Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
dachten ähnlich, aber er hätte das wohl anders gesehen. Es waren andere Zeiten damals, Iwan Emmetowitsch. Härtere Zeiten. Auch Ihr Vater war im Krieg, soweit ich mich erinnere.«
»Luftlandetruppen, 101 st Air Assault Division. Er sprach nicht viel darüber, erzählte nur die lustigen Anekdoten. Er erwähnte einmal, der nächtliche Absprung über der Normandie sei ziemlich unheimlich gewesen – aber das war es auch schon. Wie es sich anfühlt, wenn man im Dunkeln herumrennt und Menschen auf einen schießen, das hat er nicht gesagt.«
»In diesem Fall ist es bestimmt nicht sehr angenehm, Soldat zu sein.«
»Das ist anzunehmen. Aber Menschen in den Krieg zu schicken ist auch nicht gerade ein Vergnügen. Verdammt noch mal, Sergei – ich bin doch dafür da, Menschen zu beschützen, nicht, ihr Leben zu riskieren!«
»Deswegen sind Sie ja nicht gleich wie Hitler. Oder wie Stalin«, fügte der Russe höflich hinzu. »Und so verhält es sich auch mit Eduard Petrowitsch. Wir leben in einer ruhigeren Zeit, ruhiger als diejenige unserer Väter und Onkel. Aber noch nicht ruhig genug. Wann werden Sie wissen, wie unsere chinesischen Freunde auf die gestrigen Ereignisse reagieren?«
»Bald, hoffe ich, aber wir können es nicht genau sagen. Sie wissen ja, wie das abläuft.«
»Da .« Man war auf die Berichte seiner Geheimagenten angewiesen, aber nie sicher, wann sie eintreffen würden, und mit der Ungewissheit ging die Frustration einher. Manchmal verspürte man den Drang, ihnen den Hals umzudrehen, doch das war ebenso töricht wie moralisch falsch, das war ihnen beiden klar.
»Gab es irgendeine öffentliche Reaktion?«, fragte Ryan. Wenn ja, dann würden die Russen sie eher mitbekommen haben als seine Leute.
»Keine Reaktion, Mr. President. Keinerlei Kommentar in der Öffentlichkeit. Das war vorauszusehen, ist aber dennoch enttäuschend.«
»Falls sie sich in Bewegung setzen – können Sie sie aufhalten?«
»Präsident Gruschawoi hat dieselbe Frage der stavka gestellt, seinen vereinigten Stabschefs, aber die haben noch keine endgültige Antwort gegeben. Wir sorgen uns um die Sicherheit der Operation. Die VRC soll nicht erfahren, dass wir etwas wissen.«
»Das könnte gegen Sie arbeiten«, warnte ihn Ryan.
»Genau darauf habe ich heute morgen auch hingewiesen, aber Soldaten haben ihre eigenen Ansichten, nicht wahr? Wir berufen gerade die Reserve ein, und an einige gut ausgerüstete Einheiten ist die Order gegangen, sich einsatzbereit zu halten. Doch zurzeit sind die Truhen ziemlich leer, wie ihr Amerikaner sagen würdet.«
»Was haben Sie wegen der Leute unternommen, die versucht haben, Sie umzubringen?«, wechselte Ryan das Thema.
»Der Anführer befindet sich momentan unter ständiger Beobachtung. Sollte er wieder etwas versuchen, werden wir mit ihm reden«, versicherte Golowko. »Sie wissen ja, dass auch diese Sache in Zusammenhang mit den Chinesen steht.«
»Ich habe davon gehört.«
»Ihr FBI-Agent in Moskau, dieser Reilly, ist sehr talentiert. Den hätten wir gut in der Zweiten Hauptverwaltung gebrauchen können.«
»Ja, Dan Murray hält viel von ihm.«
»Wenn sich diese chinesische Angelegenheit ausweitet, sollten wir eine Verbindungsgruppe zwischen Ihrem und unserem Militär einrichten.«
»Arbeiten Sie über den Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa«, entgegnete Ryan. Diesen Schritt hatte er bereits gründlich durchdacht. »SACEUR hat Anweisung, mit Ihren Leuten zu kooperieren.«
»Danke, Mr. President. Ich werde das weitergeben. Nun – und wie geht es Ihrer Familie?« Diese Art von Zusammenkunft war ohne den Austausch belangloser Nettigkeiten undenkbar.
»Sally, meine Älteste, geht schon mit Jungs aus. Damit tut sich der Daddy schwer«, gab Ryan zu.
»Verstehe.« Golowko erlaubte sich ein Lächeln. »Sie fürchten wohl, dass sie einem Jungen begegnet, der so ist, wie Sie selbst früher einmal waren?«
»Nun, der Secret Service trägt dazu bei, die Kerle unter Kontrolle zu halten.«
»O ja, bewaffnete Männer haben so einiges für sich«, stimmte der Russe leicht belustigt zu.
»Ja, aber ich persönlich halte Töchter für eine Strafe Gottes.« Diese Bemerkung brachte Ryan einen Lacher ein.
»So ist es, Iwan Emmetowitsch, so ist es.« Sergei schwieg einen Moment lang. Dann kam er wieder auf das Geschäftliche zu sprechen. »Es ist eine schwere Zeit für uns beide, nicht wahr?«
»Ja, das stimmt.«
»Vielleicht bezähmen die Chinesen doch noch ihre Habgier, wenn sie
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