Im Zeichen des Drachen: Thriller (German Edition)
worden: Das 11 th wurde ins National Training Center verlegt, um dort bei Truppenübungen die OpFor, das heißt den bösen Feind, zu spielen. Das 2 nd ›Dragoon‹-Regiment kam nach Fort Polk, Louisiana, wo es gewissermaßen entwaffnet wurde – vielleicht um eine neue Doktrin auszuprobieren: die vom waffenlosen Soldaten. Als einsatzbereite, obgleich reduzierte, aber nach wie vor schlagkräftige Kampftruppe blieben nur die Old Ironsides übrig. Gegen welchen Feind sie im Ernstfall aufmarschieren sollten, wusste Diggs allerdings nicht.
Das herauszufinden war Aufgabe seines G-2-Offiziers Lieutenant Colonel Tom Richmond. Und für die Vorbereitung auf den Ernstfall hatte sein G-3-Offizier Colonel Duke Masterman zu sorgen, dem es ganz und gar nicht recht gewesen war, dass Diggs ihn aus seinem gemütlichen Büro im Pentagon herausgeholt hatte. Es war allerdings durchaus üblich, dass ein hoher Offizier gern jene jüngeren Männer in seinen Stab holte, deren Aufstieg er über die Jahre hatte mit verfolgen können. Sich um deren Karriere zu kümmern war sein Job, so wie es deren Job war, sich um ihren Mentor zu kümmern (der bei der New Yorker Polizei ›Rabbi‹ genannt wurde und bei der Navy ›Sea Daddy‹). Weder Diggs noch Richmond oder Masterman erwarteten etwas anderes, als mit der 1 st Armored Division eine halbwegs interessante Dienstzeit zu erleben. Sie hatten den Elefanten gesehen – eine in der US-Army geläufige Phrase, die die Teilnahme an Kampfeinsätzen bezeichnete –, und das war beileibe kein Spaziergang durchs Disneyland gewesen. Eine ruhige Zeit der Ausbildung und Sandkastenspiele waren ihnen durchaus recht. Und außerdem, in Deutschland gab es gutes Bier.
»Tja, Mary, das ist jetzt alles Ihres«, sagte Sam Goodnight, der scheidende (und aufsteigende) kommandierende General nach seiner formellen Verabschiedung. ›Mary‹ war der Spitzname von Diggs, den man ihm bereits in West Point angehängt hatte und über den er sich schon lange nicht mehr ärgern konnte. Allerdings durften ihn so nur seine Vorgesetzten nennen, und davon gab es inzwischen nicht mehr viele.
»Sam, es scheint, Sie haben die Burschen ganz gut auf Zack gebracht«, schmeichelte Diggs dem, den er jetzt ablöste.
»Besonders zufrieden bin ich mit der Hubschrauberstaffel. Nach der Pleite mit den Apaches im ehemaligen Jugoslawien haben wir den Jungs Feuer unterm Hintern gemacht. Hat drei Monate gedauert, aber jetzt fressen sie rohes Löwenfleisch – und vorher stechen sie Simba mit dem Taschenmesser ab.«
»Wer ist der oberste Drehflügler?«
»Colonel Dick Boyle. Sie werden ihn in wenigen Minuten kennen lernen. Ein erfahrener Mann.«
»Freut mich zu hören«, sagte Diggs. Sie bestiegen den alten, noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden Jeep, um die Parade abzunehmen – eine Fahrt, gedacht als Lebwohl für Sam Goodnight und Willkommen für Mary Diggs, dem sein Ruf als verdammt harter schwarzer Knochen hierher vorausgeeilt war. Sein Doktortitel, den ihm die University of Minnesota verliehen hatte, zählte hier nicht und war allenfalls für Beförderungsausschüsse von Relevanz oder für die Zeit nach seiner Pensionierung, wenn er denn vorhatte, sich von irgendeinem Privatunternehmen anheuern zu lassen. Darüber machte er sich hin und wieder Gedanken, obwohl er mit zwei Sternen erst die Hälfte dessen besaß, was er zu erreichen anstrebte. Diggs hatte in zwei Kriegen gekämpft und sich beide Male ausgezeichnet. Es gab mehrere Möglichkeiten, im Militärdienst Karriere zu machen, aber keine war so effektiv wie die erfolgreiche Führung im Kampfeinsatz, denn genau genommen ging es beim Militär darum, andere zu töten und Widerstände nachhaltig klein zu halten. Das durfte man nicht aus dem Auge verlieren. Man bildete seine Soldaten dazu aus, dass sie, wenn morgen Krieg wäre, genau wüssten, was zu tun ist, auch ohne ausdrücklichen Befehl eines Vorgesetzten.
»Wie steht’s um die Artillerie?«, fragte Diggs, als sie an den versammelten Feldhaubitzen vom Kaliber 155 vorbeifuhren.
»Kein Problem hier, Mary. Es gibt auch sonst keines. Ihre Kommandeure waren 1991 allesamt mit von der Partie, meist als Kompaniechefs oder S-3er, also Einsatz- und Planungsoffiziere. Ihre Bataillonskommandeure waren damals fast ausnahmslos Zugführer oder deren Stellvertreter. Sie sind alle sehr gut ausgebildet. Aber das sehen Sie dann selbst«, versprach Goodnight.
Diggs wusste, dass er ihn beim Wort nehmen konnte. Sam Goodnight war Major
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