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Im Zeichen des großen Bären

Im Zeichen des großen Bären

Titel: Im Zeichen des großen Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Infanterieregiments von Ontario.
    Und wenn er auch nicht leibhaftig bei ihnen sein konnte, so hatte der scheidende Oberst Perkins doch noch etwas durchgesetzt, was ihn schon zu Lebzeiten unsterblich machte: Er war in das Regimentswappen aufgenommen worden! Zu Ahornblatt und Fanfare kam nun noch ein Bärenkopf im Wappen.
    Die feierliche Wappenweihe mit Aufmarsch, Ansprachen und einem ›Football-Turnier um den Kitchener-Pokal‹ war ein großes Ereignis gewesen. Da sich gerade ein britischer Reporter in Ontario umgesehen hatte, waren die Fotos und Berichte auch groß in den englischen Zeitungen erschienen.
    Die Briten schmunzelten. Sie hatten viel Sinn für solche kauzigen Aktionen.
    Die Boulevard-Gazetten versäumten auch nie, die alljährlichen ›Gesundheitsbulletins‹ abzudrucken, die Mr. Bear und Chuck Brady, der Bärenexperte des Londoner Zoos, gemeinsam verfaßten. Da erhielt das 159. Infanterieregiment dann also genaue Kenntnis über den Zustand, kleine Unpäßlichkeiten, Wachstum und Befinden seines Maskottchens. Zur Ehre des Regiments muß gesagt werden, daß es seinen Zahlungsverpflichtungen ebenfalls prompt nachkam.
    Als Kitchener sich in Rose verliebte und sie einundzwanzig wilde Tage und Nächte lang in Atem hielt, da wurde dieses Ereignis selbstverständlich außer der Reihe mitgeteilt.
    Sofort verfügte Oberst Powell, der ›Luckie‹ Perkins abgelöst hatte, Extra-Stadtgang für alle. Außerdem wurde ein Telegramm verfaßt und nach einem kräftigen Griff in die Kasse abgeschickt.
    Die Direktion des Londoner Zoos war nicht besonders erstaunt. Die Verrückten aus Kanada sorgten schließlich mit ihren komischen Einfällen auch für Publicity und damit für steigenden Verkauf von Eintrittskarten. Was hätten die Herren dagegen haben sollen?
    Das Telegramm wurde also an Chuck Brady weitergereicht, der es seinerseits mit steinerner Miene Mr. Bear übergab mit den Worten: »Telegramm für Kitchener. Lesen Sie es ihm bitte laut vor! Ich schlage als feierlichen Termin morgen, zehn Uhr, vor.«
    Mr. Bear atmete scharf ein, sagte aber nichts. Er war eben der einzige weit und breit, der etwas von Bären verstand. Er wußte, daß Kitchener ein Töpfchen Honig auf alle Fälle lieber war als ein dämliches Telegramm. Einen Käse machte der sich aus seinem alten Regiment. Doch wenn die unbedingt wollten und da sie schließlich auch berappten … warum nicht? Ordnung mußte sein.
    So stellte sich am anderen Morgen Mr. Bear feierlich vor dem Bärengehege auf. Er hatte sich extra eine neue Schürze umgebunden, das war eine prima Idee gewesen, denn Chuck Brady hatte pfiffig die Presse verständigt. So warteten schon einige Lokalreporter, vorwiegend Volontäre, die sich hier ihre journalistischen Sporen verdienen konnten.
    Mr. Bear holte Luft, hielt sich den langen Wisch vor die Augen und las mit der Stimme eines kommandierenden Feldwebels: »Glück und Segenswünsche zur Hochzeit stop Hoffen, daß die Wahl glücklich ist stop Feiern in Gedanken mit stop Unser Regimentstambour hat einen Kitchener-Marsch komponiert stop William Rockwell hat einen zweiten Sohn namens Percy stop Guten Rutsch ins Eheleben stop Sei nicht zu wild, aber auch nicht zu schüchtern stop Ein alter Soldat und Frontkämpfer kennt keine Niederlage stop In diesem Sinne gratulieren alle Offiziere und Männer des 159. Infanterieregiments von Ontario, vertreten durch Oberst Powell und deinen alten William Rockwell.«
    Kitchener war herumgetrottet, und niemand glaubte im Ernst, er habe zugehört. Doch dann kletterte er plötzlich auf seinen Felsen und legte sich auf das Plateau. Er bettete die feuchte, spitze Schnauze auf seine Tatzen und gab ein sonderbares, helles Greinen von sich. Die Reporter waren gerührt. Verstand das Tier wirklich etwas? Litt es unter der Trennung von den alten Kameraden? Verschleierten sich jetzt nicht auch Kitcheners Augen? Und klang dieser helle Laut nicht wie ein Wimmern?
    Am Abend stand in einem Boulevardblatt die Überschrift: ›Kitchener weinte, als er das Telegramm erhielt.‹ Und eine Regenbogengazette entwarf gar die Zeile: ›Kitchener schluchzte vor Heimweh!‹
    Die Besucher strömten nur so. Die alte Dame, die ihn ohnehin täglich besuchte, um ihm Leckereien und zweimal wöchentlich einen Pudding zu bringen – sie wurde deshalb die ›Pudding-Lady‹ genannt –, gab Interviews. Sie sagte, Kitchener sei im Grunde sehr gern in London. Aber natürlich reagiere er mit Rührung auf diese Nachricht von seinen alten

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