Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
dich trotzdem aufgespürt, Oleg Gregoriewitsch«, sagte Reilly. »Was hast du in Erfahrung bringen können?«
Prowalow fasste Klusows Aussage zusammen.
»Zwei Killer von der Spetsnaz? Klingt plausibel. Was würde das kosten?«
»Nicht gerade wenig. Ich schätze mal ... 5000 Euro vielleicht.«
Die beiden gingen auf die Straße hinaus. »Wer könnte das sein, der mit so viel Geld um sich wirft?«, fragte Reilly.
»Ein krimineller Moskowiter … Aber du weißt, es gibt Hunderte, die sich so was leisten können, und Rasputin war nicht gut gelitten. Übrigens, ich habe einen neuen Namen: Suworow, Klementi Ivanowitsch.«
»Wer ist das?«
»Ich weiß nicht. Der Name ist mir neu, aber Klusow tat so, als ob ich ihn kennen müsste. Merkwürdig, dass dem nicht so ist«, dachte Prowalow laut.
»Das kommt vor. Du wirst ihn doch durchchecken, oder?«
»Klar. Er scheint übrigens auch beim KGB gewesen zu sein.«
»Davon schwirren jede Menge rum«, sagte Reilly und führte den Freund in eine neue Hotelbar.
»Was würdest du machen, wenn es die CIA morgen nicht mehr gäbe?«, fragte Prowalow.
»Lachen«, erwiderte der FBI-Agent.
Wegen seiner Flüsse und Kanäle wurde St. Petersburg als das Venedig des Nordens bezeichnet, obwohl das Klima, vor allem im Winter, kaum weniger venezianisch hätte sein können. Aus einem dieser Flüsse tauchte der nächste Hinweis auf.
Ein Mann entdeckte ihn auf dem Weg zur Arbeit. Er traf an der nächsten Ecke einen Milizangehörigen und machte ihn darauf aufmerksam. Der Polizist beugte sich über das schmiedeeiserne Geländer und schaute in die angegebene Richtung.
Viel war nicht zu sehen, und es dauerte eine Weile, ehe der Polizist erkannte, worum es sich handelte. Was da aus dem Wasser ragte, war weder Müll noch ein totes Tier, sondern die Schädeldecke eines Menschen mit hellbraunen bis blonden Haaren. Ein Selbstmörder oder Opfer eines Verbrechens, jedenfalls etwas, worum sich die hiesige Miliz zu kümmern hatte. Der Milizionär ging zur nächsten Telefonzelle und rief im Revier an. Eine halbe Stunde später kreuzte ein Funkwagen auf, wenige Minuten später ein schwarzer Transporter. Inzwischen hatte der Mann von der Miliz zwei Zigaretten geraucht und immer wieder einen Blick aufs Wasser geworfen, um sich zu vergewissern, dass die Leiche nicht weggetrieben war. Die Männer im Funkwagen waren vom Morddezernat der Stadt. Aus dem Transporter stiegen zwei so genannte Techniker, die eigentlich Kanalarbeiter waren, aber für die Miliz arbeiteten. Die beiden warfen nur einen kurzen Blick über das Geländer, und schon war ihnen klar, dass die Bergung der Leiche unangenehm, aber nicht schwierig sein würde. Es wurde eine Leiter herabgelassen, und der jüngere der beiden, ausgestattet mit einem wasserdichten Overall und dicken Gummihandschuhen, kletterte nach unten und packte die untergetauchte Leiche beim Kragen, während der Kollege von oben zuschaute und mit einer billigen Kamera ein paar Fotos schoss. Die drei Polizisten standen einige Schritte abseits und rauchten. In diesem Moment ereignete sich die erste Überraschung.
Die Leiche sollte an einem Gurt, der ihr unter die Arme zu legen war, mit Hilfe eines Flaschenzugs aus dem Wasser gezogen werden. Als aber der Techniker den Gurt anlegen wollte, schaffte er es nicht, die Arme des Toten anzuheben. Er mühte sich etliche scheußliche Minuten lang ab, bis er endlich feststellte, dass der Tote an Handschellen gefesselt war.
Auf diese Entdeckung hin schnippten die beiden Kriminalen ihre Zigaretten ins Wasser. Von Selbstmord konnte, wie es schien, nicht mehr die Rede sein. Die Kanalratte – als solche bezeichneten die Polizisten ihren Quasi-Kollegen – brauchte weitere zehn Minuten, um den Gurt anzulegen, kam dann die Leiter hoch, und machte sich daran, die Winde zu bedienen.
Die Überraschung war perfekt: Es handelte sich um zwei Männer, jung, durchaus gut gekleidet. Den aufgeschwemmten Gesichtern nach zu urteilen, hatten sie schon mehrere Tage im Wasser gelegen. Allerdings war das Wasser kalt, was die Vermehrung und den Hunger der Bakterien hemmte, die sich über Leichen hermachten. Doch auch das Wasser stellte Dinge mit ihnen an, die einfach eklig waren. Einer der Inspektoren fühlte sich durch die Gesichter an die albernen Fratzen jener Pokémons erinnert, auf die in jüngster Zeit alle Kinder scharf waren. Die beiden Kanalratten steckten die Leichen in Plastiksäcke für den Transport ins Leichenschauhaus, wo die Obduktion
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