entschuldigung, sie haben zwei Gottesmänner ermordet, die ihre Pflicht getan und das Leben eines unschuldigen Kindes zu retten versucht haben! Und mit Mördern macht man keine Geschäfte.«
»Das weiß ich und es gefällt mir genauso wenig wie dir. Und glaub mir, Jack Ryan gefällt es auch nicht. Aber bei der Außenpolitik für unser Land müssen wir sehr überlegt handeln, denn wenn wir Mist bauen, kann das eine Menge Menschen das Leben kosten.«
»Einige hat es bereits das Leben gekostet, Robert.«
»Ich weiß, Pap. Aber schau, ich weiß etwas mehr über diese Sache also du. Damit will ich sagen, wir haben Möglichkeiten, Dinge in Erfahrung zu bringen, die CNN nicht zeigt.« Der Vizepräsident hielt gerade den jüngsten SORGE-Bericht in der Hand. Er hätte ihn gern seinem Vater gezeigt, da dieser intelligent genug war, um die Wichtigkeit der Geheiminformationen zu begreifen, die ihm und Ryan vorlagen. Aber er durfte nicht einmal im Traum daran denken, über so etwas auch nur mit jemanden zu sprechen, wenn der Betreffende keine offizielle Zugriffsgenehmigung für Verschlusssachen hatte. Dazu gehörten übrigens auch seine Frau und Ryans Frau Cathy. Hmm, dachte Jackson – das war etwas, worüber er vielleicht mal mit Jack reden sollte. Man musste doch die Möglichkeit haben, über solche Dinge mit jemanden zu sprechen, dem man vertraute, einfach um sich noch einmal zu vergewissern, was falsch und was richtig war. Und ihre Frauen waren doch kein Sicherheitsrisiko, oder?
»Wie was zum Beispiel?«, fragte sein Vater, ohne wirklich mit einer Antwort zu rechnen.
»Du weißt, dass ich über bestimmte Dinge nicht mit dir sprechen darf, Pap. Tut mir leid.
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