Im Zeichen des Highlanders
Truhen der Darrochs zu füllen. Außerdem wurden die Kinder verkauft, und wenn man Roderick als Beispiel für die Sorte Menschen nahm, denen die Darrochs gestatteten, ein Kind zu erwerben, dann wagte Kirstie erst gar nicht, an das Schicksal der anderen zu denken. Sie konnte sie aber nicht alle retten, egal, wie sehr sie sich das wünschte.
»Sobald wir die Welt von Roderick befreit haben, werde ich wohl meine Aufmerksamkeit den Darrochs zuwenden«, murmelte sie.
»Ja, sie sind jämmerlicher Abschaum.«
»Aber Roderick ist dort nicht mehr willkommen?«
»Ja und nein. Sie haben Angst, Angst davor, gesehen zu werden, wie sie mit dem Mann handeln, jetzt, wo all die Gerüchte herumschwirren. Jemand könnte dann kommen und ein bisschen zu genau nachschauen, wie sie für die Kinder sorgen.«
»Dann würden sie sich vielleicht den eigenen Hals brechen, obwohl ich nicht möchte, dass ein weiteres Kind leiden muss, damit das geschieht.«
»Die Frau wird diejenige sein, die stolpert. Die ist gierig auf das Geld, das sie für ein Kind bekommt. Simon sagt, Roderick ist wieder da gewesen, aber Master Darroch will, dass er wartet, er hat um Geduld gefleht.«
Kirstie machte sich auf den Rückweg zu Paytons Haus. Sie war so müde, im Herzen so erschöpft angesichts des Leids, das ein komplizierter Teil der Welt zu sein schien. Die Reichen unternahmen kaum etwas, und diejenigen, die wie sie helfen würden, hatten nicht die Macht oder das Geld, um überhaupt viel zu tun. Sie hatte nur zehn Kinder aus dem Sumpf befreit, doch selbst diese wenigen hatten die geringen Mittel, die ihr zur Verfügung standen, überfordert. Kirstie wünschte sich sehnlich, gegenüber der Bedürftigkeit um sie her ihr Herz zu stählen und ihre Augen schließen zu können und mit dem wenigen, was sie tun konnte, zufrieden zu sein. Plötzlich wurde sie von ihren finsteren Gedanken abgezogen. Callum nahm ihre Hand in seine und drückte sie leicht.
»Ihr tut, was Ihr könnt, Mylady. Herrje, Ihr seid bereit, Euer Leben für uns aufs Spiel zu setzen. Es gibt nicht viele, die das tun würden.«
»Genau das hat mich so traurig gemacht. Es gibt so viele bedürftige Kinder, und das darf nicht sein. Ich wurde in dem Glauben erzogen, dass es in der Verantwortung der Erwachsenen liegt, für die Kleinen, für jedes Kind in Not zu sorgen. Die Kinder bedeuten die Zukunft, müssen die Alten und Schwachen ersetzen. Es gibt so viele Gefahren, die einem Kind das Leben verkürzen können, also sollten die, die stark genug sind, zu überleben und groß zu werden, gehegt und gepflegt werden. Ich verstehe einfach nicht, warum das so wenige Leute erkennen.«
»Die Armen haben selbst zu viele, und die Reichen kümmern sich nur um die, die von ihrem eigenen Blut sind.«
»Und manchmal nicht einmal um diese.«
Callum nickte, sein Gesicht wirkte sehr erwachsen, sehr ernst. »Wenn ich ganz erwachsen bin, werde ich mich um so viele kümmern, wie ich nur kann. Vielleicht kann ich mir, wenn ich sehr hart arbeite, ein großes Haus leisten und es mit verwaisten und verlassenen Kindern füllen.«
»Ach, du bist ein guter Mensch, Callum.« Sie verbiss sich ein Lächeln über die Art und Weise, wie er seine dünne Brust aufblähte.
Der Augenblick harmonischer Übereinstimmung wurde abrupt zerstört. Zwei Männer stolperten in die Gasse, durch die Callum und sie gingen. Sie hatten offenbar eben die Bierschenke verlassen, denn sie standen etwas unsicher auf den Beinen. Kirstie und Callum bemühten sich, konnten aber die beiden nicht umgehen. Callum wurde niedergeschlagen, und als Kirstie eben eine Bewegung machte, um ihm zu helfen, torkelte einer der Männer in sie hinein. Sie wurde hart an die Wand der Taverne geschleudert.
Benommen trat Kirstie von der Wand weg und spürte, wie sie an den Haaren gezogen wurde. Entsetzt griff sie nach oben, um ihre Kappe festzuhalten, musste aber feststellen, dass es bereits zu spät war. Schnell schnappte sie die Kappe von dem schartigen Stück Holz, an dem sie hängen geblieben war, und setzte sie sich hastig wieder auf. Zu spät. Ihre Haare fielen ihr schon auf die Schultern und enthüllten ihr Geschlecht. Die beiden Männer starrten sie an, in ihren Augen spiegelte sich Wiederkennen. Rodericks Wachhunde. Sie spürte, wie ihr das Blut gerann.
»Lauf«, befahl sie Callum. Ihr Blick war auf die beiden großen, dunklen Männer gerichtet, die Roderick so hervorragend dienten.
»Schau, schau, wenn das nicht die kleine Braut unserer Lordschaft ist.«
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