Im Zeichen des großen Bären
Klotz. Mit ein paar Geldspenden ist es doch eigentlich nicht getan. Du wirst fragen, warum mir das alles nicht früher eingefallen ist? Tscha, Jim, ich hatte so viel mit dem Aufbau der Farm zu tun. Jugend kennt keine Tugend.« Er wurde plötzlich blaß und drückte die Hand auf die Brust, atmete ein paarmal schwer und hastig und schloß kurz die Augen.
»Dad, was ist? Reg dich doch bloß nicht so auf! Dem Kitchener geht es doch prima im Londoner Zoo. Oder?«
Williams Gesicht nahm wieder Farbe an. »Natürlich. Hast ja recht. Es ist so, daß ein neues Bärenhaus fällig wird. Auch auf dem Freigehege ist einiges zu erledigen. Der Oberst hatte da eine Idee. Am 11. November dieses Jahres, an unserem Kitchener-Tag also, ist der Frieden genau zehn Jahre alt. Wir wollen dieses Datum ganz groß und festlich begehen. Da wird auch eine Riesentombola veranstaltet, und wir reichen eine Spendenliste herum. Die Frauen backen Kuchen und machen Kaffeestände auf. Mit einem Wort: Wir wollen tüchtig Geld sammeln, damit die in London nicht knausern müssen beim Bau.«
»Sehr gut. Und was soll ich dabei?«
William druckste ein bißchen. »Nun ja, Junge, wir dachten, du könntest vielleicht – äh – ein, zwei selbstgemalte Bilder zur Tombola beisteuern. Vielleicht sogar mit einem Bären drauf!«
Jim mußte lachen. »Ihr seid ja ganz schön raffiniert.«
»Das ist aber längst nicht alles. Nein, die Londoner brauchen das Geld bald. Außerdem möchte ich gern, daß meine Familie direkten Kontakt mit Kitchener aufnimmt. Ich würde ja reisen, aber in letzter Zeit … Na ja, da ist mir manchmal nicht so ganz gut.«
»Aber Dad, du mußt zum Arzt gehen!«
»Das überlasse gefälligst mir! Ich habe ganz andere Sachen überstanden!«
»Und du meinst, ich soll …«
»Jawohl, du sollst! Der Oberst und ich schießen die Summe vor. Sie wird schon wieder hereinkommen. Du wolltest doch immer unbedingt das gute, alte Europa kennenlernen. Vielleicht sogar noch ein Semester in Paris anhängen. Den Louvre sehen. Da kann ein Abstecher nach London doch auch nicht schaden, oder?«
»Mein Gott, das wäre herrlich.«
»Du überreichst den Scheck, siehst dir Kitchener an und grüßt ihn von mir. Er wird schon auf seine Weise mitkriegen, daß du mein Sohn bist. Es geht nämlich nicht immer alles nach dem kühlen Verstand.« William wandte das Gesicht ab.
Jim war ernstlich beunruhigt. So kannte er seinen tüchtigen, praktischen Vater gar nicht. Er schluckte und sagte mit belegter Stimme: »Keine Sorge, Dad, ich werde ihm das schon richtig beibringen. Vergiß nicht, daß ich als Junge mit Berichten über Kitchener aufgewachsen bin. Den alten Burschen kenne ich schon.«
Nun lächelte William Rockwell. »Oberst Powell arbeitet übrigens an einer Chronik unseres Regiments. Die Station Sarnia gibt es inzwischen gar nicht mehr. Alles wurde auf Toronto konzentriert. Was jetzt nachrückt, ist Friedensgeneration. Die haben ganz andere Vorstellungen vom Soldatsein als wir. Aber der Oberst hält sie ganz schön auf Trab. So klein wie er ist, so energisch ist er auch. Übrigens heiratet seine Tochter demnächst einen jungen Oberleutnant. Sie sind schon ein Jahr lang verlobt.«
Na, viel Spaß, dachte Jim. Hoffentlich hat er eine feste Hand. Vielleicht war das der, der damals den Apfelschimmel gehalten hat. Sie ist sehr nett, nur ein bißchen wild. Wenn ich einmal heirate, muß es wohl doch eher eine Frau wie Mom sein. Zierlich und spitzbübisch und tüchtig und sehr anschmiegsam-weiblich. Ob ich so eine jemals treffe?
In den Kasernen des 159. Infanterieregiments von Ontario war in den Herbsttagen des Jahres 1928 der Teufel los. Es war die planmäßige Unordnung ausgebrochen, der die perfekte Reinlichkeit und Ordnung folgen sollte. Mit einem Wort: Großreinemachen!
Die Gebäude glichen wüsten Rumpelkammern, über Flure und Treppen, in Stuben und auf dem gepflasterten Hof ergossen sich Fluten von Seifenwasser und Sodalauge. Kräftige Männerfäuste regierten Reisigbesen und Schrubber und wrangen Putzlappen aus.
Unteroffiziere brüllten, und Feldwebel donnerten. Offiziere fluchten und flüchteten ins Kasino. Oder sie machten sich nützlich, indem sie das Putzen der Kutschpferde beaufsichtigten.
Der Kantinenwirt hatte lange Besprechungen mit den Dekorationskünstlern der Truppe. In der Turnhalle probte ein Gesangsverein. Das Regimentsorchester marschierte auf der Wiese in schwierigen Formationen und übte einen neuen Marsch ein. Eine Turnstaffel baute noch
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