Im Zeichen des Highlanders
Payton nahm Kirstie bei der Hand und zog sie aus dem Gemach.
Kirstie gestattete ihm, sie zu dem Schreibgemach zu führen, in dem er ihr schon viel zu viele Küsse geraubt hatte, und bemühte sich währenddessen darum, die Wut, die in ihr kochte, unter Kontrolle zu bringen. Payton würde Fragen stellen, und sie brauchte einen klaren Kopf, um sie zu beantworten. Später würde sie darüber nachdenken, was man wegen dieser neuesten Grausamkeit Rodericks unternehmen musste. Sie nahm den Weinkelch, den Payton ihr reichte und trank ihn restlos aus, bevor sie auf seine Fragen einging.
Payton fühlte sich zunehmend unbehaglich, als Kirstie ihm alles erzählte, was sie und Callum in Erfahrung gebracht hatten. Sie sah seltsam aus und hörte sich wie eine zu stark gespannte Lautensaite an. Er sagte sich, dass es nur der Schock sei, wahrscheinlich auch Traurigkeit. Niemand, der ein Herz besaß, konnte Robbie ansehen, ohne beides zu empfinden.
»Ich werde sofort Ian auf den Tod des Webers ansetzen. Er wird die Wahrheit ausspionieren. Es könnte uns eine schwere Keule verschaffen, die wir gegen Roderick schwingen können.«
»Aber es reicht vermutlich nicht aus, um ihn hängen zu lassen, oder?«
»Stimmt. Wenn er das Messer nicht selbst geführt hat und es nach nichts weiter aussieht als einem Streit in einer Schenke, werden diejenigen, die das Verbrechen unmittelbar begangen haben, dafür bezahlen. Sofern sich überhaupt jemand daran erinnert, wer das war. Außerdem können Rodericks Lakaien fluchen und Sir Roderick den ganzen Weg zum Galgen die Schuld geben, man wird nicht auf sie hören. Immerhin fürchtet Sir Roderick vielleicht noch die Wahrheit, fürchtet vielleicht sogar, dass diese Männer ihn verraten.«
»Wenn Roderick das fürchtet, dann sind diese Männer bereits tot und nicht mehr in der Lage, irgendwelche Fragen zu beantworten.«
Sie besprachen, wie sie vielleicht den jungen Simon gebrauchen konnten, doch Kirstie konnte sich bald nicht mehr konzentrieren. Sie wusste, dass sie rasend schnell die Kontrolle über den Aufruhr in ihrem Inneren verlor, und entschuldigte sich. Vor Payton wollte sie sich auf keinen Fall ihrer Hysterie beugen, denn dies würde ihm weitaus mehr verraten, als ihr lieb war.
Sobald sie in ihrem Schlafgemach war, stürzte sie einen weiteren Kelch Wein hinunter. Es half ihr, die Kraft der Gefühle, die sie im Innersten zerrissen, etwas zu schwächen. Während sie an einem weiteren Wein nippte, löste sich ein klarer Gedanke aus all dem Gedankenwirrwarr. Dies alles musste ein Ende haben. Paytons Vorgehen war gut, aber zu langsam. Während sie an der Macht knabberten, die Roderick vor jeder Strafe bewahrte, litten weiterhin Kinder.
Kirstie setzte sich auf ihr Bett und wartete. Bald würde es ruhig im Haus sein, da jeder sein Schlafgemach aufgesucht hätte. Dann würde sie gehen und das tun, was sie schon vor Jahren hätte tun sollen – Roderick töten.
Allein der Gedanke daran schenkte ihr eine befremdliche Gelassenheit. Selbst das Wissen, dass sie unzweifelhaft ihr eigenes Leben dabei lassen würde, beunruhigte sie nicht. Alles, was sie zu tun hatte, war an das Aussehen des armen kleinen Robbie zu denken, dann war sie sich sicher, dass jedes Opfer es wert war, das einem solchen Horror ein Ende bereitete.
»Was hält deine Frau vom Zustand des Jungen?«, fragte Payton Ian, sobald dieser sein Schreibzimmer betrat.
»Dem Jungen müsste es gut gehen, wenn er kein Fieber bekommt«, antwortete Ian mit einem Seufzen. Er setzte sich Payton gegenüber auf einen Stuhl. »Er muss aufgepäppelt werden, ist fast verhungert und entsprechend schwach.« Ian schüttelte den Kopf. » Schwach ist wahrscheinlich nicht ganz das richtige Wort. Ein schwacher Junge hätte das alles vermutlich nicht überlebt, was er überlebt hat.«
»Er hatte das große, große Bedürfnis, seine Schwester zu finden und zu beschützen.«
»Ja. Hat das Mädchen Neuigkeiten?«
»Eine ganze Menge, allerdings nicht genug.« Payton erzählte Ian alles, was Kirstie ihm erzählt hatte.
»Ich werde nach der Wahrheit über den Tod des Webers fahnden. Das stinkt nach Mord. Aber möglicherweise kann man es nicht beweisen, zumindest nicht dem Bastard Roderick.«
»Das dachte ich auch.«
»Das Mädchen hat die Nachrichten wahrscheinlich nicht gut aufgenommen?«
Payton hob die Augenbrauen und spürte sein Unbehagen zurückkehren. »Gut genug. Ich denke, sie war viel zu entsetzt und aufgeregt wegen dem Jungen, um groß über das
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