Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
Kinder sich auf den Weg zur Schule gemacht hatten, kleideten die Eltern sich vollständig an und schlenderten zu ihrem Dienstwagen, komplett mit Chauffeur und Begleitfahrzeug. Seltsamerweise wurde nur der Wagen bewacht, nicht aber das Haus. Ein Terrorist musste also lediglich so schlau sein, das Gebäude ins Visier zu nehmen – was nicht besonders schwer war. Im Auto lagen die internen Mitteilungen bereit, der Early Bird , aber heute morgen besaß er für keinen der beiden besondere Anziehungskraft. Die Comics in der Post waren interessanter, besonders ihr Lieblings-Strip ›Non Sequitur‹, und natürlich die Sportseiten.
»Was meinst du?«, wollte Mary Pat von Ed wissen. Er war überrascht, da seine Frau ihn nicht oft nach seiner Ansicht über eine Feldoperation fragte.
Er zuckte die Achseln und reichte ihr den Karton mit den Donuts. »Darum könnten wir genauso gut eine Münze werfen, Mary.«
»Wahrscheinlich schon. Ich kann nur hoffen, dass es diesmal Kopf ist.«
»Ich nehme an, Jack wird uns in … anderthalb Stunden fragen.«
»So ungefähr«, bestätigte die DDO leise.
»Dieses Ding mit der NATO müsste eigentlich funktionieren und die Chinesen dazu bringen, sich das Ganze noch einmal zu überlegen«, dachte der DCI laut.
»Darauf würde ich nicht unbedingt meinen Hut verwetten, Schatz«, warnte Mary Pat ihn.
»Ich weiß.« Eine Minute lang herrschte Schweigen. »Wann steigt Jack in den Flieger nach Hause?«
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »In zirka zwei Stunden.«
»Bis dahin sollten wir es wissen.«
»Stimmt«, sagte sie.
Zehn Minuten später waren sie dank der Morning Edition des National Public Radio über das Weltgeschehen im Bilde und trafen in Langley ein, wo sie wieder in der Tiefgarage parkten und den Aufzug in die siebte Etage nahmen. Dort trennten sie sich und begaben sich in ihre jeweiligen Büros. Damit war es diesmal Ed, der seine Frau überraschte. Sie war davon ausgegangen, dass er ihr über die Schulter sehen würde, wenn sie ihren Computer hochfuhr und nach einem weiteren ›Plätzchenrezept‹ Ausschau hielt, wie sie es nannte. Um sechs vor acht war es soweit.
»Sie haben Post«, verkündete die elektronische Stimme, als Mary auf ihr spezielles Internet-Account zugriff. Ihre Hand zitterte beinahe, als sie die Maus bewegte, um auf das richtige Symbol zu klicken. Die Mail kam herein, durchlief das Entschlüsselungsprogramm und erschien als Klartext, den sie nicht lesen konnte. Wie üblich speicherte Mary Pat das Dokument auf ihrer Festplatte, stellte sicher, dass es auch wirklich abgespeichert war, druckte es aus und löschte dann die Mail aus ihrem Posteingangskorb. Danach griff sie zum Telefon.
»Bitte schicken Sie mir sofort Dr. Sears hoch«, bat sie ihre Sekretärin.
Joshua Sears war an diesem Morgen auch früh dran. Er saß bereits an seinem Schreibtisch und vertiefte sich in den Finanzteil der New York Times , als der Anruf kam. In weniger als einer Minute war er im Aufzug, und kurz darauf stand er im Büro der Leiterin der Abteilung für verdeckte Operationen.
»Bitte sehr«, sagte Mary Pat und überreichte ihm sechs Seiten voller Ideogramme. »Nehmen Sie doch Platz.«
Sears ließ sich auf einem bequemen Stuhl nieder und begann mit der Übersetzung. Er bemerkte, dass die DDO gespannt wartete, und wagte eine erste Diagnose, als er sich der zweiten Seite zuwandte.
»Keine guten Neuigkeiten«, sagte er, ohne aufzuschauen. »Sieht so aus, als würde Zhang Ministerpräsident Xu in die von ihm gewünschte Richtung drängen. Fang ist zwar nicht wohl bei der Sache, aber er zieht trotzdem mit. Marschall Luo ist natürlich voll und ganz dabei, das war ja zu erwarten. Er war schon immer ein knallharter, rücksichtsloser Typ«, kommentierte Sears. »Das Gespräch hier dreht sich um die Sicherheit der Operation, sie fragen sich, ob wir vielleicht wissen, was sie vorhaben – aber sie denken, dass alles in Ordnung ist«, versicherte Sears der DDO.
Mary Pat lief es immer noch kalt den Rücken hinunter, wenn sie Zeugin davon wurde, wie der Feind (für Mary Pat war beinah jeder ›der Feind‹) darüber diskutierte, ob er möglicherweise abgehört werden konnte – dabei hatte sie gerade diesem Ziel ihr gesamtes Berufsleben gewidmet. Und fast jedes Mal hörte sie die Stimmen sagen, dass es da draußen niemanden wie sie geben konnte, der sie belauschte … Eigentlich hatte Mary Pat sich nie ganz von ihrem Posten in Moskau verabschiedet, damals, als sie Führungsoffizier des
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