Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
war’s, Freunde.«
Die ICBM überquerte den D.C.-Beltway, den Interstate Highway 695, in einer Höhe von weniger als 6 000 Metern. Wie ein Meteor flog sie durch den nächtlichen Himmel, und manche Leute hielten sie auch dafür. Sie deuteten darauf und machten andere, die in der Nähe standen, darauf aufmerksam. Wenn sie bis zum Moment der Detonation nach oben blickten, würden sie geblendet sterben …
»Acht hat verfehlt! Ging um Haaresbreite daneben, verdammt!« , rief eine Stimme ärgerlich. Auf dem Bildschirm war deutlich zu sehen, dass die Explosion unmittelbar hinter dem Zielobjekt erfolgte.
»Noch zwei«, sagte der Weapons Officer.
Hoch oben, an der vorderen Backbordseite, schoss das SPG-62-Radar-X-Band-Strahlung auf das Zielobjekt. Die aufsteigende SM-2 Rakete, mit immer noch brennendem Raketenantrieb, schaltete sich auf das reflektierte Signal auf, registrierte die Energiequelle und wurde von ihr angezogen wie eine Motte vom Licht. Ein Kamikazeroboter in der Größe eines kleines Autos flog mit fast dreifacher Schallgeschwindigkeit und suchte ein Objekt, das sechsmal so schnell flog … drei Kilometer … zwei … 1 000 Meter … fünfhundert …
Wie auf dem Monitor zu sehen, zerbarst der künstliche Meteor zu einer Wolke aus Funken und Feuer.
»Ja !«, brüllten 20 Stimmen im Chor.
Die Fernsehkamera folgte den herabfallenden Funken. Der benachbarte Radarschirm zeigte, wie sie auf die Hauptstadt niedergingen.
»Sie sollten ein paar Leute losschicken, die diese Bruchstücke einsammeln. Einige davon sind aus Plutonium. Nicht besonders gesund«, sagte Gregory und lehnte sich gegen einen Pfosten. »Das war haarscharf. Meine Güte, wieso habe ich meine Programmierung derart versaut?«, fragte er sich laut.
»Ich würde mich damit nicht quälen, Dr. Gregory«, warf Senior Chief Leek ein. »Der letzte Schuss hat immerhin gesessen. Ich würde Ihnen gern ein Bier ausgeben, Kumpel.«
61
REVOLUTION
Wie allgemein üblich, brauchten die Neuigkeiten lange, bis sie an den Ort zurückgelangten, von dem sie ausgegangen waren. Nachdem Verteidigungsminister Luo den Abschussbefehl erteilt hatte, wusste er nicht recht, wie er weiter verfahren sollte. Natürlich konnte er nicht wieder zu Bett gehen. Möglicherweise reagierte Amerika jetzt seinerseits mit einem Atomangriff, und deshalb war sein erster klarer Gedanke, dass er gut daran täte, sich so schnell wie möglich aus Peking abzusetzen. Er stand auf, erleichterte im Bad seine Blase und spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht. Aber dann wusste er nicht weiter. Was sollte er tun? Der Einzige, den er anrufen konnte, war Zhang Han Sen. Als die Verbindung hergestellt war, kam er sehr schnell auf den Punkt.
»Sie haben – was ist passiert, Luo?«, fragte der Minister ohne Geschäftsbereich zutiefst erschreckt.
»Irgendjemand – die Russen oder die Amerikaner, ich weiß es nicht genau – hat unsere Raketenbasis in Xuanhua angegriffen und versucht, unsere Atomwaffen zu zerstören. Ich habe dem Kommandanten natürlich befohlen, sie abzuwehren«, erzählte Luo seinem Ministerkollegen in einer Tonlage, die aggressiv und zugleich nach Verteidigung klang. »Bei unserem letzten Treffen haben wir uns darauf geeinigt, oder etwa nicht?«
»Luo, wir haben über die Möglichkeit gesprochen. Aber Sie haben ohne vorherige Absprache mit uns den Abschussbe fehl erteilt ?«, fragte Zhang. Solche Entscheidungen wurden immer gemeinsam getroffen und niemals von einer Person allein.
»Welche Wahl hatte ich denn, Zhang?«, fragte Marschall Luo zurück. »Hätte ich nur einen Moment lang gezögert, wären keine Raketen mehr da gewesen.«
»Ich verstehe«, sagte die Stimme am Telefon. »Was passiert jetzt?«
»Die Raketen sind unterwegs. Die ersten werden ihre Ziele – Moskau und Leningrad – in ungefähr zehn Minuten erreichen. Ich hatte keine andere Wahl, Zhang, ich konnte nicht zulassen, dass sie uns vollständig entwaffnen.«
Zhang hätte den Mann anschreien und beschimpfen können, aber das wäre sinnlos gewesen. Was geschehen war, war geschehen, und es war zwecklos, intellektuelle oder emotionale Energien auf etwas zu verschwenden, das sich sowieso nicht mehr ändern ließ. »Na gut, aber wir müssen uns unbedingt treffen. Ich werde das Politbüro zusammenrufen. Kommen Sie sofort zum Gebäude des Ministerrats. Werden die Russen oder die Amerikaner zum Gegenschlag ausholen?«
»Sie können nicht auf die gleiche Weise zurückschlagen. Sie besitzen keine
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