Im Zeichen des Highlanders
vor, dass ihr, du und Wattie, das Morden erledigt, damit eure dreckigen Hälse bald vom Strang geküsst werden.«
Gib zuckte mit den Schultern. »Mach mir über das Hängen schon lang keine Sorgen mehr. Es ist nur die Frage, wann und warum. Sie können mich nur einmal hängen, müsst Ihr wissen. Und ich werd’s genießen, den gut aussehenden Mistkerl, mit dem Ihr einen Monat lang geschlafen habt, umzubringen. Sir Payton war fast mit der Hälfte der schottischen Frauen im Bett, und die andere Hälfte wünscht sich, dass er mit ihnen ins Bett geht. Der Mann hat den Tod verdient.«
»Und natürlich werden seine drei Wachen und zwei Bediensteten im Hintergrund stehen und euch seelenruhig dabei zuschauen?«
»Ich denk, der alte Roderick hat auch für die einen kleinen Plan. Oder sie fallen einfach beim Kampf. Interessiert mich nicht. Der alte Roderick hat uns bisher vorm Strang bewahrt. Nehm an, dass er das auch weiter tut. Der alte Roderick ist schlau.«
»Der alte Roderick ist verrückt«, fuhr sie ihn an, »und ich glaube allmählich, dass das ansteckend ist.«
Gib runzelte kurz die Stirn, dann nickte er. »Ja, der Mann ist wahrscheinlich total verrückt. Immerhin hat er lieber kleine Jungen anstatt einer Frau.« Er legte seinen Arm um Daisys dicke Taille, zog sie an sich und wühlte mit der Nase an ihrem schmutzigen Hals.
Daisy wurde ein bisschen blass, und angesichts des angsterfüllten Widerwillens, der sich im Gesicht der Frau spiegelte, musste sich Kirstie beherrschen, um nicht Gib anzugreifen und zu versuchen, die Magd zu befreien. Der gesunde Menschenverstand befahl ihr, sitzen zu bleiben. Alles, was sie erreichen würde, waren ein paar neue Blutergüsse und mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein heftiger Racheakt gegenüber Daisy. Dann fiel ihr auf, dass Daisy sie anstarrte und ihr Gezappel sowie die Laute ihrer Abscheu in erster Linie darauf zurückzuführen waren, dass sie Gib ablenken wollte. Sobald Kirstie sie ansah, warf Daisy einen vielsagenden Blick auf das Tablett und zwinkerte. Kirstie musste jedes Gramm Willensstärke aufbieten, um nicht nachzusehen, was Daisy dort vielleicht versteckt hatte.
»Lass mich los, du Idiot«, raunzte Daisy Gib an, als sie sich seinem Griff entzog. »Der Herr hat Essen und Trinken für seine Gäste angeordnet, und ich muss wieder in die Küche.«
»Dann hau ab.« Gib schob die Magd grob aus der Tür. Sobald er selbst in der Halle stand und die Tür schloss, hielt er kurz inne und warf Kirstie erneut einen anzüglichen Blick zu. »Ich komm später zu Euch. Mit Wattie. Ruht Euch besser ein bisschen aus. Ihr braucht Eure Kraft, wenn ihr es mit großen Männern wie mich und Wattie zu tun habt.«
Nachdem er sie geschlossen und verriegelt hatte, starrte Kirstie auf die Tür. Sie fragte sich müßig, ob Rodericks Geisteskrankheit während der zehn Jahre, die er hier lebte, überall in die Wände von Thanescarr eingedrungen war, um jetzt herauszuquellen und andere anzustecken. Gib mochte vielleicht nicht geisteskrank sein, aber ganz gewiss war er im Kopf nicht ganz richtig. Irgendwie waren er und zweifelsohne auch Wattie zu erwachsenen Männern herangewachsen, ohne auch nur eine Spur von Gewissen zu besitzen. Es sollte sie nicht überraschen, denn nur solche Menschen konnten Roderick ergeben dienen.
Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Tablett zu, das Daisy auf dem Tisch neben ihrem Stuhl abgestellt hatte. Als sie das Vierreck aus Leinen, das auf dem Tablett lag, berührte, wusste sie, dass das, was Daisy ihr geben wollte, darin verborgen war. In den Stofffalten lag ein einfacher, aber sehr scharfer Dolch. Als sie ihn in der Hand wog, fragte sie sich, was sie Daisys Meinung nach wohl damit machen sollte. Die Leute, die in der Küche arbeiteten, hatten immer Mitleid mit ihr gehabt, obwohl ihre Unterstützung aus Angst vor Roderick sehr zurückhaltend war. Kirstie hätte Hilfe bei der Flucht aus Thanescarr bevorzugt, wusste aber, dass sie ein großes Risiko eingegangen waren, um ihr eine Waffe zukommen zu lassen, und war dankbar dafür. Immerhin fühlte sie sich jetzt ein bisschen weniger hilflos.
Kirstie zwang sich, etwas zu essen, und kaute an einem Stück Brot, während sie den Dolch näher betrachtete. Wenn sie viel Glück hatte, konnte sie vielleicht Roderick damit töten, falls er sie wieder alleine besuchen sollte. Vielleicht würde sie sogar in der Lage sein, einen der Männer zu töten, die später versuchen wollten, sie zu vergewaltigen, aber auf keinen Fall konnte
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