Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
Süden hin geneigten Anhöhe, die die Form einer länglichen Rampe von vielleicht drei Kilometern Länge hatte und an die Schießbahn auf dem Truppenübungsplatz eines Regiments erinnerte. Die Sonne begann den östlichen Horizont zu erklimmen und spendete schon ausreichend Licht, was die Soldaten freute. Pascha hatte sich einen überzähligen Mantel organisiert und sein Gewehr darauf gelegt. Er stand in der oberen Luke des BRM und sah durch das Zielfernrohr seines Gewehrs.
»Wie war es denn, als Scharfschütze gegen die Deutschen eingesetzt zu sein?«, fragte Alexandrow, als er seinen Platz eingenommen hatte.
»Wie eine gute Jagd. Ich habe vor allem auf Offiziere angelegt«, erklärte Gogol. »Ein einfacher deutscher Soldat, nun, das war irgendein Mann – ein Feind, natürlich, aber wahrscheinlich wollte er genauso wenig auf dem Schlachtfeld sein wie ich. Aber die Offiziere, das waren diejenigen, die das Töten meiner Kameraden organisiert hatten, und wenn man einen von denen erwischte, reagierte der Feind verwirrt.«
»Wie viele?«
»Achtzehn Leutnants. Zwölf Hauptleute. Nur drei Majore, aber neun Obristen. Ich habe neun Fritz-Regimenter enthauptet. Dann natürlich noch Feldwebel und Maschinengewehrtrupps, aber an die erinnere ich mich nicht so gut wie an die Obristen. Ich habe immer noch jeden einzelnen vor Augen, mein Sohn«, sagte Gogol und tippte an seinen Kopf.
»Haben die jemals versucht, auf Sie zu schießen?«
»Hauptsächlich mit Artillerie«, antwortete Pascha. »Ein Scharfschütze zerstört die Kampfmoral in einer Einheit. Menschen gefällt es nicht, gejagt zu werden. Aber die Deutschen haben ihre Scharfschützen nicht so effektiv eingesetzt wie wir, also haben sie mit Feldgeschützen zurückgeschossen. Das konnte schon ziemlich furchterregend sein«, gab Pawel zu, »aber eigentlich hat es mir deutlich gemacht, dass der Fritz Angst vor mir hatte.«
»Da!« Buikow zeigte nach vorn. Links hinter den Bäumen.
»Ah«, sagte Gogol und sah durch das Zielfernrohr. »Ah, ja.«
Alexandrow richtete sein Fernglas auf eine nur schwach erkennbare Silhouette. Es handelte sich um die stählerne Seite eines chinesischen Schützenpanzers, einer von jenen, die er jetzt schon seit einigen Tagen beobachtete. Er nahm das Funkgerät. »Hier ist GRÜNER WOLF EINS. Feind in Sicht, Kartenreferenz zwei-acht-fünf, neun-null-sechs. Ein Schützenpanzer in Richtung Norden. Weitere Informationen folgen.«
»Verstanden, GRÜNER WOLF«, knisterte es aus dem Funkgerät.
»Jetzt müssen wir Geduld haben«, sagte Feodor Illitsch. Er reckte sich und berührte das Tarnnetz, das auf seinen Befehl sofort nach der Ankunft aufgehängt worden war. Für jeden, der weiter entfernt war als dreihundert Meter, waren er und seine Männer ein Teil dieses Hügels. Neben ihm zündete sich Feldwebel Buikow eine Zigarette an und blies den Rauch in die Luft.
»Das ist nicht gut«, sagte Gogol, »es schreckt die Beute auf.«
»Die haben kleine Nasen«, antwortete Buikow.
»Ja, das stimmt. Außerdem steht der Wind günstig für uns«, bestätigte der alte Jäger.
»Gott o Gott«, bemerkte Major Tucker. »Sie haben ein paar Gruppen gebildet.«
Es war wieder Grace Kelly, die den Blick über das zukünftige Schlachtfeld gleiten ließ wie Pallas Athene über die Ebene von Troja. Und ihr Blick war genauso gnadenlos. Die Landschaft hatte sich ein wenig geöffnet, und der Korridor, in dem sie sich bewegten, war gut drei Kilometer breit. Breit genug, dass die Panzer eines Bataillons nebeneinander herfahren konnten und dabei insgesamt Bataillonen zu je drei Reihen mit jeweils fünfunddreißig Panzern und Lastwagen mit Infanteristen auch noch dazwischen Platz fanden. Oberst Aliew und Oberst Tolkunow standen hinter ihm und sprachen auf Russisch über ihre Telefone mit dem Kommandoposten der 265. Motorisierten Schützendivision. In der Nacht zuvor waren schließlich auch das gesamte 201. und die Führungsgruppen des 80. und 44. angekommen. Jetzt standen drei Divisionen bereit, um die vorstoßenden Chinesen in Empfang zu nehmen, einschließlich drei vollständigen Artilleriedivisionen, und dazu, wie Tucker jetzt zum ersten Mal sah, einer Gruppe Kampfhubschrauber, die in dreißig Kilometern Entfernung vom antizipierten Kontakt mit dem Feind auf dem Boden hockten. Die Schlitzaugen würden in einen verdammt großen Hinterhalt laufen. Plötzlich kreuzte ein Schatten das Blickfeld von Grace Kelly, schemenhaft nur, aber er bewegte sich sehr
Weitere Kostenlose Bücher