Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
Ryan schnitt Holtzman ärgerlich das Wort ab.
»Davon will ich nichts hören! Die Regierung von Taiwan ist frei gewählt worden. Amerika unterstützt demokratische Regierungen. Und wieso? Weil wir für Freiheit und Selbstbestimmung sind. Weder ich noch unser Land hatten auch nur das Geringste mit den kaltblütigen Attentaten zu tun, die wir im Fernsehen miterleben mussten, mit dem Tod von Kardinal DiMilo, dem päpstlichen Nuntius, und mit der Ermordung des chinesischen Geistlichen Yu Fa An. Die gesamte zivilisierte Welt reagierte mit Abscheu auf die Handlungsweise der VR China. Doch sogar zu jenem Zeitpunkt hätte China die Situation noch retten können – durch die Ermittlung und Bestrafung der Täter. Aber man zog es vor, dies nicht zu tun. Also reagierte die Welt – auf das, was China ganz allein zu verantworten hat.«
»Aber worum geht es hier eigentlich? Warum zieht China an der Grenze zu Russland massiv Truppen zusammen?«
»Es sieht so aus, als würden die Chinesen etwas haben wollen, das den Russen gehört, nämlich die vor kurzem erst entdeckten Öl- und Goldvorkommen. Genau wie damals, als der Irak Kuwait überfiel. Er tat es wegen des Öls – und damit letzten Endes wegen des Geldes. Der Angriff auf Kuwait war nichts anderes als bewaffneter Raubüberfall, wie ihn ein Schlägertyp begehen würde, der einer alten Dame ihren Sozialhilfescheck stiehlt. Doch sobald eine solche Tat auf Nationalstaatsebene geschieht, akzeptieren wir sie aus irgendeinem Grund als etwas, das nun einmal vorkommt. Aber damit ist Schluss, Bob. Die Welt wird solche Übergriffe nicht mehr tolerieren. Und Amerika wird nicht tatenlos zuschauen, wenn so etwas unserem Verbündeten passiert. Cicero hat einmal gesagt, Rom wäre nicht durch Eroberungen groß und mächtig geworden, sondern dadurch, dass es seine Verbündeten gegen Angreifer verteidigt hat. Eine Nation verschafft sich Respekt, indem sie sich für etwas stark macht, nicht gegen etwas. Menschen werden nicht daran gemessen, wogegen sie sind, sondern wofür sie einstehen. Amerika steht für Demokratie, für die Selbstbestimmung der Völker. Wir stehen für Freiheit. Wir stehen für Gerechtigkeit. Wir haben der Volksrepublik China unmissverständlich klargemacht, dass Amerika sich an der Seite der Russen gegen jeden Aggressor stellen wird. Wir glauben an eine friedliche Weltordnung, in der Nationen auf ökonomischem Gebiet miteinander konkurrieren, nicht mit Panzern und Gewehren. Es sind schon genug Menschen getötet worden. Es ist Zeit, damit aufzuhören, und Amerika wird dafür sorgen, dass es aufhört.«
»Die USA als Weltpolizei?«, fragte Holtzman. Sofort schüttelte der Präsident den Kopf.
»Das nicht, aber wir werden unsere Verbündeten verteidigen. Und die Russische Föderation ist einer unserer Verbündeten. Wir werden dem russischen Volk zur Seite stehen«, erklärte Ryan.
»Und unsere jungen Menschen wieder in einen Krieg schicken?«
»Es muss nicht unbedingt Krieg geben, Bob. Bis jetzt herrscht noch nicht Krieg, und weder Amerika noch Russland werden ihn beginnen. Diese Entscheidung liegt in den Händen anderer. Es ist nicht schwer, sein Militär zurückzurufen. Nur ein paar wenige Berufssoldaten finden Gefallen an einem bewaffneten Konflikt. Sicherlich wird niemand, der einmal ein Schlachtfeld gesehen hat, sich freiwillig auf das nächste stürzen. Aber ich sage Ihnen eins: Wenn die VR China einen Krieg anfängt und wenn durch ihre Schuld das Leben von Amerikanern in Gefahr gerät, dann riskieren diejenigen, die dafür verantwortlich sind, auch ihr eigenes Leben.«
»Ist das die Ryan-Doktrin?«, wollte Holtzman wissen.
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Wenn es zulässig ist, einen Infanteriesoldaten zu töten, weil er das tut, was seine Regierung ihm aufträgt, dann ist es genauso zulässig, die Menschen zu töten, die der Regierung vorschreiben, was sie zu tun hat, und die diesen armen, dummen Soldaten der Gefahr ausgesetzt haben.«
Verdammter Mist , dachte Arnie van Damm, der an der Tür zum Oval Office stand. Musstest du das unbedingt sagen, Jack ?
»Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben, Mr. President«, schloss Holtzman. »Wann werden Sie sich an die Nation wenden?«
»Morgen. So Gott will, um bekannt zu geben, dass China eingelenkt hat. Ich werde in Kürze mit Premierminister Xu telefonieren, um einen persönlichen Appell an ihn zu richten.«
»Viel Glück.«
»Wir sind bereit«, informierte Marschall Luo die Anwesenden. »Die
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