Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
normale Telefonverbindung per Datenfernübertragung eine Direktverbindung zu einem anderen Computer aufnehmen. Und selbst wenn die Gegenseite eine solche Verbindung anzapfen würde, müsste sie zur Entschlüsselung dieser Nachricht mathematische Genies und den größten Supercomputer aufbieten, den Sun Microsystems je gebaut hatte.
Auf diesem Wege erfuhr nun Mary Pat, für wen Lian Ming als Sekretärin arbeitete. Sie traute ihren Augen kaum, als sie das las. Wirklich, keine schlechte Quelle. Charmant auch, dass Nomuri auf die erotischen Möglichkeiten dieser Rekrutierung anspielte. Bei der Formulierung dieses Satzes ist er bestimmt rot geworden, dachte Mary Pat, die Leiterin der CIA-Abteilung für verdeckte Ermittlungen. Aber weil er so verdammt ehrlich war, hatte er es anscheinend nicht über sich gebracht, diese Information zurückzuhalten. Es wurde langsam Zeit, Nomuri zu befördern und sein Gehalt aufzubessern. Mrs. Foley tippte eine entsprechende Notiz ein und leitete diese als Anlage an die Datei seines Namens weiter. Kein Zweifel, dass dieser Antrag gebilligt und in Kraft gesetzt würde. Der Vermerk ›unter Vorbehalt‹ erübrigte sich, weil sich Nomuri bislang immer äußerst diszipliniert verhalten hatte. Danach meldete sich Mrs. Foley über die Direktleitung bei ihrem Mann.
»Ja, Liebes?«, sagte der Direktor der CIA.
»Bist du gerade sehr beschäftigt?«
Ed Foley wusste, dass seine Frau eine solche Frage nicht bloß aus Höflichkeit stellte. »Für dich habe ich immer Zeit. Komm runter«, antwortete er und legte auf.
Das Büro des CIA-Direktors war relativ lang und schmal. Die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster wiesen auf die Einstellplätze für besonderen Besuch hinaus. Dahinter erstreckte sich das bewaldete Tal des Potomac. Man sah noch ein Stück des George Washington Parkways, aber das war auch so ziemlich alles. Die Vorstellung, dass irgendein Teil des Gebäudes Blicken von außen ungeschützt ausgesetzt wäre, hätte die Sicherheitsexperten in helle Aufregung versetzt. Ed blickte von seinen Akten auf, als seine Frau zur Tür hereinkam und in dem Ledersessel vor dem Schreibtisch Platz nahm.
»Ist es was Schlimmes?«
»Im Gegenteil. Es ist sogar noch besser als Eddys Zeugnisnoten«, antwortete Mary Pat mit einem Lächeln, das sie nur für ihren Mann aufsetzte. Was sie zu vermelden hatte, musste demnach ziemlich gut sein, denn Edward Foley jr. war ein Musterstudent an der New Yorker Rensselaer Politechnic und außerdem seit neuestem Mitglied in deren Hockey-Mannschaft, die in der College-Liga als unschlagbar galt. Er hatte sogar das Zeug zu einem Olympioniken, verdiente aber als Computer-Fachmann derartig viel Geld, dass er für Leistungssport kaum noch Zeit hatte. »Ich glaube, wir haben da was.«
»Was denn, Liebes?«
»Zum Beispiel Fang Gans Sekretärin«, antwortete sie. »Nomuri versucht, sie anzuwerben, und glaubt, dass die Aussichten sehr gut sind.«
»DSCHINGHIS«, erwiderte Ed. Vielleicht hätte man sich einen anderen Namen ausdenken sollen. Im Unterschied zu den meisten anderen Operationsbezeichnungen war diese ausnahmsweise einmal nicht von einem Computer zufällig ausgewählt worden. Warum? Weil man sich von dieser Operation ohnehin nicht viel versprochen hatte. Einen Agenten in die Regierungsverwaltung der Volksrepublik China einzuschleusen war der CIA noch nie gelungen. Der bislang erfolgreichste Spion hatte es nur bis zum Hauptmann der Volksbefreiungsarmee gebracht. Die Probleme lagen auf der Hand: Wer für einen solchen Einsatz in Frage kam, musste der chinesischen Ethnie angehören, fließend Chinesisch sprechen und sich unauffällig in die Verhältnisse vor Ort einzuordnen verstehen. Eine solche Person war einfach noch nicht gefunden worden. Dann hatte Mary Pat vorgeschlagen, Nomuri eine Chance zu geben. Sein Arbeitgeber war auch in China aktiv, und der junge Mann schien ein echtes Talent zu sein. Ed Foley hatte sich einverstanden erklärt, ohne jedoch an einen Erfolg zu glauben. Aber wie schon so oft während ihrer mittlerweile 20 Dienstjahre erwies sich seine Frau als die instinktsicherere von beiden. Mary Pat Foley wurde nicht von ungefähr als beste Einsatzleiterin der CIA angesehen, und sie schien nun wieder einmal diesem Ruf gerecht zu werden. »Ist Chet sehr exponiert?«
Mary Pat nickte sorgenvoll. »Er ist ganz auf sich allein gestellt, verhält sich aber entsprechend vorsichtig, und er hat unsere besten Kommunikationsmittel zur Hand. Eigentlich dürfte ihm
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