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Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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stattfinden würde. Im Moment konnte man nur eins mit Sicherheit sagen, nämlich, dass beide tot waren. Einzelne Körperteile schienen nicht zu fehlen, und der allgemeine Zustand war nicht dazu angetan, an Ort und Stelle nach Schuss- oder Stichwunden zu suchen. Es gab also zwei noch unidentifizierte Männer, der eine mit blonden oder hellbraunen, der andere mit rötlichen Haaren. Einer ersten Einschätzung nach hatten sie etwa drei bis vier Tage im Wasser gelegen. Dass sie mit Handschellen aneinander gekettet waren, ließ auf ein und denselben Todeszeitpunkt schließen, es sei denn, der eine hätte den anderen umgebracht und sich dann mit ihm ins Wasser gestürzt. In dem Fall, so bemerkte einer der Inspektoren zynisch, wäre mindestens einer der beiden homosexuell gewesen. Der Milizionär wurde aufgefordert, einen förmlichen Bericht zu schreiben, wozu er sich auf seine Wachstation zurückziehen könne, in der es bestimmt schön warm und gemütlich sei. Nichts machte einen kalten Tag noch kälter als der Fund einer oder zweier Wasserleichen.
    Die Techniker packten die Säcke in den Lieferwagen. Wegen der Handschellen hatten sich die Reißverschlüsse nicht über die ganze Länge zuziehen lassen, und so lagen nun die beiden Leichen da und hielten sich wie Liebende noch im Tod an der Hand. Ob sie auch zu Lebzeiten ein so enges Verhältnis gehabt hatten?, fragte einer der Inspektoren, worauf der Partner am Steuer nur mit einem Knarzen antwortete und weiterfuhr.
    Im Leichenschauhaus von St. Petersburg war momentan nicht viel zu tun. Der diensthabende Pathologe Dr. Alexander Koniew hatte in seinem Büro gesessen und gelangweilt in einer medizinischen Zeitschrift geblättert, als der Anruf einging und einen mutmaßlichen Doppelmord meldete. Solche Fälle waren immer interessant, und Koniew hatte ein Faible für mysteriöse Mordgeschichten, die meist aus England oder Amerika importiert waren und neben dem Unterhaltungswert auch sein Englisch aufzupolieren halfen. Er wartete bereits in der Anatomie, als die Leichen auf Rolltischen gebracht wurden. Koniew musste zweimal hinsehen, um sich erklären zu können, warum man die Rolltische Seite an Seite durch den Eingang schob.
    »Aha, sind wohl von der Miliz getötet worden, was?«, sagte er mit breitem Grinsen.
    »Nicht offiziell«, antwortete der ältere der beiden Inspektoren im selben Tonfall. Er kannte Koniew.
    »Na schön.« Koniew schaltete den Kassettenrecorder ein. »Wir haben hier zwei männliche Leichen, vollständig bekleidet. Anscheinend waren beide in Wasser eingetaucht … Wo hat man sie gefunden?«, fragte er mit Blick auf die Polizisten. Sie gaben Auskunft. »Eingetaucht im Wasser der Newa. Auf Anhieb würde ich vermuten, dass sie drei bis vier Tage darin gelegen haben.« Er streifte einen Gummihandschuh über und betastete den Kopf der einen, dann den der anderen Leiche. »Nun«, fuhr er fort, »beide Opfer sind anscheinend erschossen worden. Sie weisen beide Einschüsse im Okzipitalbereich auf. Kleines Kaliber. Genaueres wird noch festzustellen sein. Jewgeni?« Er wandte sich seinem Mitarbeiter zu. »Entfernen Sie bitte den Sack und die Kleidung.«
    »Ja, Genosse Doktor.« Der Assistent drückte seine Zigarette aus und machte sich mit Schneidwerkzeugen an die Arbeit.
    »Erschossen, sagen Sie?«, fragte der jüngere Inspektor nach.
    »Ja, beide, und zwar in den Hinterkopf«, bestätigte Koniew. »Und erst danach hat man sie mit Handschellen aneinander gefesselt. An den Handgelenken sind keine Blutergüsse zu sehen. Seltsam, wieso fesselt man sie nachträglich?«, dachte der Pathologe laut nach.
    »Um zu verhindern, dass die Leichen auseinander treiben«, glaubte der Inspektor und fragte sich im Stillen: Aber warum? Hatten der oder die Mörder einen dermaßen pedantischen Sinn für Ordnung? Er ermittelte lange genug in Mordfällen, um zu wissen, dass sich solche Verbrechen nicht immer vollständig erklären ließen.
    »Es scheint, dass beide gesund waren«, sagte Koniew, als sein Assistent alle Kleider entfernt hatte. »Hmm, was ist denn das?« Er wechselte auf die andere Seite, musterte den linken Bizeps des Blonden und wandte sich dann wieder dem anderen zu. »Sie haben beide dieselbe Tätowierung.«
    Der ältere Inspektor trat näher und dachte, dass der Kollege womöglich Recht hatte mit der Vermutung, dass es sich bei den zweien um ein schwules Pärchen handelte, aber …
    »Spetsnaz. Roter Stern und Blitz. Die beiden waren in Afghanistan. Anatoli,

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