Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
Ryan.
TOMCAT ließ mit der Antwort auf sich warten. »Er wird den Zorn Gottes auf diese Dreckskerle herabbeschwören. Er wird Reverend Yu als einen Märtyrer für seinen christlichen Glauben ausrufen und ihn in eine Reihe mit den Makkabäern des Alten Testaments und diesen ganzen todesmutigen Leuten stellen, die die Römer den Löwen vorgeworfen haben. Arnie, haben Sie je erlebt, wie ein Baptistenprediger die Rache Gottes auf jemanden herabbeschworen hat? Der Super Bowl ist nichts dagegen, kann ich Ihnen sagen. Reverend Yu steht in diesem Moment stolz erhobenen Hauptes vor unserem Herrn Jesus Christus, aber die Schweine, die ihn auf dem Gewissen haben, haben bereits ihre Plätze im ewigen Höllenfeuer reserviert. Warten Sie nur, bis er mal so richtig loslegt! Da können Sie sich auf was gefasst machen, meine Herren. Ich habe das schon einige Male miterlebt. Und Gerry Patterson steht ihm nicht viel nach.«
»Und das Schlimme an der Sache ist, dass ich nichts finden kann, was am Vorgehen dieser zwei Männer auszusetzen wäre«, bemerkte Ryan. »Meine Güte, sie sind bei dem Versuch gestorben, das Leben eines Kindes zu retten! Wenn man schon sterben muss, ist das bestimmt nicht der schlechteste Grund.«
»Beide starben wie Männer, Mr. C.«, sagte Chavez in Moskau. »Nur schade, dass ich nicht dabei war, mit einer Waffe natürlich.« Ding war diese Geschichte ganz schön unter die Haut gegangen. Seit er selbst Vater war, sah er viele Dinge völlig anders, und dies gehörte dazu. Das Leben eines Kindes war heilig, und wer ein Kind bedrohte, hatte in seiner moralischen Welt ohne Wenn und Aber den Tod verdient. Und in der realen Welt war er dafür bekannt, dass er fast immer eine Waffe bei sich trug und damit umzugehen wusste.
»Die Menschen sehen eben nicht alle Dinge gleich«, sagte Clark zu seinem Schwiegersohn. Wenn er dabei gewesen wäre, hätte er die beiden chinesischen Polizisten entwaffnet. Auf dem Video hatten sie nicht gerade einen sehr furchteinflößenden Eindruck gemacht. Und man brachte andere Menschen nicht um, bloß um ein Statement abzugeben. Bei Domingo kam immer noch sein lateinamerikanisches Temperament durch, stellte Clark fest. Und das war nicht das Schlechteste, oder?
»Was willst du damit sagen, John?«, fragte Ding überrascht.
»Damit will ich sagen, dass gestern zwei gute Männer gestorben sind und ich mir vorstellen kann, dass Gott ihren Seelen gnädig sein wird.«
»Warst du mal in China?«
Er schüttelte den Kopf. »Einmal in Taiwan, vor langer Zeit, für den militärischen Aufklärungsdienst. War ganz okay. Ansonsten nur in Nordvietnam. Ich spreche die Sprache nicht und ich kann mich nicht unauffällig unter die Leute mischen.« Beide Vorstellungen hatten etwas vage Beängstigendes für Clark. Die Möglichkeit, sich völlig seiner Umgebung anzupassen, war für jeden Geheimagenten eine Grundvoraussetzung.
Sie saßen nach ihrem ersten Arbeitstag in Russland in der Bar eines Moskauer Hotels. Das Bier vom Fass war akzeptabel. Keiner von beiden war in der Stimmung für Wodka. In dieser Bar, in der viele Amerikaner verkehrten, lief auf dem Großbildfernseher neben der Theke CNN und der Vorfall in Peking war im Moment auf der ganzen Welt CNNs Hauptnachricht. Die amerikanische Regierung, schloss der Bericht, hatte noch nicht auf den Vorfall reagiert.
»Was wird Ryan jetzt wohl tun?«, fragte sich Chavez.
»Keine Ahnung. Im Moment ist ja gerade eine Handelsdelegation in Peking«, erinnerte Clark ihn.
»Könnte durchaus sein, dass die Herren Diplomaten jetzt etwas schärfere Töne anschlagen«, behauptete Domingo.
»Scott, das können wir ihnen nicht einfach durchgehen lassen«, sagte Ryan. Ein Anruf aus dem Weißen Haus hatte Adlers Dienstwagen hierher gebracht statt nach Foggy Bottom.
»Es ist aber, genau genommen, für Handelsgespräche nicht relevant«, bemerkte der Außenminister.
»Vielleicht wollen Sie ja mit solchen Leuten Geschäfte machen«, schaltete sich Vizepräsident Jackson ein, »aber die Bevölkerung außerhalb des Regierungsbezirks könnten das etwas anders sehen.«
»Wir müssen in diesem Fall unbedingt die öffentliche Meinung berücksichtigen, Scott«, bestätigte Ryan. »Und Sie wissen, wir müssen auch meine Meinung berücksichtigen. Diese Morde sind nichts, worüber wir einfach hinwegsehen können. Italien ist NATO-Mitglied. Deutschland ebenfalls. Und wir unterhalten diplomatische Beziehungen zum Vatikan und haben etwa siebzig Millionen Katholiken im
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