Im Zeichen des großen Bären
als ›Bärenhochzeit‹ in die Annalen des Regiments ein.
Es darf nicht verschwiegen werden, daß Kitchener nicht treu war. Ein Jahr Trennung, das ist viel für einen erwachsenen Bären, der auf den Geschmack gekommen ist. Zumal ja nette Bärinnen herumliefen in Schnupper- und Sehweite und es wieder Mai wurde und dann wieder und wieder. Die Jahre gingen ins Land.
Die Zeit verging für alle. Auch für Kitcheners Freunde aus kriegerischen Tagen.
Der alte Oberst Perkins war verwitwet und hatte sich auf Prince Edward Island zurückgezogen, wo sein ältester Sohn auf der Farm der Familie die rotschaligen Kartoffeln zog und das Meer an den silberweißen Sandstrand schwappte, wo man angeln konnte und in die Ferne blicken oder auch einmal in Charlottetown alte Freunde besuchen, manchmal sogar ins Theater gehen.
Auch sein Adjutant Clark hatte den Dienst längst quittiert und war total von der militärischen Bühne abgetreten. Er ließ sich weder sehen noch von sich hören. Auch den Kitchener-Kult machte er nicht mit, aber schließlich hatte er sein Herz nie für den Regimentsbären erwärmen können.
Dick Powell, der tüchtige, schneidige Offizier mit hohen Frontauszeichnungen, war schnell avanciert und stand nun als relativ junger Oberst an der Spitze des Regiments.
William Rockwell hatte seine Pläne wahrgemacht. Ja, alles, wovon er in Frankreich geträumt hatte, was ihm als liebliche Fata Morgana nur vorschweben konnte, als er frierend und naß und vor Angst erstarrt dem Tod so nahe gewesen war, hatte sich für ihn erfüllt. Und er vergaß nie, dafür dankbar zu sein. Jedenfalls fast nie. Wenn er es nämlich doch einmal vergaß, brauchte er nur eine Sekunde innezuhalten, und die Verzweiflung von damals kam in ihm hoch.
Nie würde er den Augenblick vergessen, als der Zug in Sarnia einfuhr. Sein Herz, das so vielen Attacken getrotzt hatte, schien versagen zu wollen. Es tobte in seiner Brust, setzte aus und trommelte wie Artillerie. Auf dem Bahnsteig war die Feuerwehrkapelle angetreten. In ihren Uniformen sahen die alten oder sehr jungen Männer, die nicht im Krieg gewesen waren, hinreichend zackig aus. Kleine Mädchen schwenkten Fähnchen. Einige hatten Blumensträuße. William konnte zuerst gar nicht glauben, daß der ganze Aufwand ihm galt.
Aber ja! Als er aus seinem Abteil kletterte, schrien die Leute auf dem Bahnsteig »Hurra!«. Dann sah er Jenny, und die Welt schwankte einen Augenblick lang.
Jenny stand da und sah so zierlich und entzückend aus wie immer und auch genau wie in Williams Vorstellungen während der furchtbaren Zeit. Neben ihr hatte sich ein großer Bengel aufgebaut, größer als sie, irgendwie männlich. Das konnte doch wohl nicht sein kleiner Junge Jim sein?! Und was da an Jennys Hand trippelte, goldblond und rotbäckig, in einem rosa Kleid, das war natürlich Lucille!
Dies alles erfaßte und registrierte William unbewußt, denn er war schon durch die schmale Gasse, die die Leute ließen, zu seinen Lieben hingestürzt und hatte seine Frau umarmt, ans Herz gedrückt, als wolle er sie zermalmen, und sie piepste mit ganz kleiner, heller Stimme: »William, Liebster«, und dann hatte Lucille ihn schon am Rockschoß und zupfte und krähte: »Daddy!« Er lächelte Jenny unter Tränen an. Ein Schluchzen stieg auf in ihm, so beugte er sich schnell zu seiner kleinen Tochter hinunter, die ihre dicken Arme um seinen Hals schlang und ihm eine feuchtkalte Nase und etwas klebrige Bonbonlippen ins Gesicht drückte.
Als er sich wieder aufrichtete, wandte er sich Jim zu. Der stand steif, als hätte er einen Stock verschluckt. Er verzog keine Miene, sagte nur markig: »Tag, Dad, willkommen zu Hause.« Seine Augen glitzerten.
William umarmte ihn. »Jim, mein Junge!«
Jim seufzte zweimal, wie ein Kind, das sehr geweint hat.
Ein Schulchor sang jetzt »Glory, Glory, Hallelujah!« Der Bürgermeister begrüßte den Sohn der Stadt, der glücklich heimkehren konnte. Zwei Bürger Sarnias waren gefallen.
William preßte mit der Linken die Blumensträuße an sich. Den rechten Arm hatte er um Jennys Taille gelegt, und er fühlte den Ansatz der rundlichen Hüfte. »Du hast deine Haare wieder wachsen lassen. Das ist schön«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Bleibst du jetzt bei uns, Dad?« fragte Jim.
»Ja. Wir werden uns nie wieder trennen. Ich jedenfalls gehe nicht wieder fort«, versprach William seinen Lieben.
Er machte sein Versprechen wahr. Als er seinen Dienst quittierte, zahlte ihm die Militärkasse eine recht
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